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Pizza statt Braten

In der Kurstadt halten am Heiligen Abend sechs Restaurants geöffnet. Auch Andrea Fenoglios Pizzeria „357“ verzeichnet seit Jahren eine steigende Nachfrage. Diese Entwicklung sieht der Sternekoch durchwegs auch kritisch.

von Karin Gamper

Heiligabend im Kreis der Familie unter dem festlich geschmückten Christbaum? Gemeinsam speisen, Weihnachtslieder singen und Geschenke austauschen? Worauf sich viele Menschen freuen, ist anderen ein Gräuel. Und manchmal ist eine traditionelle Weihnachtsfeier mit Angehörigen aus den verschiedensten Gründen schlicht nicht möglich.

In solchen Fällen wird vermehrt Zuflucht in Gastlokalen gesucht. Die Betriebe haben sich an die veränderte Gesellschaft und Nachfrage angepasst. Allein in Meran halten mittlerweile am 24. Dezember abends (neben den Hotel-internen Restaurants) sechs Betriebe offen, weiß die Kurverwaltung. Es sind dies das Wirtshaus Augustiner in den Lauben, das Restaurant Aqua auf der Passerpromenade, die Osteria Core in der Meinhardstraße, die Palm Lounge am Thermenplatz, das Rössl-Bianco in den Lauben und die Pizzeria 357 in den Plankensteinstraße.

Letztere steht im Besitz des Meraner Sternekochs Andrea Fenoglio, dem auch das Nobelrestaurant „Sissi“ gehört. Während das „Sissi“ am Heiligen Abend schließt, hält Fenoglio die Pizzeria offen. „Sozusagen als Dienstleistung für Meran“, sagt er. Die Nachfrage steige seit Jahren, berichtet der bekannte Gastronom.

Wer aber geht am Heiligen Abend eine Pizza essen? „Die Gäste sind bunt gemischt“, erzählt Fenoglio, „es sind Touristen, aber auch viele Meraner darunter“. Zur Kundschaft zählen großteils Paare und Gruppen von Freunden, selten Familien und fast nie Einzelpersonen. „Das wäre dann echt traurig“, findet Fenoglio.

Er beobachtet die Entwicklung mit Skepsis. „Die Gesellschaft ändert sich und Weihnachten ist nicht mehr wie früher, als um 15.00 Uhr sämtliche Läden dicht gemacht wurden, sich Stille über die Stadt senkte und alles zur Ruhe kam“, meint Fenoglio. Er selbst halte sich mittlerweile am Heiligen Abend vom Zentrum fern. „Ich finde es verstörend, wie sich die Leute bis in den späten Nachmittag hinein in den Bars betrinken und anschließend zuhause an den Weihnachtstisch setzen“, erklärt er.

Andrea Fenoglio selbst feiert den Heiligen Abend daheim. Das „Sissi“ bleibt zu, obwohl es auch für das Nobelrestaurant genügend Nachfrage geben würde, wie er versichert. „Ich könnte das Lokal dreimal füllen“, sagt Fenoglio, „aber jeder braucht einmal eine Pause und der Heilige Abend gehört meiner Familie“.

Weitergearbeitet wird tags darauf, am Christtag. „Da kommen dann die Familien“, weiß Fenoglio. Auch hier hat der Sternekoch eine Veränderung festgestellt: „Das traditionelle Weihnachtsmenü ist nicht mehr erwünscht und wir bieten es deshalb auch gar nicht mehr an, die Gäste wollen alle à la carte essen“.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (5)

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  • andreas

    Am 24. bis am Nachmittag zu saufen, ist doch seid Jahrzehnten Tradition und früher hat der Bauer dann auch noch am Abend die Frau verdroschen, recht viel anders wird es heutzutage wohl an manchen Orten auch nicht sein.

    „Dienstleistung an Meran“ finde ich schon mal etwas abwegig, denn wenn, macht er es um zu verdienen und weil er das Personal hat, welches am 24. arbeitet.

    • andreas1234567

      Hallo @Namensvetter,

      Bergbauernweihnacht ist was Feines, hab ich selbst miterleben dürfen.Die Arbeit muss auch am 24. getan werden aber danach kommt der grosse Topf auf den Tisch und es wird sich niedergehockt und erzählt, man ist sich selbst Geschenk, geniesst den Tag.
      Von den Nachbarhöfen kommen Besucher vorbei, es wird etwas Essen aus dem grossen Topf ausgegeben, Verwandte kommen herbei, es ist ein Kommen und Gehen. Jägersleute und Hirten schauen auf ein Getränk vorbei, es ist ein Taubenschlag, für mich als Gast war das absolut faszinierend.
      Es steht eine Krippe, wahrscheinlich über hundert Jahre alt und diverse Kinder haben sie mit allerlei Plastikgetier verändert, der Baum wird am Morgen geschmückt.
      Das ist wirklich wunderschön, ein absolutes Wohlfühlprivileg dort als Gast teilhaben zu dürfen.
      Der versoffene prügelnde Bauer mag sich vor Jahrzehnten noch ausgegangen sein aber seit es für jeden Beitrag bald ein Hochschulstudium für das Ausfüllen des Antrags braucht geht sich so eine Lebensweise nicht mehr aus.

      Diesmal leider nicht, wäre jetzt gern auf einem Südtiroler Berghof und mit der Sauferei ist ein Stadtlermärchen weil auch am 25. Hof und Vieh auf Pflege und Versorgung warten und zwar pünktlich wie jeden Tag.

      Auf Wiedersehen bei der nächstmöglich Bergbauernhofweihnacht

    • gorgo

      Jede Tradition hat ihre guten Gründe.. (hicks) und lokalen Abweichungen. Bei uns zB. prügelt die Bäuerin, ist ja auch logischer.
      Und beim Deutschen da laufen anscheinend Rosegger Verfilmungen nonstop, dazu trinkt er Vodka.

    • sellwoll

      @andreas: > „früher hat der Bauer dann auch noch am Abend die Frau verdroschen“ aha. Frohe Weihnacht auch dir.

  • meintag

    Ist gut dass Einige offen haben. Kann mich erinnern als ich Mitte der 1980ger 6 Tage vor Weihnachten in die Rossi Kaserne eingerückt bin und am heilig Abend fast die gesamte „Meute“ in Meran ein offenes Lokal gesucht hat. Allein in der Freiheitsstrasse war eine kleine Bar offen. Die alte Wirtin, Gott hab Sie selig, hatte mit Uns eine Freude weil Sie sonst Alleine war.

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