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„Intelligente Bergregionen“

Südtirol und das Trentino haben am Mittwoch offiziell für Italien den Vorsitz der Europäischen Strategie für die Makroregion Alpen (Eusalp) übernommen.

Die 2015 ins Leben gerufene Eusalp will den Alpenraum als attraktive, wettbewerbsfähige und grüne Region im Herzen Europas stärken. Die Strategie verbindet sieben Staaten und 48 Regionen. Die offizielle Vorsitzübergabe von Frankreich an die beiden Länder Südtirol und das Trentino erfolgte heute (26. Jänner) im Rahmen einer Auftaktveranstaltung in der Messe Bozen. 

Landeshauptmann Arno Kompatscher, der die Teilnehmenden „in Südtirol, im Herzen der Alpen, und nunmehr im Herzen der Eusalp“ willkommen hieß, unterstrich in seiner Eröffnungsrede, dass man gerade im hochsensiblen Alpenraum „nur gemeinsam und im Miteinander den Herausforderungen der Zukunft begegnen“ könne.

Die Eusalp etabliere sich immer mehr zu einem soliden Instrument der grenzenüberwindenden Zusammenarbeit in den Alpen. Kompatscher informierte über das Ziel, des italienischen Eusalp-Vorsitzes 2022, den Alpenraum langfristig zur ersten kohlenstoffneutralen Makroregion in Europa zu machen, die im Einklang mit den EU-Klimaschutzmaßnahmen und dem europäischen Green Deal.

Kernthemen: Klimawandel und Klimaschutz

Klimawandel und Klimaschutz werden auch ein Kernthema unserer Präsidentschaft sein“, sagte der Landeshauptmann, „die Südtiroler Klimahaus-Agentur leitet innerhalb der Eusalp die AG 9 Energie und unsere Vision ist klar: Fördern wir die Energieeffizienz und die Energiewende, ebnen wir den Weg hin zur alpenweiten Vision einer CO2-neutralen Makroregion.“ Kompatscher plädierte für eine stärkere Einbindung der Gemeinden in die Entscheidungsprozesse, da diese in essenziellen Bereichen wie der Energieeffizienz, der Gebäudesanierungen oder der Raumplanung eine tragende Säule seien.

Als weitere große Anliegen bezeichnete Südtirols Landeshauptmann den nachhaltigen Tourismus und Verkehr, die Zusammenarbeit im Bereich Zivilschutz und Naturgefahrenmanagement, die Raumplanung und die multifunktionalen Wälder. Im Sinne der politischen Eusalp-Absichtserklärung aus dem Vorjahr solle „der Schienenverkehr insbesondere auf mittleren und langen Strecken das Rückgrat eines effizienteren, multimodalen und vernetzten nachhaltigen Verkehrssystems bilden“.

Für das Trentino, erklärte im Anschluss Landesrat Mirko Bisesti, sei es eine Ehre, einen Beitrag zur italienischen Eusalp-Präsidentschaft 2022 zu leisten. Er bezeichnete die Präsidentschaft als wichtige Gelegenheit, um „den großen globalen Veränderungen, die eine nachhaltige Entwicklung unserer Gebiete beeinträchtigen, mit gemeinsamen Lösungen zu begegnen“.  

Besonders in den Mittelpunkt sollen 2022 die jungen Menschen gestellt werden: „Junge Menschen sollen Hauptdarstellende sein“, betonte Bisesti, „wenn es darum geht, das Entwicklungsmodell der Alpenregionen zu entwerfen. Wir wollen uns auf ihre Fähigkeiten stützen, um die ökologische und technologische Transformation zu lenken, neue Lebens-, Arbeits- und Produktionsformen zu entwickeln und die Kluft zwischen Zentren und Peripherien, zwischen Städten und ländlichem Raum zu überbrücken. Dazu ist es notwendig, den Zugang zu Dienstleistungen und sanften Mobilitätsformen zu verbessern, ein Netz ‚intelligenter‘ Bergregionen zu schaffen sowie Innovation und eine umfassende Digitalisierung zu fördern.“

Die Kommissarin für Regionalpolitik, Elisa Ferreira, rief in ihrer Videobotschaft die Alpenregionen auf, gemeinsam den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, die in den Bergregionen besonders spürbar seien, Dabei verwies die Kommissarin auf die verschiedenen europäischen Wege zur Stärkung der Kohäsionspolitik. 

