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„Wir werden schlecht behandelt“

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Die Abgeordneten der italienischen Parteien im Landtag liefern sich einen Wettstreit darum, in den sozialen Netzwerken die meisten Follower zu gewinnen. Wer verkauft sich am besten?

von Julia Koppelstätter

Die Landtagsabgeordneten der italienischen Parteien, Massimo Bessone (Lega Salvini), Marco Galateo (Fratelli d’Italia) und Diego Nicolini (Movimento 5 Stelle), mischen im Social-Media-Rennen mit und sind teilweise sehr erfolgreich. Was sind ihre Strategien und wie viel Geld geben die Politiker für ihre Accounts aus?

Marco Galateo ist Spitzenreiter. Mit 13.302 Followern auf Facebook, 10.800 Followern auf Instagram und 913 Followern auf Twitter hat er auf allen Plattformen weitaus die größte Reichweite. „Ich bin sehr aktiv auf Social Media. Ich habe Mitarbeiter, die mir bei meinen sozialen Medien helfen, und wir gehen sehr strukturiert und organisiert vor. Wir versuchen so vielen Followerin wie möglich zu antworten. Auf diese Weise gelingt es uns wirklich, auf die Bürger einzugehen – ich will ihnen die Möglichkeit geben sich mit mir in Verbindung zu setzen“, sagt der Abgeordnete der Fratelli d’Italia. Neben Facebook und Co. Betreibt Galateo auch YouTube und seit kurzer Zeit ist er auch auf TikTok dabei: „Ich bin auch gerade erst auf TikTok gestartet, mit einem Profil, das ein paar tausend Follower hat. Dort habe ich ein Video gepostet, in dem ich über die anti-italienische Schriftzüge, die jemand auf den Brenner-Gedenkstein gesprayt hat, rede. Das Video wurde eine 1,2 Millionen Mal angesehen, was für die sozialen Netzwerke sehr viel ist.“

Auch Diego Nicolini, Abgeordneter der 5-Sterne-Bewegung, versucht aktiv auf Social Media zu sein und hat seine eigenen Strategien entwickelt: „Ich würde sagen, dass ich in den sozialen Medien ziemlich aktiv bin und sehr regelmäßig Beiträge verfasse. In letzter Zeit habe ich entdeckt, dass es oft besser ist, Botschaften mit einem Video zu erklären als nur mit Text oder ein paar Bildern. Und ich habe gemerkt, dass ich mit diesen Videos auf Instagram auch sehr viel Erfolg habe. Auf einem meiner Videos habe ich sogar 114 Tausend Aufrufe. Ich denke, weil es kürzere und sehr direkte Videos sind funktioniert das ziemlich gut. Und vielleicht sprechen sie auch das jüngere Publikum an.“ Doch trotz der Bemühungen belegt Nicolini mit 2.288 Facebook Freunden, 1.712 Followern auf Instagram und 23 Twitter Abonnenten im Vergleich zu Galateo und Bessone den letzten Platz.

Massimo Bessone hat mit 7.816 Fans auf Facebook, 4.227 auf Instagram und 336 auf Twitter eine gute Reichweite, ist aber nicht zufrieden mit seiner Aktivität: „Ich habe leider wenig Zeit, aktiv auf Social Media zu sein. Ich mache viele Dinge und es kommt oft vor, dass ich nicht die Zeit finde meine Accounts zu aktualisieren, trotzdem versuche ich, kontinuierlich zu posten.“ Das Hauptziel von Bessone mit den sozialen Medien ist es, seinen Followern seine Tätigkeit näher zu bringen und im Netz ungefilterte Nachrichten zu übermitteln: „Social Media ist für mich in Instrument, um so viele Menschen wissen zu lassen, dass ich sehr viel arbeite. Aber ich stelle nicht nur politische Themen hinein, sondern auch Dinge, die ich in meinem Privatleben tue, um meine Accounts für die Leute angenehmer zu gestalten. Die Kommunikation auf Social Media ist für mich sehr wichtig, es gibt zwar Zeitungen, die korrekt berichten und die Sachverhalte richtig darstellen, aber es gibt auch Zeitungen, die parteiischer sind und eine akzentuierte politische Meinung vertreten. Deshalb ist es wichtig, dass die ungefilterte Botschaft über die sozialen Medien – so wie sie vom Urheber gedacht wurde – bei den Leuten ankommt.“ Auch für Diego Nicolini haben die sozialen Medien einen hohen Stellenwert, aufgrund von schlechten Erfahrungen mit den herkömmlichen Medien: „Ziel ist es, die Bürgerinnen und Bürger über meine Aktivitäten zu informieren, vor allem weil wir (Movimento 5 Stelle) in den traditionellen Medienkanälen nicht viel Platz haben. Wir wurden zum Beispiel von der Athesia-Gruppe, die jetzt auch fast ein Monopol auf die italienisch sprachige Presse hat, sehr schlecht behandelt. Deshalb müssen wir uns um die sozialen Medien sehr bemühen, weil dies ein direkter Kanal zu den Bürgern ist.“ Eine unmittelbare Verbindung zu ihren Wählern scheint den Abgeordneten sehr wichtig zu sein. Auch Galateo will transparent wirken, um Vertrauen zu seinen Followern aufzubauen: „Mein Hauptziel mit Social Media ist die Transparenz. Die Menschen sollen wissen, was ich tue, wie ich es tue und auch, was ich denke. Auf diese Weise schaffen wir eine direkte Verbindung zwischen dem Wähler und dem Abgeordneten – und das bedeutet mehr Demokratie. Ich bekomme sehr viele Kommentare und Nachrichten, also habe ich einen sehr engen Kontakt mit meinen Followern. Manchmal sind es auch kritische Kommentare, aber das ist Teil der Demokratie.”

Was die Investitionen in die sozialen Medien angeht, haben die drei Politiker unterschiedliche Ansichten und Erfahrungen. „Social Media ist meiner Meinung nach kein Ersatz für die traditionellen Medien, denn mit Social Media wird die Botschaft nur verstärkt. Ich nutze Social Media nicht, um Geld zu sparen, ich gebe genug aus. Im Laufe des Jahres sogar mehr für Social Media als für traditionelle Medienkommunikation”, so Marco Galateo. Diego Nicolini hingegen empfindet die sozialen Medien als kostengünstigeres Kommunikationsmittel: „Auch soziale Medien erfordern Investitionen, aber sie sind sicherlich viel billiger als Printmedien oder traditionelle Medien.“ Für Massimo Bessone ist der persönliche Kontakt im Wahlkampf wichtiger, er würde nicht viel Geld in die sozialen Medien investieren, aber dafür Zeit: „Ein Wahlkampf wird von vielen Faktoren bestimmt. Seit fünf Jahren arbeite ich inmitten von Menschen, ich denke dieser Kontakt ist im Wahlkampf wichtiger als die Social Media-Präsenz. Aber die sozialen Medien haben auch ihren Wert, denn sie erreichen heut zu Tage, über verschiedenste Kanäle, fast alle Menschen. Daher ist es wichtig, in diesem Bereich zu arbeiten und Zeit zu investieren aber ohne dafür viel Geld auszugeben.“

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