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Pauls Eingabe

Das Land bekommt das Problem mit den Ticket-Entwertern einfach nicht in den Griff – doch der zuständige Landesrat schweigt. Paul Köllensperger wendet sich jetzt an den Rechnungshof.

von Matthias Kofler

In Südtirol treffen immer noch viele Fahrgäste beim Einsteigen in einen Linienbus auf Fahrkartenentwerter, die den Geist aufgegeben haben. Der Busfahrer winkt die Fahrgäste lediglich weiter und begleitet sie mit der Bemerkung: „Der funktioniert nicht“. Manche Busunternehmer decken die defekten blauen Kästen kurzerhand mit einem Müllsack ab. Der vermeintliche Vorteil: Niemand braucht für die Fahrt mit den Öffis etwas zu zahlen bzw. seinen Südtirol-Pass zu entwerten. Das Ausmaß des daraus resultierenden Schadens für die öffentlichen Kassen ist ein Rätsel des Glaubens.

Paul Köllensperger hat bereits drei Landtagsanfragen beim zuständigen Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider (SVP) eingereicht, ohne bislang eine zufriedenstellende Antwort zu erhalten. Alfreider teilte lediglich mit, dass jeder Fahrgast die Pflicht habe ein Ticket zu machen, wenn nötig online.

Der Team-K-Politiker greift angesichts dieser Vogel-Strauß-Politik der Landesregierung zu einer anderen politischen „Waffe“: Er hat eine Eingabe beim Rechnungshof gemacht. „Dann soll der Herr Assessor eben der Finanzwache sagen, wie hoch die Verluste durch die nicht funktionierenden Entwerter für das Land und die STA sind, wenn er es uns nicht sagen will“, erklärt Köllenspeger.

In der Eingabe wird akribisch genau aufgelistet, wie hoch die monatlichen Ausgaben sind, die das deutsche Unternehmen „Scheidth&Bachmann“, das siegreich aus der Ausschreibung des Landes zur Führung des Ticketings-Systems hervorgegangen ist, veranschlagt: beachtliche 422.265 Euro. Der Systemumstieg hätte laut der Eingabe bereits im Mai 2023 abgeschlossen sein sollen, doch davon ist man noch immer weit entfernt. Deshalb wurde gegen das deutsche Unternehmen ein Strafgeld von 194.700 Euro verhängt.

Laut Martin Fill, dem Präsidenten der STA, hält sich der Schaden fürs Land eher in Grenzen. Interne Berechnungen hätten ergeben, dass die Gratis-Fahrten von Fahrgästen, die nicht über ein Abo+ oder einen Südtirolpass verfügen, also den vollen Fahrpreis zahlen müssten, einen eher geringen Anteil ausmachen.

Und es gibt einen anderen finanziellen Faktor zum Entwerter-Problem: Die STA hat der Firma Scheidt&Bachmann – mit Ausnahme von wenigen 100.000 Euro – bisher keine Zahlungen geleistet, obwohl sie dazu vertraglich verpflichtet wäre. Das Geld – mehrere Millionen Euro – wird zurückgehalten, bringt derweil Zinsen ein, die den Großteil der Mindereinahmen durch nicht entwertete Tickets abdecken.

Köllensperger hat einen ganz anderen Vorschlag, wie man die Entwerter funktionsfähig machen kann: „Wir werfen das ganze System weg und lassen die Ansässigen gratis fahren“, so der Oppositionsführer. Die Logik dahinter: 80 Prozent des öffentlichen Personennahverkehrs in Südtirol seien öffentlich finanziert, 20 Prozent durch die Ticketeinnahmen, wobei die EU auch einen Mindestsatz an Ticketeinnahmen vorschreibe. „Also lassen wir die Touristen so viel zahlen, dass diese 20 Prozent hereinkommen“, so Köllensperger. Bei über 8 Millionen Touristen und mehr als 36 Millionen Nächtigungen im Jahr wäre es kein großes Problem, die dazu nötigen 40 bis 50 Mio. Euro einzutreiben. „Man könnte die Touristen ruhig auch ein bisschen mehr zahlen lassen. Dann sparen wir uns Kosten und Aufwand, und die Leute hierzulande hätten endlich einmal auch direkt einen Vorteil vom Tourismus, statt nur teure Wohnungen und überfüllte Öffis“, so Köllensperger.

