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Die Inflations-Gefahr

Ökonomen warnen vor starken Preissteigerungen im Zuge der Corona-Krise. Mehrere Dinge sprechen dafür. Für WIFO-Direktor Georg Lun ist das Risiko in den nächsten ein bis zwei Jahren allerdings gering.

von Heinrich Schwarz

Ökonomen warnen, dass es im Zuge der Coronavirus-Krise langfristig zu einer hohen Inflation kommen könnte, sprich zu einem starken Anstieg des Preisniveaus. Es gibt gleich mehrere Gründe, die für steigende Verbraucherpreise sprechen.

Einer davon ist die derzeitige Geldschwemme der Zentralbanken und Staaten. Unter anderem pumpt die Europäische Zentralbank hunderte Milliarden Euro in die Märkte, um die Wirtschaft mit neuem Geld wieder anzukurbeln. Auch die einzelnen europäischen Staaten haben milliardenschwere Hilfsprogramme aufgesetzt und lassen Gelder zu den Unternehmen und Bürgern fließen.

Die Geldflut der EZB findet zwar bereits seit der letzten Finanzkrise statt, doch die Inflation hat seither nur bedingt angezogen. Jetzt kommen aber einige Faktoren hinzu, die zu einer gänzlich neuen Situation führen.

So etwa die Tatsache, dass das Coronavirus sowohl für einen Nachfrage-, als auch für einen Angebots-Schock sorgte. Während in der Finanzkrise hauptsächlich die Nachfrage einbrach (die Menschen kauften weniger), ist in der Corona-Krise auch das Angebot an Waren und Dienstleistungen eingebrochen, weil Betriebe schließen mussten und nichts oder weniger produzieren konnten.

Falls die Nachfrage wieder steigt, könnte aufgrund der Geldflut von Zentralbanken und Staaten eine höhere Geldmenge auf eine begrenzte Anzahl von Waren und Dienstleistungen treffen. Die Folge: Inflation.

Zu sehen ist das aktuell bereits bei bestimmtem Gemüse. Es wurde in den letzten Monaten deutlich teurer, weil die Erntemengen aufgrund fehlender Saisonarbeiter sanken, aber die Verbraucher dennoch reichlich Gemüse einkauften.

Weitere Gründe, die langfristig für eine höhere Inflation sprechen: Viele Staaten wollen nach den Corona-Erfahrungen weniger von Billigproduktionsländern abhängig sein und mehr lokal produzieren, um Engpässe künftig zu vermeiden. Eine solche „Deglobalisierung“ würde zu höheren Kosten führen, die an die Verbraucher weitergegeben werden.

Und: Natürlich werden auch die zusätzlichen Kosten für die Einhaltung der Sicherheitsauflagen (wie Masken, Desinfektion, Umstrukturierungen) an die Kunden weitergegeben, wenn die Unternehmen keine rote Zahlen schreiben wollen.

Georg Lun, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes der Handelskammer Bozen (WIFO), sagt: „Die genannten Punkte stimmen alle, allerdings hängt Inflation davon ab, ob überhaupt Nachfrage da ist. Wenn die Wirtschaft nicht oder nur langsam anspringt, wird auch die Inflation nicht steigen. Oder anders gesagt: Wenn die Menschen nicht kaufen, kann ein Unternehmen die Preise nicht erhöhen.“

Als aktuelles Beispiel nennt Lun den Tourismus, wo derzeit eher eine Deflation im Raum steht. „Wenn aufgrund der verschiedensten Schwierigkeiten nur wenige Gäste kommen können, wird es einen Preisdruck geben, weshalb die Hoteliers die Preise eher senken müssen“, so Lun. Eine Deflation kann eine gefährliche Abwärtsspirale für die Wirtschaft in Gang setzen.

Das Fazit des WIFO-Direktors: „Wenn es gleichzeitig zur Geldschwemme einen Aufschwung und eine große Nachfrage der Konsumenten gibt, dann besteht die Gefahr einer starken Inflation. Aber solange die Wirtschaft nicht anspringt und wenig Nachfrage da ist, sehe ich das Risiko nicht so groß. Langfristig schon, aber in den nächsten ein bis zwei Jahren nicht. Für eine stärkere Inflation auf langfristige Sicht spricht auch, dass sich die Staaten derzeit enorm verschulden müssen. Auch in Vergangenheit wurden über Inflation die Schulden abgebaut.“

Kurz- und mittelfristig ist laut Georg Lun nur in einzelnen Bereichen mit Preissteigerungen zu rechnen. Preissenkungen in anderen Bereichen würden das wieder ausgleichen.

Höhere Preise könne es etwa bei Lebensmitteln geben, weil die Nachfrage der Konsumenten weiter vorhanden ist. Oder bei Friseuren, die ebenfalls gebraucht werden, aber Mehrausgaben aufgrund der Schutzausrüstung haben und nicht so effizient wie gewohnt arbeiten können. „Es gibt viele Bereiche, wo die Kosten jetzt steigen, weil es komplizierter wird, die Leistungen zu erbringen. Dass das aber auf die Inflation insgesamt umschlägt, bezweifle ich kurzfristig“, meint Lun.

Für einen Gegentrend sorgt unter anderem der niedrige Ölpreis, der auf viele Wirtschaftssektoren entsprechende Auswirkungen hat. So sind etwa die Treibstoffpreise stark gesunken.

„Generell drückt die niedrige Nachfrage in den meisten Bereichen den Preis: Die Unternehmen können nicht mehr verlangen, weil sie eh schon wenig verkaufen“, erläutert Georg Lun.

Was bedeutet die aktuelle Situation für die Sparer?

„Die Zinsen sind schon seit Jahren praktisch auf Null. Und die jetzigen Maßnahmen von der EZB und der Politik haben das Ziel, möglichst zu verhindern, dass die Zinsen steigen, da diese sonst die Haushalte von hochverschuldeten Staaten wie Italien sprengen. Jetzt ist sicher nicht die richtige Zeit, etwas auf Seite zu tun, um auf Zinsen zu hoffen“, meint Lun.

Der Wirtschaftsforscher betont gleichzeitig: „Das größere Problem ist derzeit die Gefahr, dass viele Menschen arbeitslos werden und schauen müssen, ihr tägliches Leben finanzieren zu können. Wie andere Beobachter gehe auch ich davon aus, dass es in den nächsten Monaten eine höhere Arbeitslosigkeit geben wird und die Betroffenen mit deutlich weniger Geld auskommen werden müssen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • leser

    Es ist schön den lun bei seinen Berichten zu folgen
    Die sind so leer von aussagen wie ein Wetterbericht
    Die Aussichten für morgen
    Heiter bis bewölkt mit Niederschlägen und starken Böen
    Ja da ist alles drinnen und man hat nichts falsch gesagt
    Er kann sich glücklich schätzen so einen Job zu haben
    Eben krisensicher

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