Das Luxus-Studium
Mit dem Medizinstudiengang in Bozen sollen in erster Linie Südtiroler Studenten angelockt werden. Garantie dafür, dass diese auch zum Zug kommen, gibt es nicht. Hat das Studium in Bozen dann überhaupt noch einen Sinn?
von Markus Rufin
Am Freitag berichtete die TAGESZEITUNG über die Kosten, die für das Land durch die Schaffung des Medizinstudiums in Bozen entstehen. Insgesamt gibt das Land in 15 Jahren über 57 Millionen Euro aus. Das sind bei 60 Studenten etwa 64.000 Euro pro Kopf und pro Jahr.
Im Herbst soll es so weit sein, dann werden Medizinstudenten direkt in Bozen zu Ärzten ausgebildet. Die Landesregierung erhofft sich dadurch zumindest mittelfristig eine Lösung gegen den Ärztemangel. Die Studenten sollen besser an Krankenhäuser in Südtirol gebunden werden, außerdem soll ihnen der Einstieg erleichtert werden.
Doch funktioniert das auch in der Praxis. Die Landtagsabgeordneten des Team K Franz Ploner und Maria Elisabeth Rieder hegen große Zweifel. Sie haben nicht nur eine Anfrage zur genauen Kostenauflistung eingereicht, sondern auch nachgefragt, wie teuer der Studiengang nun für Studenten ist. Die Studiengebühren alleine betragen 18.000 Euro pro Jahr. Das ist viel Geld, allerdings bieten sowohl die Universität Cattolica, mit der das Land die Vereinbarung zur Einrichtung des Studienganges abgeschlossen hat als auch das Land Hilfsleistungen an.
Bei der Cattolica gibt es für Studenten mit niedrigem Einkommen die Möglichkeit, sich für ein Stipendium zu bewerben. Die anfallenden Kosten werden dadurch zumindest teilweise abgedeckt. Hinzu kommt die Förderung des Landes. Studenten, die den Zweisprachigkeitsnachweis auf Niveau B2 besitzen, dürfen dementsprechend um diese Landesförderung ansuchen. Sie ist nicht an das Einkommen gebunden und trägt ebenso zur Tilgung der Studienkosten bei. Im Dreijahreshaushalt sind Gelder für genau 60 Stipendien vorgesehen – also genau so vielen Studienplätzen wie es sie an der Claudiana geben wird.
Doch damit nicht genug. Wie aus der Anfrage des Team K hervorgeht, müssen die Studierenden nämlich die Studiengebühren vorstrecken. Das heißt, will jemand in Bozen Medizin studieren, muss dieser 18.000 Euro auf der hohen Kante haben. Es ist klar, dass das Studium somit zu einer Preisfrage wird.
„Ich selbst stehe mit Kontakt mit einigen Interessierten“, berichtet Rieder. „18.000 Euro kann nicht jeder von ihnen vorstrecken. Sie empfiehlt daher, mit den Studenten eine Vereinbarung zu treffen und ihnen zumindest die Landesförderung bereits vorab zuzugestehen.
Franz Ploner geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt die Notwendigkeit des gesamten Studiengangs in Frage. Das liegt an erster Linie daran, dass es laut Antwort keine Vorzugsschiene für Südtiroler beim Studiengang geben wird. Landesrat Hubert Messner verweist in seiner Antwort auf das geltende EU-Recht. Eine Vorzugsschiene würde gegen dieses verstoßen. In Österreich sei eine solche Vorzugsschiene hingegen sehr wohl durchführbar, meint Rieder.
„Südtirol finanziert das Medizinstudium ohne Sicherheit, dass Südtiroler StudentInnen überhaupt einen Studienplatz erhalten, mit einem enormen finanziellen Aufwand und ohne Garantie, einen sicheren Studienplatz für Südtiroler“, kritisiert Ploner. Bedenke man zudem, dass man trotz Stipendium die 18.000 Euro hohen Studiengebühren vorauszahlen müsse, ist er der Meinung, dass sich ein Student sich unter solchen Bedingungen gleich für ein Studium im nahen Ausland bewerben könne: „Ich frage mich, welchen Luxus das Land sich hier für das Medizinstudium leistet, ohne zu wissen, ohne eine Garantie zu haben, dass die Studienplätze für die Südtiroler Studenten reserviert sind.“
So ganz ohne Garantiemöglichkeit bleibt das Land letzten Endes aber nicht. Sucht ein Student nämlich um die Landesförderung an, so muss dieser auch eine Verpflichtungserklärung unterzeichnen. Damit sichert er zu, dass er in den zehn Jahren nach seiner Facharztausbildung mindestens für vier Jahre in Südtirol tätig sein wird. Ist ein Student aber nicht auf die Förderung angewiesen, so ist es keinesfalls gesichert, dass dieser später auch als Arzt in Südtirol tätig ist.
Auch Rieder wundert sich über die fehlende Vorzugsschiene. Doch auch die Tatsache, dass die Studierenden in Vorkasse gehen müssen, stört die Landtagsabgeordnete. Sie hat daher einen Beschlussantrag eingereicht, in dem sie vorschlägt, die Förderung künftig direkt an die Südtiroler Studenten zu bezahlen und nicht erst bis zur Immatrikulation zu warten.
Kommentare (37)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.