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Heidi auf dem Sofa

Sexpuppe Heidi

Sie sind aus speziellem Silikon und total gefühlsecht, sie stöhnen und lassen sich auf Körpertemperatur erhitzen: Die Sexpuppen der neuesten Generation erobern jetzt auch Südtirol. Warum (manche) Männer lieber mit Puppen als mit echten Frauen schlafen.

von Artur Oberhofer

Sie heißen Angel oder Heidi. Sinnlicher Mund. Durchdringender Blick. Wohlgeformte Brüste, Wespentaille. Knackiger Hintern.

Sie stöhnen, wenn man sie am Busen berührt. Oder wenn man ihre Vagina streichelt.

Angel und Heidi sind Sexpuppen. Oder Liebespuppen. Sie haben ein bewegliches PVC-Skelett mit Stahlgelenken und Silikonfleisch. Und drei Körperöffnungen. Man kann sie sogar auf Körpertemperatur aufheizen. „Sexpuppen sind momentan der totale Hype“, weiß Martin Pöhl, der Geschäftsführer von Beate Uhse Italia.

Immer mehr Menschen finden Sex mit Puppen reiz- und genussvoller als mit einer Frau, die lebt und atmet.

In Japan erfunden, ist das Phänomen Sexpuppe zuerst auf die USA übergeschwappt. Und jetzt erobern die Puppen, die unglaublich realistisch aussehen, China und Europa. Und Südtirol.

Allein die Chinesen werden – laut dem Marktforschungsinstitut JD.com – im Jahr 2020 neun Milliarden US-Dollar für Sexprodukte ausgeben. Martin Pöhl von Beate Uhse Italia, der die ersten Sexpuppen in Südtirol bereits verkauft hat, ist davon überzeugt, dass die Liebespuppen irgendwann wie Roboter mit künstlicher Intelligenz funktionieren werden.

TAGESZEITUNG Online: Herr Pöhl, warum schlafen manche Männer lieber mit leblosen Puppen als mit echten Frauen?

Martin Pöhl: Vielleicht weil sie schüchtern sind, oder weil sie Probleme damit haben, mit Frauen offen über ihre sexuelle Bedürfnisse zu sprechen. Eine Puppe widerspricht nicht. Mit ihr kann man tun, was man will.

Einer der führenden Hersteller von Sexpuppen hat es so formuliert: „Ich mag Frauen sehr, aber ich bin einfach nicht gerne unter Leuten …“

Eben. Eine Puppe gibt einem keinerlei Rückmeldung, weder durch Bewegungen noch durch eine persönliche Bindung. Männer können mit einer Puppe sexuelle Vorlieben ausleben, die die Lebenspartnerin vielleicht nicht teilt.

Früher gab es aufblasbare Puppen. Die Sexpuppen der neuesten Generation …

sind Silikonpuppen mit einem Metallskelett. Ich kann diese Puppen – wie einen normalen Körper – in jede natürliche Haltung bringen. Die Puppe bleibt dann in dieser Haltung, bis man sie nicht bewegt oder dreht. Mir persönlich gefällt es nicht, wenn die Frau sich nicht bewegt, aber mein Gott …

Wie fühlt sich so eine Puppe an?

Die Puppen sind aus einem speziellen Silikon, TPE genannt. Dieser Stoff ist dermatologisch getestet, sehr resistent und gefühlsecht. Wenn Sie mit geschlossenen Augen eine echte Frau und eine Puppe, wenn sie beheizt ist, angreifen, tun Sie sich schwer, den Unterschied zu erkennen.

Stichwort „beheizt“ …

Zu einem Aufpreis gibt es Puppen, die man auf Körpertemperatur aufheizen kann. Das ist aber ein ungeschickter Prozess, weil es drei bis vier Stunden dauert, bis die Puppe warm ist. Ich empfehle dieses Optional nicht. Man kann die Puppe ja vorher in die warme Badewanne legen.

Wie reinigt man die Puppe?

Mit normalem Wasser. Eine Duschbrause bekommt man mitgeliefert. Die Puppe ist wasserdicht, aufpassen muss man nur auf die Lautsprecher im Kopfbereich …

Die Puppe spricht?

Die Puppe hat in ihrer Standardausführung drei Bewegungssensoren: zwei an den Brüsten und eine in der Vagina. Man kann beliebig viele Sensoren dazu bestellen. Wenn man etwa möchte, dass die Puppe stöhnt, wenn man sie an der kleinen Zehe anfasst, dann ist das machbar.

Man kann die Puppe selbst kreieren?

Momentan kann man aus 112 Gesichtern auswählen. Es gibt vier Augenfarben, sieben Hauttöne.

Preislich?

Der Preis hängt von der Größe der Puppe ab. Die kleine Puppe, die 1,25 Meter misst, ist um rund 1.000 Euro zu haben. Die 1,75 Meter große Puppe kostet dann schon 3.000 Euro.

Noch haben Singles, die nach der Arbeit zu ihrer verdammt gut aussehenden Silikondame heimkommen, das Problem, dass die leblose Lady nicht kochen kann. Aber Experten sind sicher: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Sexpuppen mit künstlicher Intelligenz ausgestattet werden. Forscher arbeiten bereits an wahren Sexrobotern, die über einen Chip elektronisch gesteuert werden. Diese Sexpuppen können die menschliche Stimme imitieren, einen Orgasmus bekommen oder Arme und Beine bewegen.

