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„Gefährliche Vorschläge“

Beim jährlichen Treffen der Bauernbundverbände von Südtirol, Tirol und Bayern gab es heftige Kritik an diversen EU-Vorhaben.

Gleich mehrere heiße Eisen, die derzeit auf EU-Ebene diskutiert werden, haben die Bauernbünde auf dem Drei-Länder-Treffen in Vahrn beschäftigt. „Einige Vorschläge aus Brüssel sind sehr gefährlich. Hier müssen wir gemeinsam dagegenhalten, sonst ist die kleinbäuerliche Landwirtschaft in Gefahr“, warnte Bauernbund-Landesobmann Leo Tiefenthaler. Ein klares Nein gab es deshalb für die geplante Reduzierung beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Aufgrund immer neuer Schädlinge und Krankheiten seien die Bäuerinnen und Bauern, die Intensivkulturen bewirtschaften, bereits jetzt am Limit. „Eine Reduzierung des Pflanzenschutzes um bis zu zwei Drittel, wie derzeit von einigen gefordert, gefährdet die Produktion und damit die Ernährungssicherheit“, warnte Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler. „Es geht hier nicht mehr nur um geringere Ernten, sondern um überhaupt keine Ernten mehr“, ergänzte Günther Felßner, der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes. In Tirol zeigten sich bereits die ersten Folgen: „Bei einigen Gemüsesorten gab es heuer Ausfälle von 40 Prozent und mehr“, berichtete Elmar Monz, der Obmann-Stellvertreter des Tiroler Bauernbundes.

Eine Möglichkeit, die Pflanzenschutzmittel zu reduzieren und gleichzeitig die Ernte zu schützen, könnten neue Pflanzenzuchtmethoden bieten. Allerdings seien die Akteure, die gegen den Pflanzenschutz sind, auch gegen diese Neuerungen, sagte Landesrat Arnold Schuler. Das Versuchszentrum Laimburg werde trotzdem die Forschung intensivieren.

Ähnlich kritisch wie die Pflanzenschutzmittel-Reduzierungspläne sehen die Vertreter der drei Bauernverbände das Naturwiederherstellungsgesetz, das die Stilllegung von Wiesen, Weiden und sogar Wäldern im Umfang von bis zu zehn Prozent vorsieht. Zudem kursieren in Brüssel Ideen, die eine Intensivierung der Produktion in Gunstlagen und gleichzeitig eine Extensivierung auf den übrigen Flächen zum Ziel haben. „Eine radikale Kurskorrektur ist dringend nötig. Wir brauchen auch in Zukunft eine flächendeckende Landwirtschaft und keine Experimente“, ärgerte sich Günther Felßner.

Eines hätten alle diese Vorschläge gemeinsam: „Für die Landwirtschaft sind es Bürokratiemonster, für die Umwelt-NGOs Beschäftigungsprogramme“, warnte Bauernbund-Direktor Siegfried Rinner. Die Landwirtschaft müsse sich daher noch besser vernetzen und ihre Argumente klarer kommunizieren. „Wir sollten an ein Studienzentrum im Alpenraum und an europaweite Kampagnen denken, die die Bedeutung und die Notwendigkeiten der Landwirtschaft unterstreichen. Zudem müssen wir wieder klarmachen, dass die Versorgungssicherheit nicht selbstverständlich ist.“

Große Sorgen bereitet den Bauernverbänden ein möglicher EU-Beitritt der Ukraine. „Vier Millionen neue Betriebe in der EU würden das landwirtschaftliche Gefüge und die Agrarförderung komplett verändern und das Ende der kleinstrukturierten bäuerlichen Landwirtschaft bedeuten“, so Felßner.

Nicht fehlen durfte auf dem Drei-Länder-Treffen eine Diskussion über den Wolf, der in allen drei Ländern ein Riesenproblem darstellt. SBB-Direktor Siegfried Rinner stellte das Südtiroler Wolfsgesetz vor. Über die Tiroler Erfahrungen mit dem Herdenschutz berichtete Elmar Monz: „Ein Einzäunen ganzer Almen kann man vergessen. Der Aufwand ist riesig, die Kosten mit 350 Euro für jedes Schaf ebenso. Zudem ist diese Form des Herdenschutzes ein Problem für das Tierwohl und die Tiergesundheit und daher nicht vertretbar.“ Erfolgversprechend sei die gelenkte Weideführung mit Behirtung. Allerdings brauche es dafür ausreichend Hirten und eine Förderung durch die öffentliche Hand. Bewährt habe sich die Entnahme von Wölfen. „Die Zahl der Risse ist aufgrund des Jagddrucks zurückgegangen.“ fasste der Tiroler Bauernbund-Direktor Peter Raggl zusammen. Er hoffe, dass auf EU-Ebene der Schutzstatus des Großraubwilds schon bald gesenkt wird. Leo Tiefenthaler sprach sich für eine dauerhafte Bejagung aus. Die Bauernverbände würden sich weiter dafür einsetzen. Für Josef Hechenberger, dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Tirol, wirke sich die Präsenz des Wolfes nicht nur auf die Landwirtschaft aus, sondern auch auf das Freizeitverhalte der Bevölkerung.

