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Der EEVE-Schock

Der ASGB hat immer die Lückenhaftigkeit der EEVE-Erklärung angeprangert. Jetzt fühlt sich der Gewerkschaftsbund bestätigt: Einer Familie droht wegen der Unübersichtlichkeit der EEVE eine empfindliche Geldstrafe.

Von Erna Egger

„Wir haben immer betont, dass die EEVE grundsätzlich lücken- und fehlerhaft ist. Jetzt bestätigen sich unsere Warnungen. Das Assessorat für Soziales hätte viel früher handeln und Klarheit schaffen müssen“, kritisiert der Wohnbauberater Christian Peintner vom ASGB. „Bedauerlich ist, dass das EEVE-Chaos jetzt auf dem Rücken der Bürger ausgetragen wird.“
Was ist passiert? Eine Familie aus dem unteren Eisacktal hat sich jüngst an den Gewerkschafter gewandt, nachdem ihr zuerst vonseiten der Finanzbehörde eine Strafe von 14.000 Euro angedroht worden war, schließlich wurde ihr ein Strafbescheid von 5.000 Euro zugestellt.

Der Hintergrund: Die vierköpfige Familie hatte nichts anderes gemacht, als beim Sozialsprengel mit der EEVE-Erklärung um einen Beitrag für Miete und Nebenspesen anzusuchen. „Zeitweilig haben wir etwas mehr als 100 Euro an Mietbeihilfe erhalten“, schildert die zweifache Mutter.

Um Mietzuschüsse zu erhalten, darf das Einkommen eine gewisse Summe nicht überschreiten. Voraussetzung für das Ansuchen ist seit Kurzem die Vorlage der Einheitlichen Einkommens- und Vermögenserklärung – EEVE. Die EEVE ist eine Erklärung über die wirtschaftliche Situation, die der Bürger vorweisen muss, um Leistungen oder Tarifbegünstigungen im Sozial- und Gesundheitswesen zu beantragen.

Die EEVE kann bei allen Patronaten angefertigt werden, die vierköpfige Familie hat die Erklärung beim ASGB erstellt. „Anfangs dachte ich, uns sei vielleicht ein Fehler unterlaufen“, sagt Peintner, „dem ist aber nicht so. Erst am Schalter des Sozialsprengels passierte das, wovor der ASGB seit langem warnt: Die angeblich allumfassende EEVE enthält nicht alle Daten. Die Betroffenen bekommen lediglich ein vorgedrucktes dreiseitiges Formular zur raschen Unterschrift vorgelegt, das nicht definiert, was die einzelnen Summen darin bedeuten. Ein normaler Bürger kann das gar nicht durchblicken.“
Zum Verhängnis wurde der Familie unter anderem eine Invalidenrente in Höhe von 160 Euro, die der Lebensgefährte bezieht. Der Vater von zwei Kindern hat bei einem Tischlerunfall zwei Finger verloren. „Ich habe die Rente bei der EEVE-Erklärung sogar angegeben“, betont die zweifache Mutter. „Sie wurde in der Erklärung aber richtigerweise nicht berücksichtigt, weil eine Invalidenrente rechtlich ausdrücklich nicht zum Einkommen zählt“, ergänzt Peintner.

Im Frühjahr dieses Jahres wurden plötzlich Finanzbeamte bei der Wohnung der Familie vorstellig. „Ich war gerade nicht zu Hause. An diesem Vormittag habe ich dann aber einen Anruf von den Finanzbehörden erhalten, dass ich sofort heimkommen solle, da eine Kontrolle zu den Mietbeträgen anstehe“, schildert die Mutter.

Zu Hause warteten dann effektiv zwei Finanzbeamte auf sie. „Sie sagten mir, dass sie die Rechtmäßigkeit der Mietbeträge vom Jahr 2013 prüfen müssten. Ich habe ihnen alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt, samt der Bankauszüge, die auch beim Sprengel aufliegen“, so die Mutter.