Das Problem der unbeantworteten Anfragen plagt nicht nur das Team K: Die Grüne Madleine Rohrer wartet seit geraumer Zeit auf die Daten zu den Einnahmen für Tickets aus dem öffentlichen Verkehr. Alfreider teilte mit, dass sein Amt dabei sei, die Daten zusammenzustellen. Das daure jedoch „einige Zeit“. Außerdem entspreche die Grünen-Anfrage „vom Charakter her keiner Aktuellen“, findet der SVP-Politiker. Auch so kann man lästige Probleme hinauszögern. Dabei müsse die Landesregierung aufs Gaspedal drücken, ist Ex-Mobilitätslandesrat Thomas Widmann überzeugt: „Die Übergangszeit bei der Umstellung des Ticketings-Systems ist schon relativ lang. Es gibt viel Unsicherheit, weil die Fahrgäste Angst haben, bestraft zu werden”, weiß der Neo-Oppositionelle.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (19)

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  • opa1950

    Das beweist wieder einmal welchen Chaos die SVP Abgeordneten mit unseren Steuergeldern veranstalten.Allfreider muss ersetzt werden.

  • pingoballino1955

    Herr Alfreider sie sind anscheinend am falschen Platz das haben sie öfters schon bewiesen!!! Mit fadenscheinigen,nichtssagenden Antworten auf seriöse Landtagsanfragen reagieren sie,wie bei der SVP üblich: höchst ARROGANT und das als zuständiger Landesrat??????

  • andreas

    Die deutschte Autobahnmaut wurde, aufgrund der Klage von Österreich, von Brüssel einkassiert, da der Bund den Deutschen diese über die Autosteuer zurückgeben wollte, was aber Diskriminierung von Ausländern gewesen wäre.
    Köllensperger fordert nun, im Widerspruch zur derzeitigen Gesetzeslage, dass Südtiroler gratis fahren sollen.

    Wegen der EU Vorgaben hat das Land die Gratiskarte für Senioren streichen müssen und verlangt nun einen Bagatellbetrag, bei welchem die Eintreibekosten höher als die Einnahmen sind, um die Vorgaben einzuhalten.

    Dieser Vorschlag ist z.B. ein Grund, warum man Köllenspergers Politik nicht wirklich ernst nehmen sollte.

    Und da das Land ja durchaus auf die Unzulänglichkeiten des ausführenden Unternehmens reagiert, versteh ich nicht ganz, was der Messias eigentlich will.

  • pingoballino1955

    Andreas verdrehe bitte nicht die Tatsachen auf primitivste Art und erkundige dich genau was gesagt und gemeint wurde, bevor du in diesem Zusammenhang Worte aus dem Kontext ziehst und nur Blödsinn schreibst um Herrn Köllensperger und dem TK zu schaden! Scheinst dich wohl allerschlaust zu fühlen?????

    • andreas

      „Wir werfen das ganze System weg und lassen die Ansässigen gratis fahren“, so der Oppositionsführer.

      Welchen Teil dieses populistischen Schwachsinns habe ich laut dir denn nicht verstanden?

      Warum kritisiert die Opposition eigentlich nicht die Südtirol Card, welche Touris billig unsere Infrastruktur nutzen lässt, diese Koryphäen der Opposition aber gleichzeitig immer den Overtourismus beklagen?

  • bananajoe

    Eine Rechenaufgabe für alle: Ich entscheide moch morgen mit dem Bus zur Arbeit zu fahren, 1x Hin- und 1x Retourfahrt. Wie hoch ost die Wahrscheinlichkeit, dass alles glatt läuft? ( Bus kommt nicht zu spät, Busse streiken nicht, Bus macht keinen Unfall, Entwerter funkionieren).

  • hallihallo

    36.000.000 nächtigungen bei derzeit 70 cent machen schon mal 25.000.000 aus. also der tourismus zahlt ja anscheinend schon kräftig.
    allerdings sollten in nicht touristischen tälern und fraktionen die busse reduziert werden. denn wo nur 5 einheimische drin sitzen, braucht es wirklich nicht andauernd einen 50 personen bus der herumkurvt.

