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Elisabeth Oberrauch: Mehr als Papier

Reisetagebücher von Elisabeth Oberrauch: Eine Symbiose von Reise und Kunst (Foto: Gerhard Watzek)

Bis 23. März zeigt die Papierkünstlerin Elisabeth Oberrauch im Haus Nr. 13, der Galerie für Kunsthandwerk von Waltraud Hochgruber am Meraner Pfarrplatz, eine neue Kleinserie handgefertigter Schreibwarenartikel.

Das Reisebuch, das Elisabeth Oberrauch auf jeder Reise mit sich führt, ist das Surrogat der der Reise vorangegangenen Zeit der Vorbereitungen, Vorfreude und Einstimmung. Wie auf einem sorgfältig gepflügten Acker können nun auf den Buchseiten die Reiseimpressionen als Aquarelle und Zeichnungen wie Samen aufgehen. In den Umschlagklappen, in transparenten integrierten Taschen findet sich Platz für zahlreiche Kleinodien, etwa Pflanzen, Papierstücke, Stoffmuster, allerlei Be- und Gedrucktes.
Routiniert geht die Künstlerin zeichnerisch oder malerisch mit den unterschiedlichen Situationen im Verlauf der Reise um. Gezeichnet und gemalt wird während der Reise grundsätzlich nur „live“, nie im Nachhinein oder nach Fotos. Das macht den besonderen Rhythmus der Seiten und die Authentizität der Bilder aus. Insgesamt entstanden seit 1991 derart nicht weniger als 36 Reisebücher. Das Malen, so Elisabeth Oberrauch, ist viel intensiver als ein Foto zu machen. Es ist, wie einen Menschen kennen zu lernen. Was die Künstlerin im Zuge ihrer Reisen gesehen und verinnerlicht hat, wird zu einem für immer abrufbaren Fundus. Daraus schöpft sie noch Jahre später in und auf Papier.

Einige der Künstlerin besonders wichtigen Seiten aus diversen Reisebüchern sind nun digitalisiert und auf Kunststoffplanen gedruckt und zu Reisetaschen in Shopperform verarbeitet worden. Die Meraner Taschenmanufaktur olle Tog hat im Auftrag Oberrauchs die limitierte Auflage von neun Reisetaschen mit Innenfutter und Reisverschluss gefertigt.

Basierend auf zahlreichen von den verschiedenen Reisen mitgebrachten Ansichtskarten entstanden weiters neun einzigartige Kassetten. Die Kassetten sind mit handgeschöpftem Papier kaschiert. In den Deckel hat Oberrauch je eine Ansichtskarte eingeschöpft. Das Einschöpfen, ein zartes mit Pulpe Umspülen, ohne das Eingeschöpfte verschwinden zu lassen, erfordert nicht nur große Erfahrung im Papierschöpfen, sondern bringt, wie kaum eine andere Technik in der Papierherstellung, den respektvollen Umgang mit anderen Papieren und gattungsaffinen Artefakten zum Ausdruck.
In den mit Leinen ausgekleideten Kassetten befinden sich je 20 unterschiedliche, von der Künstlerin handgeschöpfte Blätter aus Pflanzenfasern mit Wasserzeichen.
Die Skizzenbücher in fünf Farbtönen sind kleine Gesamtkunstwerke: In allen Details aufeinander abgestimmt bilden Umschlaggestaltung, Buchleinen, Bindefaden und Papierblock ein harmonisches Ganzes. Die Umschlaggestaltung ist eine Collage mit von Reisen nach Japan, Kuba, Vietnam, Botswana und Jemen mitgebrachten Papieren. Darunter Reispapier, Abaca, Chiyogami/Kozu, Katazome/Kozu, Holzschnitte und alte Tapeten.
Die Serie der Mappen mit dem Titel Liebesbriefe (Flügelmappen aus Murillokarton, überzogen mit Satogami -Papier) und jene einiger schwarzer Mappen mit Baumwollband und Papierknopf zeigen, wie facettenreich die Produktion der Künstlerin ist.
Mit Leichtigkeit und großer Sicherheit im Umgang mit Papieren aller Art entstehen so hochwertige Objekte, die Papier- und Kurzwaren aus aller Welt aufeinandertreffen lassen. Für uns werden sie zu einem haptischen Erlebnis und bieten Platz für Erinnerungen, Intimes, Wertvolles und stille Sehnsüchte.

Elisabeth Oberrauchs Werke und Kleinserien stehen in einer langen Tradition rund um das Reisen und sind zarter Ausdruck eines stetigen Kulturaustauschs. Farbe, Form, Materialität, Motivik und Haptik finden zu einem neuen Ganzen. Sie kreisen in ihrem Werk um den universellen Werkstoff Papier, seinen wahrscheinlich chinesischen Ursprung und seine Bedeutung auch für die europäische Kulturgeschichte. Die Reisen selbst und das Papier überwinden unentwegt Grenzen und tragen immerfort zur Verständigung bei.

Termin: Bis Samstag, 30. März im Haus Nr. 13, Pfarrplatz 9, Meran. Gespräch mit der Künstlerin: Samstag, 23. März, 11 Uhr.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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