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„Wir haben es uns verdient“

Foto: Ufficio Stampa FCS- FotoSport Bordoni

Heute hat der FC Südtirol die historische Chance, in die Serie B aufzusteigen. Wie die Mannschaft mit dem enormen Druck und mit der noch nie dagewesenen Euphorie umgeht.

Tageszeitung: Herr Tait, am Samstag (das Gespräch wurde am Donnerstag geführt, Anm. d. Red.) steigt das Spiel Ihres Lebens. Sie haben die Chance, mit Ihrem Heimatverein aufzusteigen. Wie bereiten Sie sich mental auf das Spiel vor?

Fabian Tait: Es wird nicht leicht sein, weil viele Emotionen mitspielen. Logischerweise ist man als Spieler aufgeregter als vor anderen Spielen. Ich glaube niemanden, der sagt, dass er nicht aufgeregt ist. Das geht einfach nicht, denn es handelt sich um das wichtigste Spiel in unserer Karriere. Ich versuche aber nicht ständig daran zu denken, es ist auf jeden Fall ein komisches, aber schönes Gefühl. Jeder, der Fußball spielt, möchte in seinem Leben ein solches Spiel bestreiten.

Die Anspannung ist zumindest bei den Fans enorm. Wie viel Druck tut vor einem solchen Spiel gut?

Zu viel Druck ist schlecht, aber kein Druck tut auch nicht gut. Glücklicherweise haben wir weder vom Verein noch von den Fans die Botschaft bekommen, dass wir unbedingt gewinnen müssen. Wir wissen aber selbst um die Chance, die wir jetzt haben. Für uns würde sich jedenfalls vieles ändern, wenn wir in die Serie B aufsteigen.

Der FCS hat seinen 9-Punkte-Vorsprung auf Padua nahezu voll aufgebraucht. Padua ist sehr gut drauf, der FC Südtirol hat hingegen Punkte liegen lassen…

Ich habe mir bereits vor ein oder zwei Monaten gedacht, dass es gegen Ende hin nochmal knapp wird. Wir hatten ein schweres Programm vor uns, dementsprechend war das schon zu erwarten. Padua hat seit dem Trainerwechsel kein Spiel mehr verloren. Im Italienpokal haben wir aber gezeigt, dass wir besser sind. Wir haben auch am Sonntag eine eindrucksvolle Leistung gezeigt. Wir haben also keinesfalls Angst oder sind müde. Wir sind bereit für das Spiel.

Die Mannschaft hat zahlreiche Fans dazugewonnen. Am Samstag findet das Spiel erstmals im ausverkauften und umgebauten Drusus-Stadion statt. Wie groß ist die Vorfreude?

Wir müssen stolz darauf sein, dass wir 5.500 Menschen ins Stadion gebracht haben und dass vermutlich noch viel mehr gekommen wären. Auch mir haben viele Fans geschrieben, ob es noch Tickets gibt. Diesen Enthusiasmus haben wir als Mannschaft entfacht. Das Stadion war die gesamte Saison über voll. Das waren wir in den letzten Jahren nicht gewohnt, umso größer ist nun die Freude, da immer mehr Menschen ins Stadion kommen. Das wollten wir immer erreichen.

Obwohl der FC Südtirol der einzige Profi-Verein ist, wurde er immer stiefmütterlich behandelt. Jetzt ist das Interesse enorm. Wie haben Sie das entfachen der Fußball-Euphorie in Südtirol miterlebt?

Ich habe bereits vor drei Jahren, als wir das Playoff-Halbfinale gegen Cosenza gespielt haben, gesagt, dass es wohl Zeit braucht, bis sich das Stadion füllt. Es handelt sich um einen jungen Verein, wo das Interesse natürlich nur dann groß ist, wenn es gegen Spitzen-Vereine geht. Wenn die Leute plötzlich einen schönen Fußball sehen und merken, dass der Qualitätsunterschied zwischen Serie C und Oberliga so groß ist, dann werden die Leute von alleine kommen. Ich habe jedenfalls gemerkt, dass das Interesse deutlich größer ist. Auch wenn ich durch die Stadt spaziere, werde ich auf die Ergebnisse angesprochen. Das ist sehr schön zu sehen. Für uns Fußballer gibt es ohnehin nichts schöneres, als vor ausverkaufter Kulisse zu spielen.