Präsidentschaftsrad als Symbol der Traditionen und der Bewegung in den Alpen

Über die zwei Jahre französischer Eusalp-Vorsitz berichtete der französische Staatssekretär für ländliche Angelegenheiten, Joël Giraud. „Die Alpenländer bilden eine Familie“, erklärte Giraud.

Es sei wichtig, dass die Alpenländer mit einer Stimme sprechen, um in Brüssel gehört zu werden. Eusalp mache dieses Zusammenwirken der unterschiedlichen Regionen im Alpenbogen möglich. Giraud übergab im Rahmen der Veranstaltung das Präsidentschaftsrad, ein slowenisches Rad als Symbol der Alpentradition, an die neue Präsidentschaft, an Landeshauptmann Kompatscher und Landesrat Bisesti.

Außenminister Luigi Di Maio bedankte sich in seiner Videobotschaft bei den Landeshauptleuten von Südtirol und dem Trentino dafür, dass sie „in kürzester Zeit ihr Präsidentschaftsprogramm erarbeitet haben“ und erklärte, Italien bereite sich darauf vor, einen konkreten Beitrag zur Zusammenarbeit im Alpenraum zu leisten.

Als Prioritäten der italienischen Präsidentschaft zählte der italienische Außenminister vier Punkte auf: Erstens gelte es, die Governance der Strategie für die Makroregion Alpen zu verbessern, um die Handlungsfähigkeit der Eusalp zu stärken. Zweitens sei inhaltlich die Bekämpfung des Klimawandels gerade im besonders sensiblen Alpenraum in den Vordergrund zu stellen.

Drittens sollen junge Menschen in die Gestaltungsprozesse der Eusalp eingebunden werden, und viertens gelte es, die Möglichkeiten zu nutzen, die sich durch die EU-Programmierung  2021-27 und durch die Verbindung mit der staatlichen Konjunktur- und Resilienzplänen ergeben, um die Prioritäten der Strategie umzusetzen. Nizza und Mailand sollen nach den Worten Di Maios Standorte der Strategie werden. 

Infrastrukturminister Enrico Giovannini dankte in einer Livezuschaltung den Landeshauptleuten Kompatscher und Fugatti für die Übernahme der Präsidentschaft und verwies darauf, dass es gemeinsames Anliegen Europas, der Eusalp und seines Ministeriums sei, eine sanfte und nachhaltige Mobilität und den Ausbau der Schiene sowie des Brennerkorridors voranzutreiben. 

Reinhold Messner fordert Einschränkung des Individualverkehrs

In seiner Rede „Die Alpen in Europa“ ging Reinhold Messner auf die Geschichte und die vielfältige Bedeutung der Alpen, als Lebensraum, als Wirtschaftsraum, als touristisches Ziel und als Sportarena ein. Er gab zu bedenken, dass der Alpenbogen nicht nur aus Bergen bestehe, sondern auch Städte umfasse, die ihrerseits die Berge belasteten.

Er zeigte die Abwanderung aus ländlichen Gebieten in die Städte als Gefahr auf und forderte den Schutz der Landschaft, auch durch das Verbot einer individuellen PKW-Nutzung durch Touristen. Zudem brach Messner eine Lanze für die Berglandwirtschaft und unterstrich dabei nicht nur deren landschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung sondern auch ihren kulturellen Wert. 

Einblick in die Arbeit der neun Eusalp-Action-Groups gab der Leiter der AG 5 und Direktor der Schweizer Arbeitsgemeinschaft der Bergregionen SAB, Thomas Egger.

