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„Lügenpresse, halt die Fresse“

„Geklaute“ Unterschriften, fehlerhafte Beschlussanträge und eine Abgeordnete in Auszeit: Wie sich die Freiheitlichen Landtagsabgeordneten gegenseitig das Leben schwermachen.

Von Matthias Kofler

Einen Monat vor den Landtagswahlen liegen bei manchen Kandidaten die Nerven blank. Mittlerweile reichen schon vermeintliche Kleinigkeiten aus, um regelrechte Schmutzkübelkampagnen ins Rollen zu bringen. Besonders angespannt ist die Situation innerhalb der Freiheitlichen Landtagsfraktion.

Die Tageszeitung berichtete jüngst über die „besten“ Beschlussanträge, die sich die Oppositionsparteien für die letzte Sitzungswoche aufbehalten haben. Im Artikel wurde auch der Beschlussantrag der Blauen zur „Tarifautonomie“ für Südtirol erwähnt und ein Foto der Abgeordneten Tamara Oberhofer veröffentlicht.

Dieses Bild stieß jedoch der Fraktionssprecherin Ulli Mair dermaßen sauer auf, dass diese unmittelbar mit einer Beschwerdemail auf die Veröffentlichung reagieren musste: „Vielen Dank, dass ihr die Arbeit, die stets andere leisten, der Tamara zuschreibt.“ Die Message: Den Antrag habe ich ganz alleine geschrieben – und nicht die mitunterzeichnende Tamara Oberhofer. Auch auf Facebook machte Ulli Mair ihrem Unmut Luft: „Was soll man sich von einer Zeitung oder von einem Redakteur erwarten, die nicht einmal Abgeordnete unterscheiden können? Das wird ja schließlich nicht mit Absicht gemacht.“ Die Fraktionssprecherin fügte hinzu, dass sie „natürlich drüberstehe, denn letzten Endes geht es ja um die Sache“. Einzig Sigmar Stocker kommentierte den Eintrag: „Lügenpresse, halt die Fresse.“

Die anderen Freiheitlichen Landtagsabgeordneten nehmen den Frontalangriff von Ulli Mair auf Tamara Oberhofer mit Verwunderung zur Kenntnis. Sie glauben, dass Neid dahinterstecke, weil Ulli Mair befürchte, bei den Wahlen Stimmen an die Mitbewerberin abgeben zu müssen.

Auch Tamara Oberhofer will die Kritik, sich medial mit fremden Federn zu schmücken, nicht auf sich sitzen lassen. Sie verweist darauf, dass sich Ulli Mair nach ihrem Rücktritt als Freiheitlichen-Obfrau im Sommer 2014 drei Jahre lang eine Auszeit von der Politik genommen habe. „Sie sagte uns damals, dass sie genug für die Partei getan habe und nun Zeit für sich selbst brauche. Ich habe sie daraufhin oft in den Gesetzgebungskommissionen vertreten müssen, ich habe für Ulli Mair und Pius Leitner im Renten-Skandal den Kopf hingehalten, und ich habe Ulli Mair im Landtag immer dann verteidigt, wenn die anderen Abgeordneten ihre fehlerhaften Beschlussanträge beanstandet haben.“ Als Beispiel nennt Tamara Oberhofer das Wahlgesetz der Freiheitlichen, das die Direktwahl des Landeshauptmanns beinhaltet. Im Ersten Gesetzgebungsausschuss (dem eigentlich Ulli Mair angehörte) sei sie (Tamara Oberhofer) von SVP-Kollegen darauf hingewiesen worden, dass der Entwurf auch eine Frauenquote enthalte – obwohl sich die Blauen doch immer als Kämpfer gegen die Quote zeigten. Die Mitglieder der Kommission stellten schließlich fest, dass Ulli Mair ihren Entwurf größtenteils von Ex-SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger „abgeschrieben“ und mit der Direktwahl des Landeshauptmanns ergänzt hat.

Heftige Kritik an der Vorgehensweise der Fraktionssprecherin kommt auch vom scheidenden Abgeordneten Roland Tinkhauser. Dieser distanzierte sich während einer Wortmeldung im Landtag offiziell vom „Tarifautonomie“-Antrag seiner Fraktion. „Ich habe diesen Antrag im Jahr 2015 unterschrieben, wo er noch Sinn gemacht hat. Mittlerweile ist dieser Antrag aber längst nicht mehr aktuell, weil das Land seitdem eine Reihe von Zusatz-Kollektivverträgen ausverhandelt hat. Ich wundere mich, warum in der neuen Fassung, die hier heute erneut eingereicht wurde, meine Unterschrift aufscheint. Ich hätte diesen Antrag nie unterschrieben und werde deshalb dagegen stimmen.“

Aus der F-Fraktion hieß es weiters, dass Ulli Mair seit Wochen keine Fraktionssitzung mehr einberufen und ausschließlich ihre eigenen Anträge auf die Tagesordnung der letzten Landtagssitzung gesetzt habe.

Harter Tobak.

Sigmar Stocker übernahm im Landtag die Rolle des Verteidigers von Ulli Mair, die an der Sitzung nicht teilnahm. Stocker stellte klar, dass Ulli Mair „keine bösen Absichten“ verfolgt habe. „Ich habe Ulli Mair gerade kontaktiert. Sie hat unser Büro beauftragt, die Unterschriften aller Abgeordneten auf den Ersetzungsantrag hinaufzutun. Wäre nur sie alleine drauf gewesen, dann hätte der Antrag heute nicht behandelt werden könne, da Ulli Mair ja abwesend ist. Das wäre schade, weil es ein guter Antrag ist. Man kann damit sogar in die Zeitung kommen, wie wir bei Tamara Oberhofer gesehen haben.“

Der Antrag zur Tarifautonomie wurde schließlich mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Auch Roland Tinkhauser stimmte mit Nein.
Freund, Feind, Parteifreund …

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