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Eine Milliarde mehr

Der Brennerbasistunnel wird nun doch deutlich teurer als gedacht. Laut einer neuen Analyse wird das Mega-Projekt 10,5 Milliarden Euro verschlingen – eine Milliarde mehr als ursprünglich berechnet.

von Markus Rufin

Die Inflation hat auch dazu geführt, dass Bauprojekte teurer geworden sind. In den meisten Fällen spricht man von einigen Tausend Euro mehr. Bei Großprojekten kann es sich auch schon mal um einen Millionen-Betrag handelt. Eine gänzlich andere Dimension stellt aber der Brennerbasistunnel dar. Dass das Mega-Projekt mehrere Milliarden Euro verschlingen würde, war bereits zu Planungszeiten klar.

Nun hat die BBT SE aber eine neue Kostenanalyse auf die Beine gestellt und schätzt diese auf eine Gesamtsumme von 10,5 Milliarden Euro. Kürzlich hat der Aufsichtsrat diesen neu berechneten Betrag genehmigt.

Für die Errichtungskosten inklusiver bahntechnischer Ausrüstung werden auf die aktuelle Preisbasis 8,54 Milliarden Euro berechnet. Da die Fertigstellung aber frühestens 2032 erfolgen wird, müssen für den BBT umfangreiche Mehrkosten einberechnet werden.

Für etwaige Risiken, ob das nun geologische Behinderungen, rechtliche Streitigkeiten oder der Ausfall von Maschinen ist, werden 1,092 Milliarden Euro in der Kostenberechnung reserviert.

Außerdem ist in den kommenden neun Jahren mit einer weiteren Teuerung zu rechnen. Hierfür hat BBT SE anhand von Inflations-Prognosen 903 Millionen Euro veranschlagt.

Es ist das erste Mal, dass der BBT-SE-Vorstand eine einheitliche Kostenschätzung abgibt. Zuvor haben die beiden Staaten – Italien und Österreich – jeweils eigene Kostenschätzungen abgegeben. Da sich die Art der Kostenberechnung wesentlich unterscheidet, wurde nach italienischer Kostenberechnung ein Betrag von 8,8 Milliarden Euro berechnet, nach der österreichischen Methode lag die Kostenschätzung bei 9,6 Milliarden Euro.

Laut der neuen Berechnung steigen die Kosten für den BBT also auf Basis der österreichischen Methode um rund einer Milliarden Euro und auf Basis der italienischen Methode sogar um 1,7 Milliarden Euro.

Im Wesentlichen sei dies auf die Inflationsentwicklung zurückzuführen. Das unterstreicht auch Martin Ausserdorfer, Direktor der BBT-Beobachtungsstelle: „In der Berechnung werden zwar die künftige Inflation und die möglichen Risiken miteinberechnet, somit könnten die Kosten auch geringer ausfallen, aber auch andere Projekte wurden von der Inflation ähnlich getroffen.“

So habe auch das Richtpreisverzeichnis des Landes Südtirol vorgesehen, dass die Preise um zehn Prozent steigen. Auch die Gemeinden müssten dementsprechend mit einer Kostensteigerung von zehn Prozent für ihre Projekte rechnen. Dasselbe ist nun beim BBT der Fall.

Die nun aufgestellte Kostenschätzung beziehe sich auf die Fertigstellung des BBT ohne Zulaufstrecken. Das heißt, sofern es nicht zu unvorhergesehenen Ereignissen, wie es in Vergangenheit die Coronakrise oder der Ukraine-Krieg war, kommt, dürften sich die Kosten nicht erhöhen. „Wir haben die Inflation für künftige Ankäufe und Arbeiten bereits vorberechnet“, erklärt Ausserdorfer. „Bisher haben wir die Punkte recht gut getroffen. Die Preissteigerungen im Herbst haben auch bei uns zu einer Kostensteigerung geführt.“

Die Finanzierung des BBT sei trotz dieser enormen Preissteigerung gesichert. Nach der Genehmigung der Kostenprognose bestand der nächste Schritt für die Projektgesellschaft BBT SE in der Beantragung der erforderlichen Fördermittel bei den jeweiligen nationalen Förderstellen: In Italien wurden die ersten Schritte für den Erhalt eines neuen CIPESS-Beschlusses (Comitato Interministeriale per la Programmazione Economica e lo Sviluppo Sostenibile ) eingeleitet. In Österreich wurden die neuen Daten bereits an die ÖBB übermittelt, welche diese bei der Erstellung des neuen Rahmenplans berücksichtigen wird. Das heißt, die Nationalstaaten werden die Kosten decken.

Auch von Seiten der EU gab es Zusicherungen: Die Förderstellen der Europäischen Kommission sind von Beginn an in den Projektzyklus und die Projektumsetzung eingebunden und haben kürzlich erneut ihre strategische und finanzielle Unterstützung bis zur Fertigstellung des Infrastrukturprojektes zugesagt.

Zur Deckung der bereits angefallenen Kosten erhalten Italien und Österreich von der Europäischen Union eine Kofinanzierung in Höhe von 50 Prozent für die Planungs- und Erkundungsarbeiten und in Höhe von 40 Prozent für die Baumaßnahmen. Bisher hat die EU eine Kofinanzierung von rund 1,6 Milliarden Euro zugesichert.

Im Rahmen des neuen Programms CEF 2021-2027 beteiligt sich die BBT SE an einer Ausschreibung zur europäischen Kofinanzierung, um eine Kofinanzierung für die Kosten ab dem 01.07.2023 zu erhalten. Ein Ergebnis wird im Sommer 2023 erwartet.

Am prognostizierten Fertigstellungsdatum des BBT im Jahr 2032 haben die erhöhten Kosten laut Ausserdorfer nichts verändert. Von den 230 Kilometer Gesamtlänge wurden 157 Tunnelkilometer bereits vorgetrieben.

„Positiv ist, dass die Tunnelbohrmaschine in Österreich geliefert worden ist und wir Schritt für Schritt weitergehen. Ende des heurigen Jahres haben wir wichtige Hürden überwunden haben“, zeigt sich der Direktor der BBT-Beobachtungsstelle zuversichtlich.

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