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„Das ist Rassismus“

Das Nein des Pfarrgemeinderates von Stern zur Unterbringung von Flüchtlingen im Widum schlägt hohe Wellen: empörte Priester, ein um Ruhe bemühter Dekan und viel Diskussionsbedarf.

von Silke Hinterwaldner

Paolo Zambaldi ist ein noch recht junger Priester, der in Bozen als Kooperator arbeitet. Er schreibt regelmäßig in einem Blog darüber, was ihn bewegt und darüber, was Religion und Glaube bedeuten.

Als er am Freitag davon erfuhr, dass der Pfarrgemeinderat von Stern im Gadertal gegen die Aufnahme von einigen Flüchtlingen im Widum gestimmt hatte, musste er das Wort ergreifen. In seinem Blog schreibt Don Paolo Zambaldi:

„Wo das Evangelium nicht gelebt wird und man nur noch in der Kirche singt, kann nichts mehr wachsen. Wie ich denken viele Pfarrer, Gläubige und Bürger: Hier handelt es sich nicht um Ängste, sondern um Rassismus, Hass und Unfähigkeit das Evangelium zu leben.“

Er regt denn auch dazu an, in Fällen wie diesem hart durchzugreifen und unter Umständen sogar den Pfarrgemeinderat in Stern aufzulösen. Aber so weit würden andere Vertreter der Kirche noch lange nicht gehen.

Etwa Jakob Wendelin Willeit. Er ist als Dekan von Abtei auch für die Pfarre Stern zuständig, die seit einigen Jahren keinen eigenen Priester mehr hat. Deshalb ist Willeit auch von Anbeginn an  involviert in die Diskussion um die Unterbringung von Flüchtlingen im Widum von Abtei. Er versucht jetzt vor allem eines: einen Ausweg finden aus dieser verfahrenen Situation.

Und er sagt auch: „In dieser Frage ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Zuerst wird Nein gesagt, aber dabei muss es nicht unbedingt bleiben. Mit einigen Gesprächen und Verhandlungen hätten wir vielleicht ein Jein erwirkt oder eine andere Lösung gefunden.“ Ob dies nach dem öffentlichen Aufschrei noch möglich sein wird, will und kann er aber nicht sagen. In seinen Augen schadet die in diesen Tagen medial und öffentlich sehr kontrovers geführte Debatte der Sache. Im Pfarrgemeinderat von Stern sei man jetzt sehr konsterniert, man habe die Tragweite einer solchen Entscheidung wohl nicht erahnt.

Dabei hatte der Bischof ihn vorgewarnt.

Bei einem Gespräch nach dem Entschluss im Pfarrgemeinderat hatte Bischof Ivo Muser den Dekan darauf hingewiesen, dass dieses Thema hohe Wellen schlagen könnte.

Aber Dekan Willeit hatte noch immer die Hoffnung, dass man unaufgeregt nach einem Ausweg suchen könnte. „Jetzt sind wir mitten in der Arbeit aufgehalten worden“, sagt er, „das ist schade. Wenn man uns in Ruhe gelassen hätte, wären eine produktive Arbeit und Gespräche möglich gewesen.“

Jetzt weiß er nicht wie es weitergehen soll.

Eines stört Jakob Wendelin Willeit ganz besonders: Im ganzen Land scheint man zu glauben, in Stern gebe es nur sture, böse, herzlose  Leute. Aber das sei freilich nicht richtig. Man könne nicht den Menschen in Stern die Schuld für diese Diskussion in die Schuhe schieben. „Vielleicht hätte man ein Referendum zum Thema durchführen sollen“, schlägt er vor. Aber der Dekan rudert sofort wieder zurück: Das sei vielleicht doch keine besonders gute Idee.

Eine öffentliche Botschaft des Bischofs zur Diskussion in Stern steht noch aus. Ivo Muser wird am Freitag bei der  Seelsorgetagung in Brixen gewissermaßen das kirchliche Arbeitsjahr eröffnen. Man darf davon ausgehen, dass er es sich spätestens zu diesem Anlass nicht nehmen lassen wird, über die Vorkommnisse in Stern zu sprechen.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (48)

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  • criticus

    Liebe Gadertaler, ihr hättets machen sollen wie einige Burggräfler Tourismushochburgen, der Stocker zusagen und dann leider keine Unterkunft finden.

  • leser

    Ich würde es machen wie die bauern
    Da es das widum nicht mehr braucht kann man es umbauen in wohnungen umd da man keine bindumg drauf hat hat man alle freie wohnumgen die man an die wallschen verkaufen kann bei 7000 bis 10.000 euro pro quadratmetern ein super geschäft für die pfaffen und was man nicht mehr hat braucht man nicht mehr zur verfügung stellen

  • guyfawkes

    Erschreckend ist, dass für Herrn Zambaldi anscheinend jeder der sein Haus nicht für Flüchtlinge öffnet ein Rassist ist und niemand widerspricht.

    Wenn ganze Gemeinden aus fadenscheinigen Gründen die Aufnahme von Flüchtlingen kategorisch ablehnen, dann mag vielleicht auch Rassismus im Spiel sein – vor allem handelt es sich aber um Ängste (begründet oder unbegründet sei mal dahingestellt). Aber nur weil ein Hauseigentümer sein Haus nicht zur Verfügung stellen will ist er noch lange kein Rassist.

  • robby

    Paolo Zambaldi ist ein noch recht junger Priester. Gut dass er sich um seinen Blog kümmert und alle realistisch handendeln Menschen als Rassisten beschimpft. Stellt euch vor er würde seine Aufmerksamkeit so wie viele andere kirchliche Würdenträger auf Kinder richten.

  • george

    Scheinheilige Leute. Wenn es um ihr ego und ihren Geldbeutel geht, dann zählen nur noch sie selber. Das kann aber irgendwann einmal hart zurückschlagen so wie die Geschichte zeigt.

  • perikles

    @goggile stell doch mal deine steuererklärung online damit ich sehen kann wieviel steuern bezahlst.

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