Prominente Eusalp-Vertretende am „Runden Tisch“

Zum Abschluss diskutierten am Runden Tisch politische Vertretende der Eusalp: Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter hob die Wichtigkeit der jungen Generation und des Klimaschutzes hervor: „Wir sind in den alpinen Regionen mit großen Herausforderungen konfrontiert, deshalb ist es wichtig, dass gerade im Europäischen Jahr der Jugend neue, zukunftsorientierte Ideen und Visionen von der Jugend in die Eusalp eingebracht werden. Die Schwerpunkte Klima- und Naturschutz, nachhaltige Mobilität, Innovation und Forschung werden wir auch in der diesjährigen Tiroler Arge-Alp-Präsidentschaft vorantreiben. Wir müssen den Regionen auf allen Ebenen eine starke Stimme geben und uns einheitlich gegenüber unseren Regierungen und der EU präsentieren.“

Die Vertreterin des Eusalp-Jugendrates aus Südtirol, Ira Carabetchi, sprach über die Erwartungen an Eusalp und die Beteiligung des Jugendrates und die notwendigen Voraussetzungen, damit junge Menschen im Alpenraum bleiben. Anwesend waren zudem der für Umwelt und Klima zuständige lombardische Regionalassessor Raffaele Cattaneo und die Regionalassessorin für Finanzen in der Region Friaul-Julisch Venetien, Barbara Zilli.

Der Südtiroler EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann schilderte die Wahrnehmung der Eusalp im Europäischen Parlament und sprach über die Umsetzung der Eusalp-Themen auf EU-Ebene. 

Die ebenfalls online zugeschaltete bayrische Ministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, Melanie Huml, unterstrich den Mehrwert von Eusalp und Donauraumstrategie und nahm die Koordination der Finanzmittel in den Blick. Der ebenfalls online zugeschaltete Delegierte für die Bergtäler und Mitglied des Regionalrats Auvergne-Rhone Alpes, Maurice Pannekoucke, zeigte die Erfolge und Hindernisse der Eusalp-Präsidentschaft auf und wies auf die Prioritäten hin, denen sich die Strategie widmen sollte. 

Südtirols Landesrat für Energie und Umwelt Giuliano Vettorato sagte am Rande der Veranstaltung, er freue sich, dass in Südtirol die Klimahaus-Agentur die organisatorische und programmatische Verantwortung für die Eusalp-Präsidentschaft übernimmt: „Dank ihrer über viele Jahre aufgebauten Kompetenz bin ich überzeugt, dass wir in diesem Jahr der gemeinsamen Eusalp-Präsidentschaft Südtirols und des Trentino besonders in den Bereichen Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit mit konkreten Projekten neue Akzente für den Alpenraum setzen können.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (1)

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  • treter

    Würde mal sagen sehr viel „bla bla bla“ von Seiten der Politiker aus Südtirol in dieser Presseaussendung zum „Eusalp“-Vorsitz!
    So sagt z.B. Landeshauptmann Kompatscher: „Klimawandel und Klimaschutz werden auch ein Kernthema unserer Präsidentschaft sein“. Erlaube mir den Landeshauptmann zu fragen, wieso er dann im Frühjahr 2020 im Landtag gegen einen Beschlussantrag zur Rettung des Brixner Auwaldes gestimmt hat?
    Sicherlich weiß auch Herr Arno Kompatscher dass Wälder gigantische CO2 Speicher sind und daher im Kampf gegen den Klimawandel von enormer Bedeutung sind! Fazit: „tra il dire e il fare si alza il
    mare“! Der Brixner Auwald soll bekanntlich einem 3D-BETON-Drucker Industriegebäude der Firma Progress weichen!
    Weiters kommt in dieser Eusalp-Presseaussendung auch Reinhold Messner zu Wort. Dieser fordert den Schutz der Landschaft, auch durch das Verbot einer individuellen PKW-Nutzung durch Touristen.
    Frage: wie passt das damit zusammen, dass Herr Messner ein Befürworter der Straße auf die Antersasc Alm ist mit der Begründung: bis 2000 Meter hinauf ist alles erlaubt, darüber ist aber Schluss!
    Da kann ich nur sagen: „Schuster bleib bei deinem Leisten“. Danke im Voraus!!

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