Über Nacht
Mit der Ausbootung seines internen Widersachers und Chefjuristen Marco Cappello hat Sabes-„General“ Florian Zerzer ein weiteres Mal die Politik brüskiert.
von Artur Oberhofer
Hubert Messner lässt sich nicht in die Karten blicken. „Ich werde zum jetzigen Zeitpunkt ganz sicher keinen Kommentar abgeben“, sagt der Mann, der mit 30.605 Vorzugsstimmen in den Südtiroler Landtag eingezogen ist – und der künftig der Big Boss der Südtiroler Sanität sein wird.
Hubert Messners Zurückhaltung ist verständlich. Er sagt selbst, er sei noch nicht im Amt und wolle „den Laden erst einmal kennenlernen“ und sich über bestimmte Vorgänge im Südtiroler Sanitätsbetrieb „ein genaueres Bild verschaffen“, bevor er an die Öffentlichkeit geht.
Aber andererseits ist sich Hubert Messner bereits jetzt dessen bewusst, dass es für einen glaubwürdigen Neubeginn im Südtiroler Sanitätswesen mehr braucht als „nur“ einen neuen Landesrat. Mit 1,5 Milliarden Euro ist das Gesundheits-Ressort nicht nur das teuerste, sondern gleichzeitig auch das sensibelste im Lande.
Obwohl Hubert Messner sich zugeknöpft gibt, gilt als sicher, dass der künftige Gesundheits-Landesrat absolute Vertrauenspersonen mit ins Boot holt. Messner führt bereits Gespräche. Einer der bisherigen Protagonisten der Südtiroler Sanität wird dann wohl nicht mehr mit im Boot sein: Florian Zerzer.
Nicht nur die Ärzte und die MitarbeiterInnen in den Krankenhäusern, auch die Südtiroler Öffentlichkeit kann nicht nachvollziehen, warum der amtierende Gesundheits-Landesrat Arno Kompatscher den mit 14. Oktober dieses Jahres ausgelaufenen Vertrag mit Zerzer bis Februar verlängert hat.
Zerzer hat im Zuge des Südtiroler Masken-Skandals nachweislich negative Gutachten vertuscht.
Er hat Geheimabsprachen mit Privatfirmen geführt. Er hat sich für den Ankauf von Schutzmaterialien stark gemacht wissend, dass die Materialien Schrott sind. Zerzer hat Zeugen, die im Untersuchungsausschuss des Landes aussagen mussten, manipuliert bzw. manipulieren lassen. Zerzer hat als Generaldirektor die Gesundheit seiner MitarbeiterInnen auf Spiel gesetzt hat, indem er Schutzmaterialien hat einsetzen lassen, von denen er wusste, dass sie nicht vor einer Infektion schützen. Und als Generaldirektor hat er korrekt agierende Beamte gemobbt und unter Druck gesetzt.
Nach dem Motto „Ätsch“ rannte Zerzer nach zu Rai Südtirol, um dort zu verkünden, der LH habe seinen Vertrag verlängert, weil er „gut gearbeitet“ habe.
Nun hat Florian Zerzer einen weiteren Akt gesetzt, der die Politik in Verlegenheit bringt. In einer Nacht- und Nebelaktion löste Zerzer die Rechtsabteilung des Sanitätsbetriebes auf, um solcherart einen jener Beamten loszuwerden, der viele Entscheidungen des Generaldirektors während des Masken-Skandals kritisch hinterfragt hatte: Marco Cappello.
Die Rochade ist kafkaesk: Ein Spitzenbeamter, Florian Zerzer, der im Masken-Skandal der große „Vertuscher“ war und gegen den jetzt wegen schweren Betruges Anklage erhoben werden soll, setzt jenen Spitzenbeamten vor die Tür, der im Betrieb für die Antikorruptions-Agenden und für Transparenz zuständig ist.
Und: Da das Rechtsamt künftig der Generaldirektion unterstellt werden soll, müsste Marco Cappello im Fall der Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen Florian Zerzer gegen seinen Vorgesetzten Zerzer vor Gericht auftreten.
Was sagt der amtierende Gesundheits-Landesrat zu diesem unglaublichen Vorgang?
Arno Kompatscher erklärte auf Anfrage, er „habe noch internen Gesprächsbedarf“. Und er würde „gerne darauf verzichten, von einem ,Fall Cappello‘ lesen zu müssen, bevor definitiv klar ist, ob es einen solchen gibt bzw. geben wird“.
Ein wichtiger Stichtag ist jetzt der 21. November: An jenem Tag entscheidet nämlich das Verwaltungsgericht in Bozen über den Eilantrag von Thomas Schael gegen die Vertragsverlängerung Zerzers.
Vielleicht lösen ja die Verwaltungsrichter ein Problem, das die Politik offenbar nicht zu lösen vermag.
Kommentare (86)
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