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Auf Nadeln

Die Opposition hat mit der Erhöhung der Politiker-Gehälter und der Einführung einer Leibrente große Schwierigkeiten. Wird die Noggler-Reform auf die nächste Legislatur verschoben?

von Matthias Kofler

Die Arbeiten an der von Regionalratspräsident Sepp Noggler (SVP) vorgelegten Reform der Politiker-Gehälter gehen weiter. Die 1. Gesetzgebungskommission hat kürzlich eine Reihe von Fachleuten angehört, die ihre Einschätzung zu verfassungs-, steuer- und pensionsrechtlichen Aspekten darlegten. „Es war ein sehr interessanter und informativer Austausch“, berichtet die Freiheitliche Ulli Mair. „Uns wurden Tabellen ausgehändigt und Antworten auf Detailfragen gegeben“, sagt Maria Elisabeth Rieder vom Team K.

Luisa Gnecchi, Vizepräsidentin des nationalen Instituts für die soziale Fürsorge (INPS/NISF), lobte die Neuregelung der Politikerpensionen: Das bisherige System, wo die Abgeordneten ihre Rentenbeiträge in einen privaten Zusatzrentenfonds einzahlen, sei ungerecht. Das Geld müsse in öffentlicher Hand, also beim Regionalrat, bleiben. Laut dem Generalsekretär des Regionalrats, Jürgen Rella, könnte der Regionalrat bis zum Jahr 2043 bei den Renten so 26 Millionen Euro einsparen. Die beiden Rechtsprofessoren Giandomenico Falcon und Fabio Corvaja betonten, dass sich der Regionalrat mit den Ausgaben für die Amtsentschädigungen und Pensionen im nationalen Durschnitt bewege. Auch Paolo Pietrangelo, Generaldirektor der Konferenz der Präsidenten der gesetzgebenden Versammlungen der Regionen und autonomen Provinzen, sprach von einem „moderaten Vorschlag“.

Mit der Reform sollen die Politiker-Gehälter auf neue Beine gestellt werden: Die monatliche Mandatsentschädigung von 10.445,93 Euro wird auf 7.770 Euro brutto reduziert. Hinzu kommt ein pauschales Tagegeld, das von 2.164,50 Euro bis 2.941,50 Euro netto geht und davon abhängt, wie weit der Wohnort des Mandatars vom Landtag entfernt ist. Einen jährlichen Inflationsausgleich gibt es nicht mehr. Auch die Sitzungs- oder Fahrtengelder sowie die Spesenrückerstattungen werden abgeschafft. Wenn die Reform durchgeht, verdient ein einfacher Abgeordneter künftig zwischen 6.350 bis 7.100 Euro netto im Monat. Das sind 450 bis 1.100 Euro netto mehr als aktuell. Die Regierungs- und Präsidiumsmitglieder bekommen zusätzlich noch steuerfreie Funktionszulagen von bis zu 4.600 Euro netto.

Neben der Amtsentschädigung wird auch die Pensionsvorsorge neu geregelt: Die Rentenbeiträge werden nicht mehr in eine private Zusatzrentenvorsorge überwiesen, sondern bleiben beim Regionalrat. Die Abgeordneten erwerben bei Erreichen des Pensionseintrittsalters (60 bis 64 Jahre) ein Recht auf eine Rente, aber kein Recht an den eingezahlten Beiträgen. Das System heißt „Beitragsbezogene Vorsorgeentschädigung“, ist in Wirklichkeit aber die Rückkehr zum alten Leibrentensystem, wenngleich die Pensionen im Vergleich zu den Luxus-Renten früherer Tage bescheiden ausfallen: Ein Abgeordneter mit zwei Legislaturen bekommt beispielsweise „nur“ noch 1.200 Euro netto. Regionalratspräsident Noggler betont, dass er die Reform nur dann durchziehen wird, wenn sie auch von Teilen der Opposition mitgetragen wird.

Dabei kann er sich der Unterstützung der Regierungsmehrheit sichersein. In der SVP gilt die Devise: Der Noggler wird es schon für uns richten. Dass sich das Interesse der Edelweißpolitiker an den Details der Reform in Grenzen hält, zeigt sich allein schon daran, dass nur eine einzige Abgeordnete an der Anhörung teilnahm: die Brixnerin Paula Bacher, die bezeichnenderweise zu den Landtagswahlen im Herbst nicht mehr antreten wird. Die anderen beiden SVP-Vertreter in der Gesetzgebungskommission, Helmut Tauber und Franz Locher, glänzten dagegen mit Abwesenheit.

Deutlich schwierger ist die Ausgangslage für die Opposition. Sie muss befürchten, im Herbst vom Wähler die Rechnung präsentiert zu bekommen, wenn sie die Erhöhung der Gehälter und die Einführung der Leibrente mitträgt. Kritisch sieht man dort vor allem die steuerfreien Funktionszulagen: Der Landeshauptmann bekäme künftig, zusätzlich zur Brutto-Mandatsentschädigung von 7.700 Euro, über 7.000 Euro an steuerfreien Zulagen. Ein Privileg, das es weder in der Privatwirtschaft noch im öffentlichen Dienst gibt: Dort müssen sämtliche Zulagen versteuert werden. Auch mit der (de facto) Rückkehr zur Leibrente haben die Oppositionellen Bauchweh, weil sie Erinnerungen an den Renten-Skandal von 2014 weckt.

Die Alternative – nämlich Nein zur Noggler-Reform zu sagen – hätte allerdings zur Folge, dass mit Beginn des kommenden Jahres die Diäten automatisch um 15 Prozent erhöht würden, wie es das Gesetz derzeit vorsieht. Nicht wenige in der Opposition würden es vorziehen, die Neuregelung der Gehälter auf die kommende Legislaturperiode zu verschieben und vorerst nur die Renten und die Abschaffung der ISTAT-Anpassung (hierzu liegen eigene Entwürfe vor) anzugehen.

„Es ist jetzt nicht der richtige Moment, über Polikergehälter zu diskutieren. Unsere Arbeitnehmer:innen brauchen Inflationsanpassung und höhere Gehälter. Viele wissen nicht, wie es weitergehen soll, darum müssen wir uns jetzt kümmern“, sagt Team-K-Politikerin Rieder. Man werde jetzt alles genau nachrechnen und überprüfen, „ob die SVP nicht wieder in die Trickkiste gegriffen hat“.

Etwas zurückhaltender äußert sich der Grüne Riccardo Dello Sbarba: „Wir nehmen uns die notwendige Zeit, alles genau zu prüfen, denn laut Professor Falcon steckt der Teufel im Detail.“ Auch die Freiheitliche Mair betont, dass man erst „in den nächsten Tagen“ eine Entscheidung treffen werde. In der Mehrheit mutmaßt man, dass es sich die Opposition einfach machen und „nur Rosinen rauspicken“ wolle, während sich die SVP „die Hände schmutzig machen“ müsse. „Sie wollen die Reform, trauen sich aber nicht, dies öffentlich zu sagen“, meint ein SVP-Abgeordneter.

Noggler hat der Minderheit angeboten, eigene Gegenvorschläge zu unterbreiten, weil sein Entwurf nur ein erster Vorschlag sei – doch bislang Fehlanzeige. Um es den Oppositionellen einfacher zu machen, ist es denkbar, dass man im Plenum eine geheime Endabstimmung vorsieht.

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