Milch im Abfluss
Weil er keinen Stall hat, darf Christian Baumgartner aus Natz-Schabs seine 32 Milchkühe nicht halten. Rund 1.000 Liter Milch landen zurzeit täglich in der Kanalisierung. Die Hintergründe.
von Erna Egger
Das ist eine ungute Situation“, bedauert Helmut Plaickner, Vizebürgermeister in der Gemeinde Natz-Schabs, „aber wir sind verpflichtet, die gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden.“
Worum geht es?
Christian Baumgartner, Bauer auf dem Raspehof, verdiente bislang mit dem Anbau von Äpfeln seinen Lebensunterhalt. Jetzt will er auf Milchwirtschaft umstellen.
Ohne einen Stall zu besitzen, hat er vor rund einem Monat über 32 Milchkühe der Rasse Holsteinfriesen angekauft und diese auf seiner Wiese in der Bannzone nahe dem Nato-Areal in Natz eingezäunt.
Kein Unterstand: Das war der Grund, warum der tierärztliche Dienst feststellte, dass die Holsteinfriesen nicht artgerecht gehalten werden. „Es gibt einen Streit zwischen der Gemeinde und dem Landwirt – und der tierärztliche Dienst ist mittendrein“, sagt Amtstierarzt Alberto Covi. „Die Tiere brauchen einen ordentlichen Unterstand bzw. einen Stall, die Gemeinde genehmigt aber in der Bannzone keinen Bau. Daher kann der Bauer die Tiere dort nicht halten.“
Covi will keine Fehlschlüsse aufkommen lassen, deswegen betont er: „In diesem Fall gibt es keine Tierquälerei, die Kühe werden ordentlich versorgt, ihnen geht es gut. Im Sommer können die Tiere auch auf der freien Wiese gehalten werden, im Herbst und im Winter brauchen sie aber einen Stall.“
Baumgartner hat vor ein paar Wochen ein Projekt für einen Stallbau in der Gemeinde hinterlegt, „dieses wurde aber abgelehnt, weil es die Voraussetzungen nicht erfüllt. Es werden die Abstände zur Straße und zum Wald nicht eingehalten“, schildert Plaickner.
Der Landwirt hätte zwar eine andere Wiese, auf der er bauen könnte, „aber die nächste Baukommissionssitzung findet Ende Juli statt. Bis der Stall gebaut wäre, ist es Frühjahr 2019.“
Übergangsmäßig hat Baumgartner daher einen provisorischen Unterstand mit einer Zeltplane auf Holzpfeilern errichtet, damit die Tiere nicht der direkten Sonneneinstrahlung oder der Witterung ausgesetzt sind. Den Boden hat er mit Sägemehl versehen. Die Kühe werden zweimal täglich mit einer mobilen Melkmaschine gemolken.
In der Bannzone ist aber jegliche Bautätigkeit untersagt. „Es lässt sich darüber streiten, ob diese Konstruktion mit der Zeltplane ein Bauwerk ist, oder nicht. Jedenfalls entsprechen diese Vorkehrungen nicht dem angeordneten Unterstand des Amtstierarztes“, so der Vizebürgermeister.
Bürgermeister Alexander Überbacher verordnete deswegen einen Baustopp und ordnete aufgrund des Gutachtens des tierärztlichen Dienstes die Entfernung der Milchkühe an.
Wegen besagten Gutachtens darf Baumgartner auch nicht beim Milchhof Brimi anliefern, obwohl er Mitglied ist und der Sennereiverband ihm eine hygienisch einwandfreie Milch bescheinigt hat.
An die 1.000 Liter Milch landen seitdem täglich im Schmutzwasser bzw. in der Kanalisierung.
Bei 60 Cent pro Liter, die der Milchhof seinen Bauern zahlt, ein großer finanzieller Verlust für den Landwirt.
Baumgartner hat deswegen beim Verwaltungsgericht Rekurs eingereicht und die Aussetzung der Verordnungen des Bürgermeisters beantragt. Die Präsidentin des Verwaltungsgerichtes, Edith Engl, wies den Antrag jedoch ab und setzte den nächsten Verhandlungstermin auf 24. Juli fest.
Wie geht es nun weiter.
Die Gemeindeverwaltung will sich nun mit dem Anwalt beraten. „Mit ihm werden wir die nächsten Schritte festlegen. Wir wollen mit dem Bauer nicht streiten. Aber wir behandeln alle gleich und müssen uns an die Gesetze halten“, so Plaickner.
LESEN SIE AM MONTAG AUF TAGESZEITUNG-ONLINE:
*Was der betroffene Landwirt zu diesem Streit sagt.
Kommentare (27)
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