  • sougeatsnet

    Hier schreiben Leute, welche von Öffis null Ahnung haben. Diese sollten einfach ihre Klappe halten!
    Das Problem bei den Touristen ist, dass sie sich vorwiegend auf einzelne Zeitfenster konzentrieren und da dann zu Überfüllungen führen. Klar, zu anderen Zeiten fahren diese Bus dann leer durch die Gegend.
    Was die Entwerter betrifft muss ich schon sagen, dass zu Gatterers Zeiten diese (meist) gut funktioniert haben. Nun erneuerte man die Hardware, wobei das Entwerten gerade für Touristen teilweise nicht so einfach ist. Das Problem ist aber, dass viele Geräte nicht richtig funktioniern (Hardwareprobleme, Netz, falsche Konfiguration, …). Das Interesse, dies in Ordnung zu bringen scheint nicht all zu groß zu sein. Die von Südtirolmobil gemeldeten Daten können somit niemals auch nur annähernd stimmen. Schlimm finde ich die großteils falschen Ortsdurchsagen in den Bussen. Dies alles hat schon einmal viel besser funktioniert, mein Eindruck ist, man will es nicht in Ordnung bringen!
    Die Berechnung von IDM, dass die Touristen unsere Öffis bezahlen, glaubt hoffentlich niemand. Es stimmt einfach nicht! Wir einfachen Steuerzahlen bezahlen dies (mehr wie 80%)!
    Die hohen Miet, bzw Wohnungspreise verdanken wir auch vorwiegend dem Tourismus. Während man andernorts dem entgegen zu wirken versucht (Ausverkauf der Heimat) gibt es bei uns viele Poliker, welche gerade in diesem Bereich sich eine goldene Nase verdienen. Danke liebe SVP!

    • ich

      Wäre wie in London handzuhaben: Touristenticket kann zu den Stoßzeiten nicht verwendet werden.

    • andreas

      Die Soft- und Hardware musste erneuert werden, da Durnwalder und Widmann in den früheren Verträgen nicht definiert haben, dass das Informatiksystem des Südtirolpass dem Land, welches es bezahlt hat und nicht dem Betreiber SAD gehört.
      Ähnliches Problem wie bei den Bussen, welche die SAD gebraucht verkaufen konnte.

      Dass die Spitzenzeiten das Problem sind und für diese nicht unendlich Ressorucen bereitgestellt werden können, welche dann 95% der Zeit ungebraucht rumstehen, ist jetzt aber keine neue Erkenntnis.

    • hallihallo

      sougeatsnet, während sich die touristenfahrten auf einzelne zeitfenster konzentrieren, fahren die pendler und schüler wohl den ganzen tag ???? bei den einheimischen konzentriert es sich noch mehr.
      interessant wäre zu wissen, wie andere orte dem ausverkauf der heimat entgegenzuwirken. bei und gibt es 100 % konventionierung beim neubau. was gibt es bei den anderen??

  • sellwoll

    „Wir werfen das ganze System weg und lassen die Ansässigen gratis fahren“
    Das wäre Diskriminierung und bestimmt nicht durchzusetzen. Ähnlich dem Beispiel von Söder, der Einheimische von der Maut befreien wollte. Das ist bestimmt nicht durchzusetzen.

  • speedfire100

    Unsere neuen Mitbürger sind ohnehin nicht gewillt das Busticket zu bezahlen. Und was die immer zunehmenden Verkehrsunfälle mit involvierten Linienbussen betrifft würde ich mir diesbezüglich mehr Gedanken machen Herr Landesrat!!

  • placeboeffekt

    Die Firma welche die Geräte Hersteller verkauft diese weltweit
    Das ist keine 2 1/2 Bastlerbude aus dem hintersten Eck in Nirgendwo

    Wäre interessant zu erfahren warum die Geräte hier ausfallen, und in Nairobi- bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit und 38 grad oder in Norwegen bei -20 grad nicht ausfallen

  • schwarzesschaf

    Irgendwas müssen die kölles zu eiern haben, man mus halt die probleme anderer aufzeigen damit man nicht ihre sieht

  • schwarzesschaf

    Ach und herr kölle sie haben noch was vergessen, man könnte ja auch noch ein euro mehr verlangen und diese den armen Bauern unseren Landschaftspflegern unseren Ernähren unseren göttern, ( ausser halt beim Wald der verkommt und wird nicht gepflegt) nehmen wir ein euro mehr damit jeder bauern einen neuen Fendt gestelkt wird mit elektro damit sie nicht die gute luft verpesten denn dafür sind sie ja auch zuständig

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