Viele Fans haben den Glauben an das Projekt Serie B bereits aufgegeben. Können Sie sich ausmalen, was es bedeutet, wenn man das Spiel am Samstag und die Meisterschaft verliert?

Ich weiß, dass das auch eine Option ist, und dessen müssen wir uns auch bewusst sein. Wir spielen gegen eine sehr starke Mannschaft, die doppelt so viel Budget wie wir haben, die mit ehemaligen Serie-A- und Serie-B-Spielern gespickt ist und alles geben wird. Deshalb kann es auch passieren, dass es nicht gut läuft. Man darf aber keinen Gedanken daran verlieren, was passiert, wenn es so weit kommt, wir müssen uns mit positiven Emotionen beschäftigen. Sprich: Der Gedanke, dass wir auch verlieren können, hat in unseren Köpfen in den nächsten Stunden nichts zu suchen.

Sie selbst sind eine wichtige Stütze in der Mannschaft und könnten bereits seit Jahren in der Serie B spielen. Werden Sie, falls der Aufstieg verpasst wird, dem FC Südtirol dennoch die Treue halten?

Ich glaube, ich habe mit meinen Entscheidungen in der Vergangenheit gezeigt, dass der FC Südtirol mein Verein ist. Ich bin vor sieben Jahren hierhergekommen und habe gesehen, wie sich der Verein entwickelt hat. Mein Ziel ist es also, mit diesem Verein die Meisterschaft zu gewinnen, denn dieser Verein verdient sich nur das Beste. Vieles, was im Hintergrund passiert, ist nicht selbstverständlich. Viele Vereine in der dritten Liga, die eigentlich gut aufgestellt sind, gehen in die Insolvenz. Ein Verein wie der FC Südtirol ist dagegen wirklich perfekt organisiert. Er verdient es sich, aufzusteigen und sich oben zu halten.

Zum Sportlichen: Wie ist die Mannschaft drauf?

Wie bereits gesagt, hat uns das Spiel vom letzten Mittwoch gezeigt, dass wir sehr gut drauf sind. Wir haben gezeigt, dass wir keine Angst vor Padua haben müssen. Wir sind besser als sie. Das Spiel am Samstag wird anders, weil einige Spieler zurückkehren. Aber auch wir sind gut drauf, sind fit, nach einer schwierigen Phase mental gut drauf und wollen aufsteigen.

Worauf muss man im Spiel gegen Padua achten? Welche Lehren hat die Mannschaft aus dem verlorenen Pokalfinale gezogen?

Wir haben uns das Spiel bereits angeschaut und unsere Lehren daraus gezogen. Es war sicherlich kein perfektes Spiel, aber bereits ganz gut. Dennoch müssen wir aufpassen, denn mit Ronaldo kehrt ihr wichtigster Spieler zurück. Auch Cosimo Chiricò ist gefährlich. Padua ist vor allem offensiv und technisch sehr stark. Wir müssen also ein perfektes Spiel spielen und keine Fehler machen. Wichtig ist auch, dass wir unsere Chancen nutzen. Das hat beim Pokalfinale gefehlt.

Der Trainer muss aufgrund einer höchst umstrittenen Entscheidung von der Tribüne aus zusehen. Denken Sie, dass dieser Umstand Einfluss auf das Spiel haben wird?

Nein, ich glaube nicht. Selbstverständlich wäre es besser, wenn der Trainer auf der Bank sitzt, aber man kann sich auf die Situation ja einstellen. Es handelt sich um ein enorm wichtiges Spiel, indem halt der Co-Trainer das Zepter in die Hand nimmt.

Ihr Tipp für das Spiel?

Ich weiß es wirklich nicht. Ich hoffe, dass es gut ausgeht und möchte jetzt nicht irgendwie Pech bringen. Ich bin mir aber sicher, dass die Mannschaft gut spielen wird.

Interview: Markus Rufin

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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