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Der Frust der Tätowierer

Die Corona-Pandemie hat die Tattoo-Studios im Land hart getroffen – und auch jetzt befindet man sich erneut im Lockdown. Viele Tätowierer fühlen sich im Stich gelassen.

von Lisi Lang

Die Tattoo-Branche boomt seit Jahren: Wenn man sich im Schwimmbad oder am Strand umsieht, ziert mittlerweile immer mehr Körper ein kleines oder größeres Motiv oder ein kunstvoller Schriftzug.

Aktuell sind die Tattoo-Studios im Land aber wieder geschlossen, ausgebremst vom Coronavirus und dem damit verbundenen Lockdown. Und das nicht zum ersten Mal: „Wir waren auch bereits im letzten Frühjahr, im November und dann auch zwei Wochen im Dezember geschlossen“, sagt Heidi Tutzer vom Fatline Tattoo-Studio in Bozen.

Für Unverständnis und auch Verärgerung sorgt bei vielen Tätowierern aber, dass sie ihre Studios derzeit geschlossen lassen müssen, während Herren- und Damenfriseure sowie Schönheitspflegesalons– mit Ausnahme der Sperrgebiete – arbeiten dürfen. „Wir sind wirklich enttäuscht, dass Kosmetikerinnen und Friseurinnen derzeit arbeiten dürfen, nur wir nicht“, schütteltHeidi Tutzer den Kopf. Und das obwohl die Hygiene-Auflagen in den Tattoo-Studios bereits vor Corona hoch waren und jetzt noch einmal entsprechend angepasst wurden. „Wir arbeiten mit Mundschutz und Handschuhen, desinfizieren und reinigen alle Flächen, haben nicht viel Kundenkontakt, arbeiten nur auf Vormerkung, verwenden Einwegprodukte usw.“, zählt Heidi Tutzer auf.

Den Tätowierern in Südtirol macht aber auch die Unsicherheit zu schaffen. „Friseure und Kosmetiker werden immer expliziert erwähnt, aber wir wissen einfach nie, ob es auch uns betrifft“, sagt Melanie Ezechiele vom Tattoo-Studio Holy Body Arts in Meran. Denn auch wenn die Branche seit einigen Jahren boomt, so sind Tattoo-Studios nach wie vor eine Randgruppe in Südtirol. „Wir können einfach nicht planen“, kritisiert auch Andi Ladurner vom Tattoo-Studio Paradise in Meran, „wir wissen oft nicht, wie wir eingestuft werden und erfahren dann erst im letzten Moment, welche Regeln für uns gelten.“

Termine verschieben gehört für viele Tattoo-Studios deswegen mittlerweile zum Alltagsgeschäft. „Wegen des Lockdowns haben wir die Termine verschoben, dann wurde der Lockdown verlängert und wir mussten die Termine erneut verschieben“, ärgert sich Andi Ladurner.

Der Inhaberin des Tattoo-Studios Holy Body Arts in Meran geht es ähnlich, auch Melanie Ezechiele musste wegen des Lockdowns bereits mehrfach Termine verschieben. „Es ist einfach frustrierend“, sagt die Tätowiererin. „Ich weiß einfach nicht, wann wir wieder aufsperren dürfen und deswegen ist es wahnsinnig schwierig, Termine zu verschieben“, erklärt Melanie Ezechiele. Andererseits müsse man als Studio Termine für die Zeit nach dem Lockdown einplanen, um dann nicht plötzlich ohne Arbeit dazustehen. „Wir riskieren es lieber, unsere Kunden noch ein weiteres Mal anzurufen und den Termin zu verschieben, haben nach diesem langen Lockdown aber sicher Arbeit, wenn wir wieder aufsperren dürfen“, sagt die Tätowiererin, die weiß, dass der Unmut bei den Tattoo-Studios deswegen groß ist.

Ein weiteres großes Problem: Die aktuelle Zeit ist für die Tattoo-Studios eigentlich die „Hauptsaison“. „Im Sommer kommen viele Leute nicht gerne ins Studio, weil man mit einem frischen Tattoo nicht in die Sonne, ins Schwimmbad, oder Meer gehen sollte, bis es verheilt ist“, erklärt Heidi Tutzer. Deswegen hoffen die Studios umso mehr, schnellstmöglich wieder aufsperren zu dürfen. „Die Sommermonate sind meist recht schwach und deswegen sind auch viele Studios besorgt“, ergänzt Melanie Ezechiele.

Dass die Tattoo-Studios erneut genau in dieser Hochsaison schließen mussten, hat auch finanzielle Auswirkungen auf die Betriebe – denn bereits im letzten Jahr sind im Frühjahr und im Herbst bzw. Winter wichtige Monate weggefallen. „Wir haben in diesen Monaten am meisten zu tun und organisieren normalerweise auch mehrere Conventionsin dieser Zeit, die alle ausgefallen sind“, erklärt Andi Ladurner. „Wir haben zwar kleine Unterstützungen bekommen, aber damit zahlt man nicht einmal die Miete“, so Ladurner, der mit Umsatzeinbußen von mindestens 50 Prozent im Vorjahr rechnet.

Eines steht aber fest: Wegen Corona hat die Nachfrage nach Tattoos nicht abgenommen. Nur einzelne Kunden haben einen Termin aus finanziellen Gründen bisher abgesagt, sagt Heidi Tutzer, viele andere warten aber nach wie vor auf ihren Termin.

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