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„Mir fehlt dieses Gefühl der Freiheit“

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Wie gehen Jugendliche mit der aktuellen Situation um? Was fehlt ihnen am meisten? Und sehnen sie sich danach, wieder in die Schule zu dürfen? Sieben Jugendliche erzählen.

Leon (16)

Ich komme mit dem Fernunterricht sehr gut zurecht. Ich bin sogar der Meinung, dass der Fernunterricht ein Konzept ist, das Zukunft hat.

Man kann in der Früh länger schlafen und ich kann mir alles selbst einteilen. Ich habe dadurch auch viel mehr Freiheiten. Was ich sonst in fünf Stunden in der Schule machen würde, habe ich jetzt in einer Stunde zu Hause erledigt. Und ich muss jetzt nur mehr an drei oder vier Tagen etwas für die Schule tun. Wenn es nach mir geht, könnte der Fernunterricht auch weiterhin bestehen bleiben.

Was den Sommer angeht, habe ich bereits Pläne: Ich werde mit meiner Familie in den Urlaub fahren und arbeiten. Normalerweise arbeite ich den Sommer über als Kellner, doch das wird vermutlich ins Wasser fallen. Ich werde wohl Äpfel pflücken gehen.

Wenn ich an die letzten Wochen und Monate denke, kann ich gut verstehen, warum wir nicht das Haus verlassen durften und warum es so strenge Regeln gab. Es war natürlich unangenehm, aber wir mussten die alten Menschen schützen. Mir kommt nur mittlerweile vor, dass es viele mit der neu gewonnenen Freiheit übertreiben. Wenn man in Meran oder in Bozen durch die Stadt geht, schaut es so aus, als wäre gar nichts vorgefallen. Ich weiß, dass das jedem seine Sache ist, aber sollte eine zweite Welle kommen, weiß ich nicht, was passieren wird.

Dominik (14)

Ich wünsche mir von der Schule, dass sie weniger Hausaufgaben aufgeben. In dieser Situation braucht es nicht sieben Mal mehr Hausaufgaben als üblich. Dann würde ich mir wünschen, dass die Menschen disziplinierter sind. Phase 2 heißt nicht, dass man jetzt ohne Maske herumgehen kann, als wäre nichts passiert.

Belastend war für mich immer zu hören, wie viele Menschen an Corona gestorben sind. Am Anfang war immer von Nummern die Rede, doch dann hat man verstanden, dass dahinter Menschen stecken. Menschen, die eine Familie, die Kinder haben. Weil ich jetzt mehr Freizeit habe, helfe ich älteren Menschen, die nicht aus dem Haus können.

Maya (13)

Ich wünsche mir sehr, dass die Schule im Herbst wieder anfängt. Vor allem auch, weil ich dann in eine neue Schule komme. Ich hoffe, dass dann wieder der normale Alltag beginnt, nachdem wir so lange zu Hause waren.

Am meisten fehlt mir der soziale Kontakt mit meinen Freundinnen. Man kann sich jetzt nicht mehr umarmen, auf die Wange küssen und enger beieinandersitzen. Das hat sich total verändert. Auch die Routine fehlt mir. Dadurch, dass man in der Früh nicht mehr aufstehen braucht, schläft man automatisch länger. Das ist dann auch nicht so gut, weil man dann nicht mehr so produktiv ist.

Mein größter Wunsch ist, dass bald ein Impfstoff gefunden wird und wir so schnell wie möglich wieder unser normales Leben führen können.

Matthias (21)

Ich finde im Moment keine Arbeit. Eigentlich hätte ich Anfang März als Barkeeper in der Schweiz beginnen sollen, doch wegen Corona ist das ins Wasser gefallen. Sie haben mir abgesagt. Jetzt muss ich schauen, wie es weitergeht. Ich bin aber guter Dinge, dass ich bald wieder in die Schweiz kann und einen Job finde.

Was ich aber wirklich hoffe ist, dass die Maskenpflicht nicht allzu lange bestehen bleibt. Einerseits verstehe ich natürlich, dass dies notwendig ist, andererseits merke ich aber, dass die Maske, aber auch das Abstand halten die Menschen verändert hat. Das Zwischenmenschliche hat einen Schaden erlitten. Viele haben nach wie vor Angst, sind distanziert und schauen einem nicht mal mehr in die Augen. Das finde ich sehr schade. Auch das Vertrauen in die Pharmaindustrie und in den Staat ist bei vielen jungen Menschen verloren gegangen. Das merke ich jedes Mal, wenn ich mit Menschen in meinem Alter spreche.

Johanna (18)

Für die Jugend ist es derzeit sicherlich schwierig. Man kann sich nicht mehr wie gewohnt mit Freunden treffen, nicht mehr ausgehen, und auch Sport und Hobbys betreiben ist derzeit schwierig.

Dieses Gefühl der ultimativen Freiheit fehlt mir momentan. Und auch wenn ich mich mit Freundinnen treffe, ist es nach wie vor komisch. Man umarmt sich nicht mehr, hält ständig Abstand, man weiß nicht wirklich wie man damit umgehen soll. Auch der Mundschutz schränkt einem ein. Gerade jetzt wo es so warm ist, ist es schon eine Herausforderung, den Mundschutz längere Zeit zu tragen. Man schwitzt darunter und es ist sehr unangenehm. Erst vor kurzem bin ich mit dem Bus gefahren und da war es sehr stickig und heiß, mit dem Mundschutz habe ich nur schwer Luft bekommen.

Ich hoffe, dass im Herbst wieder die Schule losgeht und ein Stück weit Normalität zurückkehrt. Denn zu Hause fällt es einfach schwer, sich zu konzentrieren und zu motivieren. Man hat ja nicht so fixe Zeiten und es braucht dann sehr viel Selbstdisziplin.

Sophia (17)

Ich musste wegen Corona mein Auslandsjahr in Großbritannien früher als geplant beenden. Das war natürlich erstmals ein Schock, weil das alles so abrupt kam. Man konnte sich nicht wirklich darauf vorbereiten, sich verabschieden. Es war ein komisches Gefühl zu sagen, das war es jetzt. Ich war dann aber froh, dass mit der Rückreise alles geklappt hat.

Seitdem versuche ich das Beste aus der Situation zu machen. Ich habe während des Lockdown gelernt, Gitarre zu spielen und habe viele Bücher gelesen. Was mir aber momentan fehlt ist etwas zu erleben. Dazu gehört auch das Ausgehen. Es wäre toll, einfach mal in eine Disco zu gehen und mit den Freundinnen zu tanzen. Ich hoffe, dass das bald wieder möglich sein wird. Eine Maskenpflicht einzuführen halte ich in Discos aber für keine gute Idee. Es wäre damit nicht mehr möglich, sich zu unterhalten, beim Tanzen würde man kaum Luft bekommen und auch das Ausgehgefühl würde zerstört werden. Ich glaube, da würde auch niemand mehr in eine Disco gehen.

Fabian (14)

Normalerweise sind meine Tage total durchgeplant, durch den Lockdown hat sich das total geändert. Ich konnte etwas zur Ruhe kommen, hatte mehr Zeit für mich selbst. Insofern war die Zeit daheim nicht ganz so negativ für mich.

Was mir während der Zeit aber am meisten gefehlt hat, ist das „Jux“. Das Jugendzentrum in Lana ist ein ganz großer Teil von meinem Leben. Ich bin aber froh, dass es jetzt wieder geöffnet hat. Ansonsten vermisse ich nach wie vor meine Großeltern und meine Tante, die ich noch nicht sehen kann.

Umfrage: Eva Maria Gapp

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