Du befindest dich hier: Home » Politik » Aufstand der Privaten

Aufstand der Privaten

Foto: 123RF.com

Hohe Personalkosten, teure Geräte und zu niedrige staatliche Leistungstarife: Warum die Rechnung für die konventionierten Südtiroler Privatkliniken nicht (mehr) aufgeht.

von Markus Rufin

Konventionierte Privatkliniken sind bereits seit Jahren ein wichtiger Partner für Südtirols öffentliche Krankenhäuser. Mit ihren Leistungen helfen sie dabei, Wartezeiten abzubauen. Doch aktuell ist die Stimmung bei den Partnern des Südtiroler Sanitätsbetriebes alles andere als gut. Eigentlich sollte mit dem 1. April neue staatliche Tarife angewandt werden. Nach Protesten der konventionierten Kliniken auf nationaler Ebene verschob sich die Einführung der neuen Tarife aber auf das neue Jahr.

Nicht nur auf nationaler Ebene, auch in Südtirol wollen die Privatkliniken mehr Geld und das nicht erst seit Kurzem. „Wir haben bereits im April des vergangenen Jahres beteuert, dass wir mit diesen Tarifen nicht arbeiten können“, berichtet Rupert Waldner, Geschäftsführer der Melittaklinik in Bozen. „Wir würden damit weit über den eigentlichen Kostenpunkt arbeiten. Auf Dauer ist das unmöglich.“

In Südtirol übernehmen die konventionierten Kliniken laut Waldner alleine zwischen 20.000 und 25.000 Rehaleistungen pro Jahr. Das entspricht rund 15 Prozent der Gesamtleistungen in diesem Bereich. Allerdings: Nur vier Prozent (zwischen 40 und 50 Millionen Euro) des Haushalts des Sanitätsbetriebes werden für die Kliniken abgestellt. „Wir sind also drei Mal effizienter als die öffentlichen Krankenhäuser“, rechnet der Geschäftsführer der Melittaklinik vor.

Mit den höheren Tarifen wolle man sich nicht als Klinik bereichern, unterstreicht Waldner. Die konventionierten Partner benötigen speziell in Südtirol schlicht und ergreifend mehr Geld: „Bei einer Reha gehen rund 80 Prozent der Kosten für das Personal drauf. Nachdem wir in Südtirol einen Kollektivvertrag haben, der den Mitarbeitern 30 bis 40 Prozent mehr bezahlt als im restlichen Italien, aber auf Staatsebene die gleichen Tarife ausbezahlt werden, kann man sich ausrechnen, dass es für uns nicht einfach ist.“ So bleibt den Kliniken bei einer Rehaleistung, die eine halbe Stunde dauert, nur 20,80. „Gerade mal so viel wie für einen Haarschnitt beim Herrenfrisör.“

Bei der Mitarbeitersuche stehen die Kliniken nämlich in direkter Konkurrenz mit dem Sanitätsbetrieb. Dort bekomme man aber für dieselbe Arbeit am selben Patienten aber 40 Prozent mehr Gehalt. „Dadurch entsteht eine Zwei-Klassengesellschaft. Allerdings nicht für den Patienten, sondern für die Mitarbeiter“, beschwert sich Waldner.

Besonders bitter dabei sei, dass die Kosten häufig aufgrund der Gesundheitspolitik in Südtirol so hoch seien – ein hausgemachtes Problem also.

Dass die Privatkliniken zu einem wesentlichen Bestandteil des Südtiroler Gesundheitswesens geworden sind, erkennt man auch an den umfassenden Leistungen, die dort konventioniert sind. Neben den Rehaleistungen übernehmen die Kliniken orthopädische Eingriffe, Augenoperationen, sowie Facharztvisiten für diverse Bereiche wie Kardiologie und Dermatologie. Ein großer Teil der Leistungen umfasst aber den Bereich Radiologie. „Ohne uns würde es sicher deutlich längere Wartezeiten geben“, fasst Waldner zusammen.

Dabei sei es auch in dem Interesse der Kliniken die Steuergeldtasche des Landes so gering wie möglich zu belasten. Daher haben diese angeboten, sich zusammenzusetzen, um herauszufinden, welche weiteren Leistungen angeboten werden können, die dem Betrieb dabei helfen, Wartezeiten abzubauen. Denn auch Waldner gibt zu: „Aus diversen Gründen können wir deutlich günstiger sein. Wir haben beispielsweise in der Bürokratie einige Vorteile. Es gibt Bereiche, in denen private Strukturen mit einer guten Konvention viel dazu beitragen kann, das System zu entlasten. Dazu muss diese sich aber sowohl für die öffentliche als auch die private Struktur, vor allem aber für den Patienten auszahlen.“

Momentan sei dies aber bei vielen Leistungen nicht der Fall, wobei es laut Waldner auch einige Ausnahmen gibt: „Je weniger die Leistungen mit Personal zu tun haben, desto besser passen die Tarife des Staates. Ein großes Blutlabor hat viele Geräte und eine überschaubare Anzahl an Mitarbeitern und kann so viele Leistungen anbieten, ohne große Kosten zu haben.“

Bei vielen der konventionierten Leistungen sei es für die Kliniken aber schwierig und werde noch schwieriger, sobald die neuen Tarife in Kraft treten. Das hängt aber nicht immer mit dem Personal zusammen. Deutlich zeigt sich das am Beispiel der Magnetresonanzen. „Häufig werden diese an Privatkliniken ausgelagert, weil die Röntgenabteilungen in den Krankenhäusern um 15.00 Uhr schließen“, weiß Waldner. In den Kliniken wird dagegen bis 19.00 Uhr gearbeitet.

Zwar seien die Anschaffungskosten für diese Geräte nicht mehr so hoch wie vor 15 Jahren – unter anderem ein Grund weshalb die Tarife nun angepasst werden sollen – aber in Südtirol habe man sich Ende der 10er-Jahre dazu entschieden, dass die MRT-Geräte eine Magnetfeldstärke von mindestens 1,5 Tesla haben müssen. Im restlichen Italien kommen unter anderem Geräte mit 0,3 oder 0,4 Tesla zum Einsatz. Das habe zu einer Kostenexplosion geführt, sagt Waldner: „Im Vergleich zum restlichen Italien sind sowohl die Anschaffungs-, Instandhaltung als auch die Stromkosten teurer.“ Es sei deshalb nicht korrekt, dass sich die Kliniken in Südtirol an die staatlichen Tarife halten müssen.

Auch wenn das Land dies anders sieht, glaubt Waldner dass es einige Handlungsspielräume, beispielsweise wie bei dieser Regelung gibt. Er zeigt sich aber auch optimistisch, dass am Ende ein Kompromiss gefunden werden kann und neue Gelder freigemacht werden können.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (12)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen