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Eine Eiche im Kino

Der Eichelbohrer, einer der Bewohner

Kinderfilme sind im Kino ein schwieriges Kapitel oft mit hektischer Animation und selten mit etwas Besonderem. Jetzt schert ein Dokumentarfilm aus.

von Renate Mumelter

Kinder sollten mehr denn je mit cineastischen Leckerbissen gefüttert werden, schließlich wachsen sie mit bewegten Bildern auf. Aber unter den sogenannten Kinderfilmen gibt es viel Mist. Dabei wäre Anderes möglich. Erst letzthin sah ich im TV „Michel in der Suppenschüssel“ nach Astrid Lindgren und war wieder hingerissen: kluge Geschichte, wunderbar gespielt, kinderfreundlich inszeniert. Aber das war Anno 1971. Der 52 Jahre alte Film funktioniert nach wie vor, vorausgesetzt, er wird gezeigt. Aber daran scheitert es sehr oft, denn das Neueste drängelt, obwohl es häufig sehr unneu ist: Animation, schnell, laut, möglicherweise mit erzieherischer Botschaft, selten gegen den Strich.
Markttechnisch gesehen muss Kinderkino den Eltern gefallen, denn die bezahlen.

„Die Eiche – Mein Zuhause“

Jetzt ist ein Film im Angebot, der nicht das Übliche bedient. „Die Eiche – Mein Zuhause“ von Michel Seydoux und Laurent Charbonnier ist kein Spiel- sondern ein Dokumentarfilm, der bei einer Eiche angesiedelt ist. Er kommt ohne Kommentar und ohne vermenschlichende Dialoge aus, er beobachtet, zeigt was in der Eiche und um die Eiche geschieht. Die Kamera versetzt sich in die Perspektiven der Tiere, und diese Perspektiven sind vielfältig. Für den kleinen Eichelbohrer ist schon die Rinde eine Berglandschaft, das größere Reh sieht die Eiche nur von unten, der Eichelhäher sieht sie von oben und von innen.
„Wir mussten erst einmal die Besetzungsliste kennenlernen“, erzählen die Filmemacher und meinen damit die vielen verschiedenen Tiere, die um eine Eiche siedeln. Eineinhalb Jahre dauerten die Dreharbeiten. „Die Eiche – Mein Zuhause“ ist ein Film, der sich nicht explizit an Kinder richtet, sondern für Opa, Oma, Mami oder Papi genauso passt.
Besser als der Film ist nur noch die echte Eiche vorm Fenster, vorausgesetzt jemand hat das Glück eine solche live zu sehen. Sogar für derart Eichen-Verwöhnte bringt der Film aber Beobachtungsanstösse, denn wer weiß schon genau, wer in so einer Eiche alles wohnt.
Zu sehen ist „Die Eiche – Mein Zuhause“ ab Gründonnerstag während der Oster-Feiertage.

Kinderprogramm

Das restliche Kinderprogramm, das der Filmclub noch bis zu den Sommerferien im Angebot hat, besteht fast aus dem Üblichen: eilige Animation mit „Maurice, der Kater“ oder Semianimation mit „Die Mucklas…und wie sie zu Petterson und Findus kamen“.
Eine kleine Ausnahme ist „Karlchen – Das große Geburtstagsabenteuer“, zwar auch ein Animationsfilm aber einer, dem Striche und Farbe genügen und der es gemütlicher anpackt.
„Der Räuber Hotzenplotz“ schaut noch einmal ins Kino, bei ihm ist alles echt, auch Nicholas Ofczarek als Räuber.
Und zum Abschluss kommt ein Preisgekrönter, Martina Sakovás „Sommer-Rebellen“ mit echten Kindern und echter Landschaft.

Popcorn

Wer lieber ins Popcorn-Kino mag, wird sich aufs Durchanimierte einstellen müssen. Ob’s guttut ist eine Frage, die auch fürs Popcorn gilt. Nicht überall ist das Popcorn- oder Gummibären-Schlecken Pflicht.
Und einen erhobenen Zeigefinger erlaube ich mir noch: wenn Erwachsene Kinder ins Kino bringen, sollten sie diese nicht allein dort deponieren, denn Filme erzeugen Gesprächsbedarf. Mir war es vor 30 Jahren eine Lehre zu sehen, wie sich unser Sohn vor dem Pumuckl auf der großen Leinwand so fürchtete, dass wir gehen mussten. Dabei kannte er ihn aus dem TV. Kino ist eben stark.

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