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Jetzt wird geprüft

(Foto: LPA/ Unsplash)

Über 500 Kinder im Elternunterricht müssen in den kommenden Tagen Prüfungen ablegen, um zu zeigen, dass sie auch außerhalb der Schule ausreichend gelernt haben. Wie die ersten Ergebnisse ausfielen.

von Markus Rufin

In den letzten Jahren gab es einen sprunghaften Anstieg bei den Ansuchen um Elternunterricht in Südtirol. Waren es im Schuljahr 2019/20 gerade einmal 43 Schüler und im Jahr danach 130 Schüler, waren es im heurigen Jahr Ende November 569 Schüler, die nicht in der Schule unterrichtet wurden. 365 Kinder sind es in der Grundschule, 150 in den Mittelschulen, 43 in den Oberschulen und elf Schüler sind in der Berufsbildung.

Der Grund für diesen Anstieg ist hinlänglich bekannt: Viele Eltern wehrten sich nämlich gegen die Corona-Maßnahmen. Die Maskenpflicht und das regelmäßige Testen wurden von einigen Eltern nicht geduldet, weshalb sie ihre Kinder kurzerhand entweder zu Hause oder besonders häufig in sogenannten „freien Lernorten“ unterrichteten. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Zeltschule in Lajen.

Mittlerweile sind – wie mehrere Direktoren der TAGESZEITUNG bestätigen – einige dieser Schüler zwar wieder in den regulären Unterricht zurückgekehrt, da es keine Testpflicht mehr gibt, einige Eltern glauben aber nach wie vor, dass die Lernorte besser geeignet für ihre Kinder sind.

Doch das muss auch überprüft werden. Jedes Kind, das unterm Jahr im Elternunterricht war, muss gegen Schulende hin eine Prüfung absolvieren, mit der sichtbar werden soll, ob die Schüler die entsprechenden Lernziele, die vom Staat vorgegeben werden, erreicht wurden.

Eine Prüfungskommission ist für die Bewertung zuständig. Wurden die Lernziele nicht erreicht, wird das Kind nicht in die nächste Klasse versetzt. Das heißt, es muss den Stoff des heurigen Jahres wiederholen und bei einer Rückkehr in den regelmäßigen Unterricht in der entsprechenden Klasse bleiben.

Wie Schulinspektorin Rosmarie Niedermair berichtet, sind dafür alleine die Schulen verantwortlich. Das gilt sowohl für den Prüfungstermin als auch für die Prüfung an sich: „Es gibt keinen festen Kalender, wann die Prüfungen abgelegt werden müssen. Die Schulen können den Kalender selbst festlegen, sollen aber bis Ende Juni fertig werden.“ Theoretisch wäre es also möglich, dass die Prüfungen erst gegen Ende Juni stattfinden, Niedermair geht aber davon aus, dass die meisten Schulen die Prüfungen bis Schulende (16. Juni) abschließen werden.

Dementsprechend hat das Landesschulamt bislang auch keine Daten und Rückmeldungen zur Anzahl der Prüfungen oder zur Anzahl der nicht versetzten Schüler.

Die TAGESZEITUNG hat daher selbst bei einigen Direktionen nachgefragt. Tatsächlich beginnen die meisten Schulen erst im Laufe der kommenden zwei Wochen mit den Prüfungen, einige haben aber bereits begonnen, andere haben die Prüfungen sogar schon abgeschlossen.

Unter anderem gehört dazu der Grundschulsprengel Eppan, wo insgesamt 20 Kinder die Prüfung abgelegt haben. Versetzt wurden davon aber nur 14 Kinder. Insbesondere wenn man weiß, wie selten es vorkommt, dass Grundschulkinder nicht versetzt werden, ist das eine relativ hohe Anzahl. Am Grundschulsprengel Eppan sind es normalerweise ein bis zwei Schüler von rund 570 Kindern, die nicht versetzt werden.

