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Die Schul-Flucht

Franzensfeste sucht Lösungen im Migrationsproblem in der Schule: Mehr als 90 Prozent der Kinder sprechen eine andere Erstsprache als Deutsch oder Italienisch. Einige Eltern bringen ihren Nachwuchs deswegen nach Mittewald. 

von Erna Egger 

„Eigentlich ist eine Gemeinde nicht für das Didaktische in den Schulen zuständig“, nimmt Bürgermeister Thomas Klapfer vorweg.

In Franzensfeste sieht man dennoch die dringende Notwendigkeit zu intervenieren.

Der Hintergrund: In den vergangenen Jahren verzeichnete die Gemeinde Franzensfeste einen stetigen Anstieg von Schülern mit Migrationshintergrund und so sprechen mittlerweile mehr als 90 Prozent aller Kinder eine andere Erstsprache als die Landessprachen Deutsch oder Italienisch. „In der italienischen Grundschule sind es sogar 100 Prozent“, schildert der Bürgermeister.

Diese Veränderungen werden besonders in den Bildungseinrichtungen der Gemeinde Franzensfeste sichtbar und stellen pädagogische Fachkräfte und Lehrpersonen vor neue Herausforderungen.

Am 16. März 2018 trafen sich deswegen Lehrpersonen, pädagogische Fachkräfte, Gemeindeverwaltung, Eltern und Vertreter der Bildung und Politik zur Zukunftswerkstatt Franzensfeste und dachten im gemeinsamen Austausch über Lösungen und Unterstützungsmaßnahmen für die Bildungslandschaft der Gemeinde Franzensfeste nach.

Außerschulische Maßnahmen zur Inklusion, der Aufbau eines Netzwerkes und Unterstützungssystems, attraktive Freizeitangebote für alle Kinder der Gemeinde und deren Familien, Kooperationen zwischen Schulen und Kindergärten auch über die Gemeindegrenzen hinaus sowie das Schaffen von Begegnungsräumen sind einige Ergebnisse dieses Treffens.

Diese Maßnahmen wurden auch bei der jüngsten Gemeinderatssitzung diskutiert.

Die Gespräche zu den dafür notwendigen Rahmenbedingungen haben indes begonnen.  Bereits im kommenden Schuljahr könnte in der Gemeinde Franzensfeste dank der koordinierenden Unterstützung durch das Sprachenzentrum ein flankierendes, attraktives, außerschulisches Angebot für Kinder und deren Familien entstehen.

Der hohe Ausländeranteil im Hauptort Franzensfeste hat zur Folge, dass deutschsprachige Eltern ihre Kinder in die Grundschule Mittewald einschreiben, was auch einen Vorteil hat: In der Fraktion Mittewald haben die Schule und der Kindergarten nämlich aufgrund der Geburtenraten mit rückläufigen Schülerzahlen zu kämpfen.

Allein durch die Geburtenzahlen wäre der Schulstandort Mittewald nicht zu halten. Da jedoch schon seit einigen Jahren Familien aus dem Hauptort Franzensfeste ihre Kinder täglich zur Schule nach Mittewald bringen, kann die notwendige Schüleranzahl erreicht werden. Laut Klapfer beträgt dort die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund 50 Prozent. 12 Schüler besuchen im kommenden Schuljahr die einklassige Grundschule. „Der Erhalt der Schulstelle ist ein zentrales Anliegen der Gemeindeverwaltung. Die Schule und der Kindergarten erhalten ein Dorf am Leben“, so der Bürgermeister. Er betont: „Die Schule zeichnet sich durch ein hohes Maß an Individualisierung aus und das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt. Zusammen mit den Schülerinnen und Schülern leisten die Lehrpersonen zu Festen und Feiern der Dorfgemeinschaft regelmäßige Beiträge. Die Grundschule ist fest in das kulturelle Leben der Dorfgemeinschaft Mittewald eingebunden und bietet dadurch auch Schülern anderer kultureller Herkunft die Möglichkeit, das Dorfleben aktiv mitzugestalten.“

Eine Problematik ist jedoch die fehlende Erreichbarkeit der Grundschule durch öffentliche Verkehrsmittel. Deswegen wurde um die Einrichtung eines Schülertransports angesucht.

Der Mensadienst wird künftig täglich von Montag bis Donnerstag zur Verfügung stehen. Es ist ein Angebot, das in der Gemeinde Franzensfeste bisher nicht zur Verfügung stand. „Dies ist ein erster Schritt, um eine moderne, zeitgemäße und familienfreundliche Schule aufzubauen“, unterstreicht Klapfer.

Grundschule und deutschsprachiger Kindergarten befinden sich in einem Haus. „Zwischen den beiden Einrichtungen herrscht eine gute Zusammenarbeit, die den Kindern einen nahtlosen Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ermöglicht“, betont der Bürgermeister. Um den Stundenplan und die Dienstleistungen der Schule noch besser an die familiären Bedürfnisse anzupassen, erfolgt ab dem Schuljahr 2018/2019 eine Angleichung der Öffnungszeiten an jene des Kindergartens.

Der Bürgermeister stellt fest, dass die Kinder gerne zur Schule gehen. „Eine gelebte Willkommenskultur und die Offenheit der interkulturellen Vielfalt gegenüber tragen wesentlich dazu bei, dass Kinder anderer Erstsprachen auch im Laufe des Schuljahres wohlwollend und kompetent in die Schulgemeinschaft aufgenommen werden können“, ist der Bürgermeister überzeugt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (36)

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  • meintag

    Der Schulmeister der SVP wird sich erst der Sache bewusst wenn er selbst Kinder hat. Kann sein dass er dann auswandert

  • andreas

    Ohne die Migranten, müsste die Schule schließen.
    Gut, das ist jetzt etwas kompliziert für die besorgten Bürger.

  • george

    Genau solche, die so denken und tun, wie die meisten in diesen Kommentaren, verursachen diese Situation der Konzentration von Migranten an wenigen möglichst abgelegenen Orten. Ihr wollt ja, dass die Flüchtlinge und fremdländischen Migranten möglichst konzentriert an einem Ort zusammen gezogen werden, wo sonst andere kaum hinwollen. Und dann schimpft ihr darüber und Schuld haben immer andere als ihr.

  • exodus

    Gott sei es gedankt habe ich keine Kinder im Schulalter! Was wird noch alles auf uns zukommen. Nur von politischer Seite kann hier Abhilfe geschafft werden. Leider verhalten sich die zuständigen Personen wie die 3 Affen!!

  • george

    Angstmacher und Hetzer, die meisten jedenfalls, die hier so kommentieren. Italien nicht imstande uns in einem ganzen Jahrhundert zu italianisieren, wieso sollten ein paaar Migranten imstande sein uns zu islamisieren?

  • morgenstern

    Den noch deutschsprachigen Eltern von Franzensfeste kann man nur wärmstens empfehlen im Herbst auch zur Wahl zu gehen.

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