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Jirko hört auf

Jirko Pribyl

Südtirols einziger „privater“ Streetworker Jirko Pribyl steigt aus: Er schließt sein Trainingscamp für suchtkranke Jugendliche und erhebt schwere Vorwürfe in Richtung Politik.

von Karin Gamper

Für Interviews ist Jirko Pribyl derzeit nicht zu haben: „Was ich zu sagen hatte, steht in meinem Facebook-Post“, lässt er auf Anfrage wissen. Mehr gebe es zur Schließung seines Trainingscamps nicht zu erzählen. Nur so viel ist dem Respekttrainer zu entlocken: „Es kommt nix von Seiten der Politik und ich werde deshalb wieder einer normalen Arbeit nachgehen“.

Jirko Pribyl ist Südtirols einziger „privater“ Streetworker. Seine Vorträge über Drogen und Gewalt, seine Beratungstätigkeit für verzweifelte Eltern, vor allem aber sein Trainingscamp für suchtkranke und schwierige Jugendliche haben ihn hierzulande bekannt gemacht. 2021 erhielt er den Preis für Zivilcourage der Ilse-Waldthaler-Stiftung. Politisch ist er bei Enzian beheimatet. Für Josef Unterholzners Liste hat er auch bei den Landtagswahlen kandidiert. Im vergangenen September wurde er in Milland zusammengeschlagen. Von einer Gruppe deutsch und albanisch sprechender Jugendlicher, wie er anschließend berichtete.

Jirko Pribyls Biographie in Kurzform: Als schwer erziehbarer Teenager landet er in einem Antigewalt-Trainingscamp in Deutschland. Dort lernt er, seine Emotionen im Zaum zu halten. Er kämpft sich zurück in ein „normales“ Leben, wird wieder in Südtirol sesshaft und beginnt schließlich selbst damit, mit auffälligen und suchtkranken Jugendlichen zu arbeiten.

Doch damit ist jetzt Schluss. Wie Jirko Pribyl übers Wochenende bekannt gegeben hat, wird er seinen Job an den Nagel hängen und das Trainingscamp schließen. Die Entscheidung hat er, so schreibt der Streetworker, nach „sehr langem Überlegen und schlaflosen Nächten“ getroffen.

Jirko Pribyl erklärt in seinem Post:

„Vier Jahre Trainingscamp sind es nun mittlerweile; vier Jahre habe ich für unsere Jugend in Südtirol gekämpft. Vier Jahre harte Arbeit mit knapp 1000 Erstgesprächen, intensiver Zusammenarbeit mit 40 Jugendlichen – eine Erfahrung, die mein Leben mehr als bereichert hat.

Ich, Jirko Pribyl, als der sogenannte Streetworker, höre auf und lege das Trainingscamp an den Nagel.“

Es gebe mehrere Gründe für die Entscheidung, schreibt Jirko Pribyl: „Als Privateinrichtung wusste ich, dass es härter sein wird, in unserem „schönen“ Südtirol etwas aufzubauen und voranzukommen. Trotzdem habe ich vier Jahre lang alles gegeben, um den Jugendlichen zu helfen. Leider hat sich die Politik wenig dafür interessiert, etwas mit mir zu unternehmen, um Jugendlichen wirklich zu helfen, obwohl das Fass schon lange übergelaufen ist. Es macht mich traurig, dass immer noch mehr für andere Dinge investiert wird als in unsere Jugend, obwohl sie unsere Zukunft ist. Traurig, aber wahr. Mir wurde immer wieder versprochen, dass wir GEMEINSAM an einem Projekt arbeiten und uns zusammensetzen, aber schlussendlich habe ich kaum ein Telefonat oder eine Nachricht von Seiten der Politik zurückbekommen.“

Er habe anfangs bis zu 17 Stunden täglich gearbeitet, um den Erwartungen gerecht zu werden und sei dabei an seine Grenzen gestoßen. „Ich war froh, dass ich super Mitarbeiter in Bozen hatte, wie meine beiden Rolands, die eigentlich schon in Rente waren und mich die letzten 2,5 Jahre unterstützt haben. Danke dafür, ihr habt das Trainingscamp aufgebaut. Solche zwei Männer haben es verdient, jetzt auch endlich ihren Ruhestand zu genießen“, so Pribyl.

Er habe schlicht „keine Kraft mehr, um weiterzumachen“, um sich mit öffentlichen Einrichtungen zu streiten, obwohl er im Grunde genommen nur Menschen helfen möchte. Und er habe keine Kraft mehr, um der Politik ohne Aussicht auf Erfolg hinterherzulaufen. Er bedankt sich bei den Unterstützern der letzten Jahre, darunter die künftige Sicherheitslandesrätin Ulli Mair und Ulrich Seitz vom Dienstleistungszentrum für das Ehrenamt.

Was geschieht jetzt mit den Jugendlichen, die noch im Trainingscamp sind? Jirko Pribyl: „Sie werden von den Betreuern zu Ende betreut, dann ist Schluss“.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • andreas69

    Danke für die ganze Arbeit! Es hat sicher vielen ein wenig geholfen.

  • gulli

    Danke an Jirko für seinen Einsatz und Hilfe für unsere Jugendliche!
    Danke an die Politik, welche nur mit sich selbst beschäftigt ist und für Lobbys Geld ohne Ende zur Verfügung stellt.

  • placeboeffekt

    “Er bedankt sich bei den Unterstützern der letzten Jahre, darunter die künftige Sicherheitslandesrätin Ulli Mair und Ulrich Seitz vom Dienstleistungszentrum für das Ehrenamt.”

    Schweigen bzw das Fehlen von Namen die hier aufscheinen sollten, das sagt viel aus.

    Da gibt es doch auch die Positionen Gesundheits-Landesrat und Landesrat für Soziales Blablabla.

    Das ganze ist wohl nicht werbungswirksam genug um sich mit Jirko im Trainingscamp ablichten und in der Alpenzeitung auf die Schultern klopfen zu lassen

  • besserwisser

    sehr cooler junge der etwas aus seinem leben gemacht hat! es ist sehr schade dass solch engagierten leuten nicht geholfen wird. aber hier sind wohl keine stimmen zu holen!
    das totalversagen der schwätzer und versprecher!

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