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„Wie Abfall behandelt“

Südtiroler Altmandatare

Während die Altmandatare eine Klage gegen die „kümmerliche“ Erhöhung ihrer Leibrenten prüfen, freut sich der SVP-Rentenexperte Helmuth Renzler über die „gerechte Lösung“.

Von Matthias Kofler

Die ehemaligen Abgeordneten sind nicht erfreut über den jüngsten Beschluss des Regionalrats: Statt einer Inflationsanpassung von satten 11,8 Prozent – so hoch ist die Inflation aktuell im Vergleich zum Vorjahr –, werden die hohen Leibrenten (4.300 Euro brutto im Monat) mit Jahresbeginn „nur“ um 3,8 Prozent erhöht. Das sei „moralisch gesehen ein Diebstahl“, ärgert sich Altmandatare-Sprecher Franz Pahl.

Der Hintergrund: Laut Regionalgesetz Nr. 7/2019 müssen die Pensionen der ehemaligen Mandatare und ihrer Hinterbliebenen jährlich an die Inflation angepasst werden. Diese vorteilhafte Bestimmung ist eine Art „Entschädigung“ dafür, dass seit 2019 die Leibrenten nicht mehr nach dem retributiven, sondern – so wie bei allen anderen ArbeitnehmerInnen auch – nach dem beitragsbezogenen System berechnet werden.

Brisant: Nimmt man für die Berechnung die einbezahlten Sozialbeiträge zur Hand, müsste Alt-Landeshauptmann jetzt 18.000 Euro im Monat an Rente kassieren. Der Regionalrat hat aber bei der Reform festgelegt, dass keiner der Ex-Politiker mehr Geld als in der Vergangenheit erhalten darf. Zudem verweisen die amtierenden Mandatare darauf, dass Durnwalder und Co. de facto deutlich weniger eingezahlt hätten. Drei Viertel der Sozialbeiträge habe ihnen nämlich der Regionalrat als Arbeitgeber figurativ gutgeschrieben. Die „Alten“ bräuchten also gar nicht zu jammern, tönt es aus dem Regionalrat, zumal ihnen – im Gegensatz zu den heutigen Mandataren – auch ein üppiger Renten-Vorschuss aufs Konto überwiesen worden sei. Allein der frühere SVP-Politiker Hanspeter Munter hat dank der Thaler-Reform von 2012 eine Million Euro netto zusätzlich vom Steuerzahler erhalten.

Das Verhältnis zwischen den ehemaligen und den amtierenden Volksvertretern ist schon seit langem angespannt. Die Neuen finden es nicht richtig, dass sie nach einer Legislaturperiode nur mehr eine „Mini-Rente“ von ein paar Hundert Euro bekommen, und zwar erst bei Erreichen des gesetzlich festgeschrieben Pensionseintrittsalters. Die Ex-Mandatare fühlen sich hingegen – wie Franz Pahl es ausdrückt – „wie Abfall behandelt“ und erwägen, gegen die neuen Bestimmungen zu rekurrieren. Die Aussichten auf Erfolg sind aber minimal, da das entsprechende Regionalgesetz nur über ein Urteil des römischen Verfassungsgerichtshofs außer Kraft gesetzt werden kann. Bis dieses vorliegt, dürften noch Jahre verstreichen. Außerdem hat der Regionalrat bislang alle Klagen der Altmandatare vor Gericht erfolgreich überstanden.

In Hintergrundgesprächen mit den amtierenden Mandataren hört man immer wieder, die „Alten“ seien selbst schuld, dass man die ISTAT-Anpassung jetzt auf bis zu 3,8 Prozent zurückgestutzt habe. Ursprünglich wollten sich die Vertreter von SVP und Lega gnädig zeigen: Die Rede war von einer Rentenerhöhung von fünf, sechs Prozent. Doch als Franz Pahl am Vortag der Abstimmung den Regionalratsvizepräsidenten Roberto Paccher in einem Zeitungsinterview hart anging („unkorrektes Verhalten uns gegenüber“), kippte die Stimmung.

Es war der SVP-Rentenexperte Helmuth Renzler, der vorschlug, die Erhöhungen der Leibrenten zu staffeln: Je höher die Pension, desto geringer die Aufstockung. „Ich habe diese Lösung als die beste Lösung vorgeschlagen, weil die staatlichen Bestimmungen beim Inflationsausgleich eine solche Staffelung vorsehen. Somit werden die Altmandatare beim Inflationsausgleich allen anderen Rentner und Pensionisten gleichgestellt, und zusätzlich ergibt sich so auch eine Rechtssicherheit. Ohne diesen meinen Kompromissvorschlag wäre so schnell keine Lösung des Problems gefunden worden. Ich finde die so akzeptierte Lösung gerecht“, so Renzler.

Der Regionalrat hat auf diese Weise 500.000 Euro im Jahr eingespart.

LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE: Warum die Altmandatare neidvoll nach Ligurien blicken. Und wie es mit der Südtiroler Parteienfinanzierung weitergeht.

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