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„Dann können wir uns abschaffen“

Am Rechnungshof läuft ein Verfahren gegen die Gemeindeverwalter von St. Lorenzen: Sie sollen 28.000 Euro zahlen. Dahinter steckt die Frage, was Politiker tun müssen oder tun dürfen.

von Silke Hinterwaldner

Wenn es darum geht, Standpunkte zu vertreten, nimmt sich Martin Außerdorfer kein Blatt vor den Mund. „Sollten wir das nicht mehr dürfen“, sagt der Bürgermeister von St. Lorenzen, „dann können wir uns gleich abschaffen. Deshalb werden wir diese Frage jetzt ausstreiten.“

Worum geht es: Vor vielen Jahren hatte die Staatsanwaltschaft eine Eingabe zu prüfen, in der der Gemeinde vorgeworfen wurde, eine Baufirma aus dem Ort zu bevorteilen. Die Staatsanwaltschaft legte diese Angelegenheit vor sieben Jahren zu den Akten, aber wenig später schaltete sich der Rechnungshof ein. 2016 musste man im Rathaus von St. Lorenzen sämtliche Rechnungen heraussuchen, bei denen es um Aufträge an das Bauunternehmen Huber & Feichter ging. Dabei ist in den vergangenen Jahren einiges zusammengekommen.

Immerhin: die öffentliche Verwaltung ruft das lokale Unternehmen immer dann, wenn Not am Mann ist: Sobald  ein Unwetter eine  Straße verlegt, wenn der Gemeindearbeiter fachliche Unterstützung oder eine Maschine braucht oder wenn schnell etwas zu erledigen ist, das den Einsatz von schwerem Gerät erfordert. So ist in den Amtsperioden von Vorgänger Helmuth Gräber und von Bürgermeister Martin Ausserhofer eine stattliche Summe von Ausgaben über 280.000 Euro zusammengekommen.

Für den Rechnungshof scheint eine solche Vorgehensweise untragbar. Man müsse Ausschreibungen machen, man müsse mehrere Angebote einholen, man müsse das Einsparungspotential in jedem Fall ausloten – so die Forderung der Staatsanwaltschaft am Rechnungshof.

Bürgermeister Außerdorfer kann nur den Kopf schütteln, wenn er diese Vorwürfe zu hören bekommt. „Da haben wohl einige Leute ganz und ganz keine Ahnung, wie eine öffentliche Verwaltung funktioniert.“ Und er macht ein Beispiel: Wenn mitten in der Nacht ein Sturm die Straße im Ort verlegt, muss sofort Hilfe angefordert werden. Schließlich könne noch größerer Schaden entstehen, wenn man zu lange abwarte. Und vor allem müsse ein Bürgermeister froh sein, sagt Ausserdorfer, wenn sich mitten in der Nacht ein Unternehmen findet, das bereit ist, sofort auszurücken. „Da bleibt keine Zeit für eine Marktanalyse oder um bei drei Baufirmen Angebote einholen zu können“, so der Bürgermeister. Er ist überzeugt davon, dass durch das schnelle Eingreifen oft Schlimmeres verhindert werden kann.

„Wenn das nicht mehr erlaubt sein sollte“, sagt Ausserdorfer, „wird die öffentliche Verwaltung zusammenbrechen. Deshalb sehe ich dem Termin am 18. April mit ruhigem Gewissen entgegen.“ Der Staatsanwalt am Rechnungshof hat im Vorfeld bereits erklärt, dass sich jetzt nicht mehr aufschlüsseln lässt, wie viel hätte gespart werden können und möchte den Gemeindeverwaltern deshalb pauschal zehn Prozent in Rechnung stellen. Das heißt:  Die Bürgermeister Helmuth Gräber und Martin Ausserdorfer sowie die Referenten Luise Eppacher, Herbert Ferdigg, Paula Guggenberg, Heidrun Hellweger und Alois Pallua sollen gemeinsam 28.000 Euro bezahlen. Sie aber haben sich einen Anwalt genommen und werden sich gegen diese Vorwürfe wehren. „Schließlich“, sagt Ausserdorfer, „bin ich überzeugt davon, dass wir uns dafür einsetzen sollten, mit Hausverstand arbeiten zu dürfen.“ Und: „Oft geht es darum, schnelle Hilfe zu leisten: Wenn ein Bürgermeister das nicht macht, kann man ihm Fahrlässigkeit vorwerfen.“ Sobald es allerdings darum geht, Aufträge von langer Hand zu planen, greift selbstverständlich auch in St. Lorenzen das Rotationsprinzip, sodass unterschiedliche Unternehmen zu Zug kommen. Oder man holt Angebote ein, schließlich ist es im Interesse der Gemeinde auch zu sparen, wo es geht.

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