Sehr genau beobachten die Bauernverbände die Diskussion über die Haltungsformen in der Viehwirtschaft. Einig war man sich, dass das Tierwohl an Bedeutung gewinnen wird, und daher ein noch stärkerer Fokus auf die Tierhaltung gelegt werden muss. „Eine Kombination von Anbindehaltung und Laufstall muss weiterhin möglich sein, damit auch die kleinen Betriebe eine Zukunft haben“, so Günther Felßner. Die kritische Haltung von Politik und Handel gegenüber der Kombihaltung gehe an der Realität vorbei. Kritisch wird auch die differenzierte Milchauszahlung aufgrund der Haltungsform gesehen, da es nicht um eine zusätzliche Wertschöpfung, sondern um eine Umverteilung geht – häufig von kleinen zu großen Betrieben. In der immer stärkeren Konzentration des Handels sehen ohnehin viele ein Problem.

Eine interessante Initiative hat zum Abschluss des Treffens Matthias Brost vom Bayerischen Bauernverband vorgestellt: den Zukunftsvertrag zur Landwirtschaft in Bayern. „Mit 60 Maßnahmen und einem Budget von 120 Millionen Euro sollen Rahmenbedingungen für die bäuerlichen Betriebe in Bayern verbessert werden. Ziel ist eine produktive, ökonomisch erfolgreiche und umfassend nachhaltige, bäuerliche Landwirtschaft.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (5)

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  • andreas1234567

    Hallo zum Sonntag,

    in den Niederlanden wollte/will man einen Gutteil der Bauern von ihrem Hof verjagen mittels komplett überzogener Grenzwerte in Bezug auf den Stickstoffaustrag. Das Hintertriebene an dieser Sache, wenn die Bauern aufgeben darf der Staat ihr Land aufkaufen, hat ein Vorkaufsrecht.

    Dagegen haben sie sich mit der einfachen Parole „keine Bauern, kein Essen“ gewehrt. Und hier sollten die Edelweissbauernvertreter aufmerken, einen eigenen politischen Arm gegründet, die Bauern-Bürger-Partei.
    Und die sind doch tatsächlich im Frühjahr bei den 12 Regionalwahlen in den Niederlanden ausnahmslos aus dem Stand stärkste Partei geworden.Ein Umstand der übrigens in der deutschsprachigen Presse bemüht verschwiegen wird und auch in Südtirol wird offensichtlich nicht gern dorthin geschaut.

    Man sollte die Verärgerung von Normaldenkenden gegenüber grenzdebiler Bürokratiewut, Dilettantismus und hirnloser Vernichtung von Lebensgrundlagen aufgrund irgendwelcher ideologischen Planetenrettungsgelüste nicht unterschätzen.Hier wütete ein deutscher Spendensammelverein namens „Münchener Institut e.V“ monatelang in der Öffentlichkeit, wurde pflichtschuldigst immer als „Institut“ bezeichnet.

    „Steun de Buren“ (Unterstützt die Bauern) war/ist der Schlachtruf welcher in den NL zu 20-30% bei den letzten Wahlen verfangen hat, kann sich jeder ausrechnen welche Macht eine solche Partei in Südtirol mit einem solchen Stimmenanteil hätte

    Auf Wiedersehen in Südtirol

    • leser

      Hallo Florian
      Ja es ist dich gut oder
      Man kommt doch gut voran mit der kompletten Entmündigung des Bürgers
      Man nimmt ihm zuerst das Einkommen über Steuern
      Dafür schafft man durch windige Förderung für wenige systemschafe

      Und zum Schluss übernimmt man das Land
      Ist dich angenehm
      Der Staat übernimmt alle Sorgen und Probleme und gibt dem Schaf die 32 stundenwoche
      Damit der Frust nicht zu gross wird gibts statt Ackerland Spielplätze in Firmen von Freizeitparks

      Ist doch oder?
      Alle werden glpcklich

  • dn

    Interessant. Und wird auch bei uns verschwiegen. Die EU will wohl lieber Lebensmittel aus dem Ausland kaufen. Blöd, wenns dann geht wie mit den Arzneimitteln.

  • waldemar

    Was für eine düstere Location, sieht fast nach Ku-Klux-Klan aus

  • leser

    Waldemar
    Die Bauern sind sparsam
    Vielleicht gabst keine Förderung fürs Licht

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