„Die Klubs haben mehr Macht“

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Das Urteil zur Super League könnte den Fußball revolutionieren. Spielt Südtirol bald eine eigene Liga ohne italienischen Verband?

von Markus Rufin

Im Jahr 1995 fällte der Europäische Gerichtshof das Bosman-Urteil – eine Revolution für den Fußball. Das Urteil, das besagt, dass Spieler nach Ablauf ihres Vertrages ablösefrei wechseln dürfen, hat den Fußball nachhaltig geprägt.

Eine ähnlich bahnbrechende Entscheidung fällte das Gericht mit Sitz in Luxemburg 28 Jahre später zur Super League. Dem Urteil zufolge dürfen die großen Fußballverbände FIFA und UEFA Vereinen und Spielern die Teilnahme an anderen Wettbewerben nicht verbieten. „Mit diesem Urteil wird unterstrichen, dass weder die FIFA noch die nationalen Verbände ein Monopol auf den Fußball haben“, erklärt der Präsident des Südtiroler Fußballverbandes, Klaus Schuster. „Theoretisch wäre die Gründung alternativer Ligen wie der Super League auf Wunsch der Vereine möglich.“

Aber was ist mit der Super League gemeint? Europäische Spitzenvereine aus Spanien und Italien (unter anderem Barcelona, Juventus und Real Madrid) wollen eine eigene Liga für die besten Mannschaften gründen. Sie versprechen sich davon mehr Geld durch TV-Einnahmen.

Schuster glaubt nicht, dass es zu dieser Super League kommen wird: „Bisher hat sich der Profifußball über die Exklusivrechte der Sender finanziert. Die Super League soll aber auf allen nationalen Kanälen übertragen werden.“ Ob die Super League zustande kommt, ist auch deshalb zu bezweifeln, weil Spitzenvereine wie Bayern München, Borussia Dortmund und einige Premier-League-Clubs dem Projekt eine Absage erteilt haben. Eine Absage an die Super League erteilte auch der italienische Fußballverband.

Schuster bezeichnet das Urteil und die Bemühungen, eine Liga zu gründen, dennoch als „einschneidend“. Als Fan ist er nicht begeistert: „Es wäre schade, wenn es im Fußball nur noch ums Geld ginge, es ist schon zu viel Geld im Spiel. Andererseits wird durch das Urteil unterstrichen, dass der freie Markt frei bleibt.“

Das Super League-Urteil hat nicht nur Auswirkungen auf den professionellen Fußball. Auch im Amateurbereich könnten sich nun Vereine zusammenschließen und eigene Meisterschaften außerhalb der Verbände veranstalten. Das gebe den Vereinen wiederum mehr Macht: „Das Urteil zeigt, dass der Verband kein Monopol hat, sondern den Vereinen attraktive Angebote machen muss. Das ist eigentlich nur positiv.“

Wenn die Vereine mit den aktuellen Bedingungen nicht einverstanden sind, können sie eine Alternative schaffen. „Als Südtiroler Komitee sind wir an die Vorgaben aus Rom gebunden“, hat Schuster ein konkretes Beispiel. „Es ist schwierig, einem Römer oder Mailänder zu erklären, dass wir im Vinschgau 30 Vereine haben, die in Dörfern mit nicht mehr als 5.000 Einwohnern leben. Dort mit eigenen Spielern eine A-Jugend, eine B-Jugend und eine Juniorenmannschaft aufzustellen, ist schwierig. Gleichzeitig verlangt der Verband das aber, um an bestimmten Meisterschaften teilnehmen zu können. Wir kämpfen schon lange dafür, dass das gelockert wird. Mit dem Urteil haben wir die Möglichkeit, ihnen zu erklären, dass die Gefahr besteht, dass andere an einer Meisterschaft teilnehmen, bei der diese Regel gelockert wird.“

Die Unzufriedenheit mit der Arbeit des Verbandes in Südtirol zeigt sich bei den Jugendmeisterschaften. Seit Jahren gibt es neben den Meisterschaften des italienischen Fußballverbandes FIGC auch die Meisterschaften des VSS. Doch auch beim VSS gibt es Probleme, weiß Schuster.

Um eine Meisterschaft auszurichten, brauche es immer viel Geld, weshalb die Frage nach einem eigenen Verband letztlich eine Frage des Geldes bleibe, zumal der Reiz, außerhalb der Landesgrenzen zu spielen, fehlen würde. Schuster ist nicht bekannt, dass es in Südtirol bereits Bestrebungen gibt, eine neue Meisterschaft ins Leben zu rufen. Es bestehe aber die theoretische Möglichkeit.