Ein spanischer Ingenieur, Sergi Santos, hat für sich die „perfekte“ Frau erfunden: einen Sexroboter, der sogar „Gefühle“ entwickeln kann.

Santos’ Puppe, die von ihrem Erfinder liebevoll Samantha genannt wird, kann auf körperliche und verbale Reize reagieren. Santos: «Sie reagiert darauf, wie man sie behandelt.»

Samantha ist so programmiert, dass sie auf Streicheleinheiten und Umarmungen besonders gut reagiert. Grobe Berührungen mag sie dagegen nicht

Samantha kann schon jetzt 700 Sätze sprechen und ist in der Lage, bis zu 60.000 weitere Sätze zu lernen.

Kostenpunkt: 8000 Euro.

Sergi Santos ist – wie auch der Südtiroler Sexunternehmer Martin Pöhl – davon überzeugt, dass immer mehr Menschen auf die Dienste von Liebespuppen zurückgreifen werden. Die Puppen dienten den Menschen nicht nur zur Befriedigung von sexuellen Bedürfnissen, sondern ihr Einsatz reduziere die Notwendigkeit, Umgang mit anderen Menschen zu pflegen. Die Menschen würden künftig noch mehr auf das Internet angewiesen sein und darauf, dieses von zu Hause aus nutzen zu können. „Deswegen empfinden viele den Umgang mit echten Menschen als zu stressig und ermüdend“, argumentiert Sergi Santos.

Einer der führenden Hersteller von Sexpuppen, RealDoll-Chef David Mills, hat dieses Phänomen so umschrieben: „Ich mag Frauen sehr, aber ich bin einfach nicht gerne unter Leuten …“

Freilich laufen solche Menschen, die die menschliche Interaktion vermeiden, Gefahr, ihre zwischenmenschlichen Beziehungen zu vernachlässigen.

Und mit der (künstlichen) Intelligenz von Liebespuppen ist es halt so eine Sache. Denn, so gibt Martin Pöhl von Beate Uhse Italia zu bedenken, „wenn eine Puppe mit künstlicher Intelligenz ausgestattet ist, wird sie irgendwann halt auch sagen: ,Heute habe ich Migräne.“ Sagt dies und lacht.

Natürlich gibt es auch Männerpuppen, also Sexpuppen für Frauen.

Die Sex-Kolumnistin von „Vogue“ und „Vice“, Karley Sciortino, klang – nachdem sie Sex mit einer Puppe hatte – euphorisch: Sie habe sich komplett in ihrer Fantasie fallen lassen können. „Ich hatte ganz alleine die Kontrolle über den Akt.“

TAGESZEITUNG Online: Herr Pöhl, es gibt auch Sexpuppen für Frauen?

Martin Pöhl: Sicher. Es gibt Puppen für Frauen, also Männerpuppen. Es gibt Transen. Es gibt dicke, also fettleibige Puppen. Es gibt sogar schwangere Puppen.

Die Nachfrage an Männerpuppen in Südtirol?

Ich habe bislang noch keine Männerpuppe verkauft. Die Damen schauen sich die Puppen zwar interessiert an, Bestellung hatte ich noch keine. Aber das kann auch daran liegen, dass mein chinesischer Lieferant einen asiatischen Mann im Sortiment hat, der nur 1,60 Meter groß und nicht weiß Gott wie bestückt ist. Ein ordentlicher Adonis würde vermutlich besser ankommen.

Und bei den Puppen für Herren?

Da ist momentan die Heidi der absolute Renner. Allein in dieser Woche hatte ich drei Bestellungen. Heidi ist blond mit Zöpfen. Das scheint bei unseren Männern anzukommen.

Noch sind der Besitz und der Gebrauch einer Sexpuppe erheblich stigmatisiert.

Gleichwohl gibt es bereits Bordelle mit Sexpuppen.

Der erste Sexpuppen-Puff eröffnete im vergangenen Jahr in Barcelona. Rund 100 Euro kostet das Schäferstündchen mit der Gummipuppe.

TAGESZEITUNG Online: Herr Pöhl, worauf läuft die Entwicklung bei Sexpuppen hinaus?

Martin Pöhl: „Ich glaube, dass die Entwicklung auf Haushalts-Roboter hinausläuft, die nicht nur putzen usw., sondern die auch einen Zusatzservice anbieten: sie erfüllen auch die sexuellen Wünsche des Hausherrn oder der Hausherrin. Wir sind davon nicht weit entfernt, denn die Japaner basteln bereits an Puppen, die interagieren und die sich selbst bewegen und sprechen. Solche Puppen kosten 30.000 US-Dollar. Auch könnten Sexpuppen Escort-Dienste leisten …

Das wäre?

Ich habe bereits die Anfrage eines Südtiroler Hotels, wo man sich überlegt, so eine Puppe anzuschaffen …

Im Ernst?

Ja, und zwar für Kunden, die alleine reisen und die sich vielleicht lieber mit einer Sexpuppe vergnügen, als sich einen Porno im Fernsehen reinzuziehen.

 

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (10)

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  • morgenstern

    Ich kann mir durchaus vorstellen dass es Männer gibt, die sich in ihren Gedanken verlieren, morgens lieber neben einer Silikonpuppe auf zu wachen, als der „Beißzange“ die sie sich einst angelacht hatten.

  • prof

    Toll diese Puppen, Frauen könnten ihren Partnern eine solche Puppe schenken,denn sollten sie öfters Kopfweh haben, könnten sie einfach sagen,na gea heint zur Puppe dei hot sicher nit Kopfwea.

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