Die Familie machte sich keine Sorgen, war sie doch überzeugt, beim Sprengel alle Angaben wahrheitsgetreu deklariert zu haben. „Doch es gibt tatsächlich Geldbeträge, die zwar in der EEVE nicht angegeben werden, aber vom Sozialsprengel trotzdem verlangt werden. Darauf wird aber nur im Kleingedruckten verwiesen“, so der Gewerkschaftsvertreter.
Der Schock war groß, als die Familie dann wenige Wochen später in die Finanzkaserne zitiert wurde. Das Problem: „Die Finanzbeamten kennen die EEVE gar nicht, für sie ist die Einheitliche Einkommens- und Vermögenserklärung kein gültiges Dokument“, so Peintner.

Die Familie wandte sich an den ASGB, Peintner begleitete das Paar zu den Finanzbeamten.
„Dort wird den Betroffenen dann eine endlose Erklärung vorgelegt, ein mehrseitiges Protokoll in italienischer Sprache. Aber Achtung: Wer das Schreiben unterzeichnet, unterschreibt ein Schuldeingeständnis“, warnt Peintner.
Der Gewerkschaftsbund habe indes beim zuständigen Assessorat interveniert, aber bislang noch keine Antwort erhalten.
Wäre bei der Gesuchstellung am Sprengel auch die Invalidenrente erwähnt gewesen, hätte die Familie nur 13 Euro weniger an monatlichem Mietgeld bezogen. „Aber diese Rente gehört nicht zum Einkommen“, betont Peintner abermals. „Die Familie hat alle Erklärungen wahrheitsgetreu und im guten Glauben angegeben.“

Trotzdem soll sie nun die auf mittlerweile 3.500 Euro reduzierte Strafe zahlen.

„Wir haben immer davor gewarnt, dass die EEVE Fehler in sich birgt, da sie entgegen ihrem Titel eben nicht einheitlich ist. Nun haben wir den traurigen Beweis“, so Peintner. Er fordert: „Wir brauchen eine transparente, faire und bürgerfreundliche Einkommensberechnung für alle Sozialleistungen.“

Der Gewerkschaftsbund hat Rekurs gegen die Maßnahme und das Strafmaß eingereicht und stellt der Familie einen Rechtsbeistand zur Verfügung, um gegen das Land zu rekurrieren.

Peintner ist besorgt: „Die Finanzkontrollen des Jahres 2014 laufen erst an und seit 2017 ist die EEVE auch für sämtliche Bereiche im geförderten Wohnbau eingeführt worden. Wie viele Gesuchsteller werden in Zukunft wegen der EEVE noch in die Finanzkasernen zitiert werden?“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (15)

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  • andreas

    Wenn das EEVE von der Finanz nicht anerkannt wird, sollte wohl zuerst mal dieser Punkt geklärt werden.

    Und wenn beim Patronat bzw. Sozialsprengel die Daten abgegeben wurde, diese aber nicht korrekt übermittelt wurden, warum auch immer, sollte wohl das Patronat die Verantwortung in diesem Fall übernehmen.

  • sougeatsnet

    Südtiroler Bürokratie lässt grüßen. Offensichtlich sind Leute am Werk, welche wenig Ahnung haben, Hauptsache alle Verbände habe Arbeit und können kassieren. Gerade die SVP Arbeitnehmer glänzen da wieder einmal, da sie inkompetenten Bürokraten die Arbeit überlassen, weil sie selbst nichts auf die Reihe bekommen.
    Würde man beispielsweise den Leute helfen, die Steuererklärung per „precompilato“ selbst online zu erledigen, könnte man vielen Bürgern unterstützen selbständig und gratis Steuerrückforderungen zu erledigen.

  • ostern

    Ausländer brauchen nur die Kassabons von den Lebensmittel- Einkaufshäuser
    abgeben (bei sogenannten Hilfsorganisationen) . Diese ……..Organisation
    kommt für den Betrag auf. Dafür muessen unsere Leute , wie oben, herhalten.

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