Trotzdem findet Direktor Hannes Unterkofler alles in Allem positive Worte für die Schüler und Eltern: „ZweiSchüler konnten sogar die Prüfung Ihres Alters bestehen und zwei Schuljahre in einem schaffen. Bei den sechs Kandidat, die nicht für die nächste Schulstufe geeignet befunden wurde, konnte man sehr wohl Lernfortschritte feststellen, jedoch ist die Wiederholung und Festigung der aktuellen Jahrgangsstufe für die weitere Lernentwicklung sinnvoll.“

Überraschend auch: Obwohl alle diese Kinder nahezu das gesamte Schuljahr über im Elternunterricht waren, werden zumindest einige wohl wieder in die Schule eintreten. Unterkofler schätzt, dass es zwischen zwei und vier Schüler sein werden: „Besonders die Schüler*innen, die dann die Mittelschule besuchen werden, möchten den Wiedereintritt in die Schule wagen.“

Die meisten anderen Schulen haben mit den Prüfungen noch nicht begonnen, allerdings mussten die Eltern ihre Kinder bereits am 30. April für die sogenannte Eignungsprüfung anmelden. Das haben sie laut den Direktoren und Direktorinnen auch gemacht.

Christoph Falkensteiner, Direktor des Schulsprengels Sarntals berichtet beispielsweise: „Wir haben mit den Prüfungen noch nicht begonnen, aber es gibt relativ viele, die die Eignungsprüfungen ablegen. Alle haben sich termingerecht angemeldet und die Programme abgegeben. Wir werden die Prüfungen innerhalb Junis abwickeln.“

Falkensteiner zeigt sich mit dem bisherigen Ablauf zufrieden und ist zuversichtlich, dass auch die Prüfungen gut ablaufen werden. Die Eltern zeigten sich kooperativ, die Kommunikation funktionierte ebenfalls.

Ähnliches kann Martina Tschenett, Direktorin des Schulsprengels Naturns berichten. Dort waren ursprünglich die meisten Kinder im Heimunterricht: 25 Schüler stiegen aus der Schule aus. Mittlerweile seien aber einige zurückgekehrt, sodass nur mehr rund zehn Schüler von zu Hause aus unterrichtet werden.
„Wir sind derzeit dabei, die Prüfungen zu organisieren. Die Ergebnisse werden wir – sofern es sich um Abschlussprüfungen handelt – genau wie bei den Abschlussprüfungen die Ergebnisse aushängen“, sagt Tschenett.

Unterm Jahr waren die Schulen dazu aufgefordert Kontrollen durchzuführen, um zu überprüfen, ob in den freien Lernorten auch alles korrekt abläuft. Laut Tschenett sei zumindest in Naturns kein Einschreiten notwendig gewesen.

Auch wenn sich die Direktoren eigentlich zufrieden mit den Eignungsprüfungen zeigen, lassen die ersten Daten darauf schließen, dass die Kinder in den Schulen eigentlich besser aufgehoben wären, zumindest wenn es um die Einhaltung der Lernziele geht. Eine ausführliche Bilanz wird man aber erst ziehen können, wenn alle Schüler die Prüfung abgelegt haben.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • brutus

    Ob die Bildung einer Paralellgesellschaft sinnvoll ist?

  • fakt60ist

    Also da kann man nur mal hoffen, dass die Prüfungskommission an die Kinder denkt und nicht an die Politik. Die Kinder wären ohnehin wieder mal die Leidtragenden ohne das sie überhaupt dafür könnten. Jedenfalls ist es an der Zeit, dass überall wieder Normalität eintritt und der Wahnsinn endlich zu einem mit Hausverstand denkendem Ende führt.

  • pantone

    Es ist nachvollziehbar, wenn die Verantwortlichen für die Schule jetzt nicht die Gräben verstärken wollen. Ohne Zweifel wäre ein Schulbesuch besser gewesen.
    Noch mehr als die Prüfungskommissionen hätten wohl die Eltern an die Kinder denken müssen.

  • andreas1234567

    Hallo aus D,

    dieses Recht auf „Heimunterricht“ gibt es nun einmal und es wurde und wird hauptsächlich auch von „Ulrtareligiösen“ genutzt die ihre lieben Kinder vor dem Sittenverfall und der Dekadenz weltlicher Schulen schützen wollen, solche Ungeheuerlichkeiten wie gemeinsamer Schwimmunterricht und solches Teufelszeug.. Das wurde hier „vergessen“ zu erwähnen..

    Die Leistungsüberprüfung wird diesmal interessant wegen der grösseren Anzahl an Kindern und weil die „bösen, bösen, bösen, sehr, sehr bösen Coronaleugnereltern “ nun als neue Gruppe bei diesem „Heimunterricht“ auftreten und die Karten diesmal neu gemischt sind.

    Wird sich keiner trauen aber statistisch interessant wäre noch wie weit die Kinder im Vergleich zu normalen Schulkindern gescheit im Kopf geblieben sind.

    Gruss nach Südtirol

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