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Der sächsische Hochstapler

Er gab sich als Prediger und Professor aus und versprach unglaubliche Renditen: Der 53-jährige Deutsche Swen Uwe Palisch steht in Bozen wegen organisiertem Betrug vor Gericht – mit ihm auch Südtiroler. Dutzende Anleger wurden um über sechs Millionen Euro betrogen.

von Thomas Vikoler

Eine große Karriere beginnt zuweilen in einer Armee. Bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1990 diente Swen Uwe Palisch, ein gebürtiger Sachse, in der DDR-Volksarmee.

Er wurde später Anlageberater und gründete im Jahre 2003 eine in Oregon, USA angesiedelte Firma namens United Investment Federation Inc. Später gründete er weitere Firmen mit Sitz in der Schweiz (Adlon Finanz & Trading und Accendo Invest) und Spanien (United Invest Federation SL). Zwecks Hervorhebung seiner Seriosität und damit der Investitionsbereitschaft von Anlegern schmückte sich Palisch, der immerhin die Matura hat, auf seiner Visitenkarte mit erfundenen Doktoren- und Professorentiteln und gab sich zuweilen als Pastor aus.

Wie sich inzwischen herausgestellt hat, ist der heute 53-Jährige ein klassischer Hochstapler, der sich aber ein stattliches Vermögen mit einer großen Finca samt Pferdezucht auf Mallorca und anderen Immobilien aufbaute.

Inzwischen sitzt Palisch in der JVA Köln in Haft, wo er eine achtjährige Haftstrafe wegen Bandenbildung zum Zwecke des Anlegerbetrugs absitzt. 2019 war er aufgrund eines internationalen Haftbefehls verhaftet worden, die Finca wurde beschlagnahmt. Laut Kölner Urteil hat er zusammen mit zwei Mitangeklagten an die 60 Investoren um mindestens zwölf Millionen Euro betrogen.

Wie Swen Uwe Palisch heute aussieht, wird sich am Nachmittag des 11. März zeigen. Da wird der Häftling zu einer Strafverhandlung am Bozner Landesgericht zugeschaltet, in der er selbst der Hauptangeklagte ist. Auch die Staatsanwaltschaft Bozen wirft ihm nach einer langen und aufwändigen Ermittlung – hiesige Strafverfolger begaben sich selbst nach Mallorca – ebenfalls die Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des Anlegerbetrugs vor. Mit ihm angeklagt zu diesem Vorwurf sind weitere sechs Personen: Zwei Deutsche, die bereits in Köln vor Gericht standen (einer inzwischen verstorben), zwei Schweizer und ein Mann aus Bruneck. Letzterer war, laut Anklage kein geprüfter Anlageberater, aber De-facto-Geschäftsführer der Firma Adlon Finanz und bediente über diese den norditalienischen Markt.

Er organisierte Treffen mit Investoren in Bars und Restaurants und präsentierte dort Investitionsprojekte in Rohstoffe im arabischen Raum mit sagenhaften Gewinnaussichten. Versprochen wurden nicht Zinsrenditen, sondern Kapitalvermehrungen von tausend Prozent der investierten Summe. Wer´s glaubte, überwies stattliche Summen von bis zu 100.000 Euro auf Konten in Spanien und unterschrieb sogenannte Treuhand-Verträge mit den Palisch gegründeten Gesellschaften.

Die Investoren wurden bei den Treffen aufgefordert, Dritten nichts über die Zahlungen, sonst würden die Geldvermehrungs-Aussichten zunichte gemacht. Zur Untermauerung seiner Glaubwürdigkeit nannte der Anwerber aus Bruneck den Namen eines ehemaligen jugoslawischen Geheimdienstlers.

In der Anklageschrift zum Bozner Verfahren scheinen über hundert Namen von italienischen Geschädigten auf, darunter zahlreiche Südtiroler. In Levico Terme im Trentino wurde sogar eine eigene Investoren-Gruppe gegründet, die insgesamt 1.515.000 Euro einzahlte.

Palisch selbst wurde in Italien nicht aktiv, war laut Anklage aber derjenige, der die kriminelle Vereinigung von seinem jeweiligen Wohnort aus steuerte.

Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass der derzeit inhaftierte Deutsche am Ende in Italien straffrei davonkommt. Sein Verteidiger, der Klausner Anwalt Christian Untermarzoner, wird auf der nächsten Verhandlung den Antrag stellen, dass die Vorhaltung der Bandenbildung fallengelassen wird. Seine Argumentation: Sein Mandant sei dazu bereits in Deutschland rechtskräftig verurteilt worden und könne nicht zweimal für ein- und dasselbe Delikt haftbar gemacht werden (ne bis in idem).

Nimmt der Richtersenat unter Vorsitz von Giulia Rossi den Antrag an, würden alle Angeklagten straffrei aus dem Verfahren aussteigen – wegen Verjährung. Betrug (ohne Bandenbildung) verjährt bereits nach sechs Jahren, die letzten Einzahlungen sind jene des „Consorzio“ aus Levico im Jahre 2014.

Wegen Betrug angeklagt ist auch die Lebensgefährtin des Brunecker Self-Made-Anlageberaters. Beide hatten selbst an die von ihnen angepriesene sagenhafte Geldvermehrung geglaubt und eigenes Geld durch Investments in Palisch-Firmen verloren.

Die Aussichten, dass die zahlreichen Nebenkläger in diesem Prozess ihr investiertes Geld wiedersehen, sind äußerst gering.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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