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Die Selbst-Bereicherung

Dem ehemaligen SVP-Landesrat Alois Kofler wurde in nur sieben Jahren das Fünffache an Leibrente ausbezahlt, als er selber eingezahlt hat.

von Matthias Kofler

Giandomenico Falcon hat im Leibrenten-Verfahren vor dem römischen Verfassungsgerichtshof einen denkwürdigen Auftritt hingelegt. Der Verteidiger der Region attackierte die 66 Altmandatare, die gegen die Neuregelung von 2014 rekurriert hatten – und bezeichnete die Vorschüsse wörtlich als „gigantisches Geschenk“.

Die Verteidigung beantragte, die Rekurse für unzulässig zu erklären. Zum einen, weil das Prinzip der retroaktiven Kürzungen, gegen das die Altmandatare rekurriert haben, nicht auf alle Rekurssteller zutrifft. Ein beträchtlicher Teil der ehemaligen Volksvertreter hatte zum Zeitpunkt der Reform das gesetzliche Renteneintrittsalter noch nicht erreicht. Von Retroaktivität könne daher keine Rede sein, zeigte sich Falcon überzeugt. Zudem habe das Thaler-Gesetz von 2012 nicht vorgesehen, dass die Abgeltungen auch den Abgeordneten, die noch nicht in Pension sind, sofort ausbezahlt würden. „Wenn der Richter in Trient, der das Verfahren ans Verfassungsgericht weitergeleitet hat, gut gearbeitet hätte, dann hätte er nur jene Bereiche des Gesetzes von 2014 beanstandet, welche die Abgeordneten betrifft, die schon in Pension sind“, kritisierte Falcon.

Der Jura-Professor legte noch einen Scheit nach: „Ich habe mit Verwunderung die Erzählung der Anwälte der Gegenseite gelesen, wonach die Ex-Abgeordneten gigantische Opfer erbringen mussten. Demnach sah das Gesetz von 2012 jährliche Einsparungen im Ausmaß von sieben Millionen Euro – und einen zehnprozentigen Solidaritätsbeitrag vor. Der Solidaritätszuschlag ist ein Opfer, der Rest in Form der Abgeltungen aber ist ein gigantisches Geschenk.“ Falcon erläuterte, dass das Präsidium, in dem auch Nutznießer der Reform vertreten waren, bei der Berechnung der Vorschüsse „vorteilhafte Kriterien“ festgelegt habe. Thaler und Co. hätten ein Gutachten bei Gottfried Tappeiner eingeholt, weil der bisherige Berater der Region, Stefano Visentin, weniger vorteilhafte Kriterien vorgeschlagen hatte.

Giandomenico Falcon hat am Beispiel des ehemaligen SVP-Landesrats Alois Kofler die Vorteilhaftigkeit der Leibrenten-Vorschüsse verdeutlicht: Kofler saß von 1988 bis 2001 im Landtag und zahlte in dieser Zeit 200.000 Euro in den Rententopf ein. 2005 ging der Sarner dann in die Polit-Pension. Von 2005 bis zur Verabschiedung des Thaler-Gesetzes im Jahr 2012 – also in nur sieben Jahren – wurde Kofler eine Pension im Gesamtwert von 600.000 Euro ausbezahlt. Zudem erhielt er einen Renten-Vorschuss von 364.931,99 Euro. Unterm Strich wurde dem SVP-Politiker bis 2012 das Fünffache dessen ausbezahlt, als er selber eingezahlt hat. Der Vorschuss wurde im Zuge der Reform von 2014 auf 234.505,30 Euro gekürzt.

Damit hat der Sarner noch immer einen satten Gewinn erzielt. Dennoch entschied er sich, gegen die Neuregelung vor Gericht zu ziehen.

Der Anwalt der Region sagte, dass die sofortige Auszahlung der Abgeltungen an die Abgeordneten auch einem Grundprinzip der Rente widerspricht, da man das Risiko einer späteren Reduzierung ausräume. Das staatliche Haushaltsgesetz von 2018 sehe den Übergang vom retributiven auf das kontributive Beitragssystem vor. „Wenn der Regionalrat diese Anpassung vornimmt, werden die Leibrenten automatisch reduziert. Die bereits an die Abgeordneten ausbezahlten Summen könnten aber nicht mehr gekürzt werden. Das vorteilhafte Prinzip der Abgeltungen, das auch im Gesetz von 2014 enthalten ist, wurde von den Ex-Abgeordneten nicht angefochten, weil es sich hierbei um ein Geschenk handelt, wenngleich es mit den neuen Kriterien ein bisschen kleiner ausfällt.“

Auch das Argument, wonach einige Abgeordnete das Geld nicht zurückzahlen können, da sie es bereits ausgegeben hätten, ließ Falcon nicht gelten: Das neue Gesetz räume den Abgeordneten die Möglichkeit ein, die geschuldeten Summen in Raten zurückzuzahlen, indem der Regionalrat einen Teil der Rente einbehält. „Dafür sollten die Betroffenen dankbar sein, denn ihnen wurde eine Finanzierung gewährt, die sie ohne Zinsen zurückzahlen können“, sagte Falcon. Von einem Schaden könne keine Rede sein. Einige Begünstigte hätten sich für die Thaler-Reform von 2012 auch „geschämt“ und „spontan“ den Vorschuss zurückgezahlt. Für die zurückbezahlten Summen sei mithilfe der Neuregelung von 2014 ein gesetzlicher Rahmen geschaffen worden, so Falcon.

Das Verfassungsgericht wird voraussichtlich im Mai in der Leibrenten-Causa urteilen.

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