Du befindest dich hier: Home » Gesellschaft » Der Halt-die-Fresse-Hit

Der Halt-die-Fresse-Hit

Vorsicht Verbreitung: Die Audioaufnahme eines heftigen Streits eines Südtiroler Ehepaares landet im Netz, wird hundertfach geteilt und ein DJ bastelt einen Après-Ski-Hit daraus. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen einer möglichen Rufschädigung.

von Thomas Vikoler

Das Verhältnis zwischen beiden Gesprächspartnern scheint ziemlich angespannt, wiederholt wird es laut. Die Frau brüllt und spricht von Scheidung, der Mann bleibt auffallend ruhig und ruft einmal „Aua, Aua“. Im Hintergrund sind Fahrtgeräusche zu hören.

Ein heftig geführter Streit zwischen einem Südtiroler Ehepaar, für das sich derzeit ziemlich viele Menschen interessieren. Und inzwischen auch die Staatsanwaltschaft Bozen. Eine Aufnahme des Streits, festgehalten auf einer gut zehnminütigen Audio-Datei, ist in den vergangenen Wochen, vor allem über WhatsApp, in Südtirol stark in Umlauf geraten.

Und aus einem kurzen Sample daraus hat ein DJ/Produzent einen Après-Ski-Hit gebastelt, der in diesem Winter hundertfach in den Hütten entlang der Skipisten gespielt wird: „Halt die Fresse, du Loser. Aua, Aua“. Und alle tanzen und grölen mit.

So viel zu den Fakten dieses skurrilen Falles, der zeigt, dass die virale Verbreitung eines Inhalts nicht immer von Vorteil ist. Der Streit zwischen dem Südtiroler Ehepaar liegt kurioserweise über ein Jahr zurück, doch erst zuletzt wurde die dazugehörige Audio-Aufnahme hundert- wenn nicht tausendfach verbreitet.

Wie konnte das passieren?

Aufgenommen wurde der Streit während der Autofahrt vom Ehemann, der sich in den gut zehn Minuten mit aggressiven Aussagen zurückhält. Und er war es, der die Unvorsichtigkeit begangen hat, die Datei an einen Freund zu schicken. Er wollte diesem offenbar einen Beweis liefern, wie aufbrausend seine Ehefrau zuweilen werden konnte.

Lange – über ein Jahr – passierte erst einmal nichts. Die Aufnahme von dem Streit blieb auf zwei Handys gelagert, jenem des Ehemannes und jenem seines Freundes. Dann geriet es, wahrscheinlich über zweiteren, in Umlauf. Die Empfänger der Datei teilten diese mit anderen, die sie wiederum weiterschickten.

Ein Lacher zum sich hartnäckig haltenden Klischee von der bösen Ehefrau.

Doch für die beiden Protagonisten des Streits, deren Ehe gehe bis heute gehalten hat, ist die Angelegenheit weniger lustig. Die massenhafte Verbreitung der Audio-Aufnahme hat dazu geführt, dass sie von Bekannten immer wieder darauf angesprochen werden. Und sich teilweise nicht mehr aus dem Haus getrauen. Der Schaden ist, ausgelöst durch die erwähnte Unvorsichtigkeit, angerichtet.

Beide Ehepartner haben vor kurzem bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige eingebracht. Sie richtet sich, zumindest hypothetisch, gegen alle, die den Inhalt der Audio-Datei öffentlich verbreiten, allen voran der Produzent des Après-Ski-Hits und die DJs, die ihn auflegen. In der Strafanzeige werden Rufschädigung nach Strafrechtsartikel 595 und die Verletzung von Bestimmungen zum Datenschutz als mögliche Tatbestände genannt.

Dass es damit gelingt, den aus der Flasche entwichenen Geist wieder einzufangen, ist allerdings fraglich.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • carlotta

    Wenn sie in DJ frogen ob er ihmene am Erfolg teilhaben lässt, isch des glai amol gegessen!

  • treter

    Des sein Probleme mamma mia!!
    In der Ukraine und in Palästina herrscht Krieg mit zigtausenden Toten……

  • andreas1234567

    Hallo zum Sonntag,

    Gott ja, so ein Pech für alle Beteiligten.
    Jetzt wird ein Abmahnanwalt eingesetzt und es gibt Lizenzgebühren, gleichzeitig bekommen die DJ herrlich Werbung für ihr zusammenprogrammiertes Machwerk(was würde die „Reklame“ in diesem Umfang auf dieser Plattform als Werbefenster kosten) und die beiden Turteltauben landen wahrscheinlich noch in irgendeiner Z-Promishow von RTLwasweissich,Halbinsel der Fetischliebe oder sowas.

    Was wirklich wichtig ist, der Bauer Won-Li hatte dem Nachbarn Pan-Dimi immer wieder gesagt er solle seinen täglichen Sack Reis nicht aufrecht sondern quer auf die Strasse legen. Und jetzt wird es wichtig, der Sack Reis ist umgefallen und geplatzt.
    Warum wird über so einen Wohlstandsblödsinn berichtet und nicht über den geplatzten Reissack des Bauern Pan-Dimi welcher für zwei Minuten in der Provinz Pingpong die Dorfstrasse zwischen Watnu und Akzelzuk blockiert hat bis es Jungpionieren der chinesischen Armee gelang die Strasse mit einem mittelgrobem Kehrbesen und einer Handschaufel im Format 8×12 Zoll mit Holzgriff freizuräumen?

    Auf Wiedersehen im Lagezentrum der asiatischen Reissacknachrichtenagentur

  • asd

    Den verbreiteten – Hit – fehlen Hinweise zur Urheberrechten und Verwertungsrechten. Würde ich als Anwalt der nun verklagten argumentieren……
    Es ist sozusagen ein freier Hit.

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen