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Gerechte Steuern?

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Die italienische Regierung nimmt die Steuerreform in Angriff. SVP-Parlamentarier Dieter Steger erklärt, was diese beinhaltet und wie die Reform finanziert werden soll.

von Markus Rufin

Dass eine Regierung in Italien den Plan fasst, eine Steuerreform umzusetzen, ist in Italien nichts gewöhnlich. Nahezu jede Partei schreibt eine Reform in ihrem Wahlprogramm, nur umgesetzt wird kaum eine Steuerreform, schließlich erfordert das viel Aufwand.

Nun möchte die Regierung Meloni ihre angekündigte Steuerreform in Angriff nehmen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Regierungen scheint nun eine Umsetzung aber realistisch. Das bestätigt auch SVP-Parlamentarier Dieter Steger: „Eine Steuerreform wurde in den letzten Jahren in Italien deshalb nicht durchgesetzt, weil wir immer wieder eine neue Regierung hatten. Es ist klar, dass es Stabilität braucht, um das zu erreichen. Alleine die vielen notwendigen Anwendungsdekrete brauchen Jahre, bis sie fertig geschrieben sind.“

Laut Stegers persönlicher Einschätzung sei die politische Stabilität über einige Jahre dieses Mal gegeben. Das sei aber nur ein Gefühl. Die Regierung könne sich aber auch auf die Expertise von Vizeminister Maurizio Leo verlassen. Dieser sei ein absoluter Experte im Bereich Steuern.

Eine der wichtigsten Änderungen, die die Regierung anstrebt, ist die Zusammenlegung der Steuerklassen. Aktuell gibt es vier Einkommenssteuerklassen: Die niedrigste (bis 15.000 Euro) beläuft sich auf 23 Prozent, die zweite (von 15.000 Euro bis 28.000 Euro) beläuft sich auf 25 Prozent, die dritte Klasse (28.000 Euro bis 50.000 Euro) beläuft sich auf 35 Prozent und die höchste (über 50.000 Euro) beläuft sich auf 43 Prozent. Die Regierung beabsichtigt, künftig nur mehr drei Steuerklassen beizubehalten.

„Ich gehe davon aus, dass die niedrigste und die höchste Steuerklasse bleibt“, meint Steger. „Die mittlere Steuerklasse beläuft sich entweder auf 27 Prozent oder 33 Prozent.“ Natürlich bringt eine Reduzierung der mittleren Stufe auf 27 Prozent für den Mittelstand deutlich mehr Vorteile, allerdings ist eine solche Reduzierung auch mit deutlichen Kosten verbunden.

Und hier gibt es das nächste Problem, sagt der Parlamentarier: „Man möchte durch die Steuerreform natürlich den Bürger weniger beziehungsweise gerechter belasten.  Das bedeutet aber auch, dass man dutzende von Milliarden Euro mehr braucht, die irgendwo anders hergeholt werden müssen.“

Das heißt, auch wenn die Entlastung durch eine Reduzierung der mittleren Steuerklasse deutlich mehr Entlastungen mit sich bringen würde, muss dies auch finanziert werden. „Bevor das Ministerium mitteilt, wie die mittlere Stufe ausschauen wird, werden massiv Rechnungen gemacht werden, um zu kapieren, wie die Reform finanziert wird“, führt Steger aus.

Der Kammerabgeordnete hofft jedenfalls, dass eine Reduzierung auf 27 Prozent möglich ist, da die italienische Steuerbelastung sich den europäischen Quoten annähert. Auch in Rom wird aktuell eine Reduzierung auf 27 Prozent favorisiert.

Doch die Frage bleibt offen, wie die Regierung die Reform überhaupt finanzieren will. Einige Ansätze gebe es aber schon, sagt Steger. Unter anderem habe die Agentur der Einnahmen gerade erst verkündet, dass sie durch die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen im vergangenen Jahr 20 Milliarden Euro mehr eingenommen haben: „Daran erkennt man, in welche Richtung die Regierung geht. Wenn man hinter der Steuerhinterziehung bleibt, kann man Gelder finden.“

Weitere Einnahmen könne man durch das Wachstum generieren, aber auch Einsparungen in anderen Bereichen seien wohl notwendig.

Nicht zuletzt zielt die Regierung auch auf eine Reduzierung der über 600 Abschreibe- und Abzüge-Möglichkeiten ab. Auch wenn sich das nach einem Nachteil für Bürger anhört, sei dies in Wirklichkeit ein Vorteil, behauptet der Parlamentarier: „Man schafft damit nicht nur den bürokratischen Moloch ab, sondern schafft damit auch Gerechtigkeit. Es ist nicht im Sinne des Erfinders, dass jeder, egal wie viel er verdient, Begünstigungen bekommt. Wenn man hier einen großen Schnitt macht, sorgt das für Einsparungen und für mehr Gerechtigkeit.“

Vielleicht müssen durch die Reform auch höhere Einkommen weniger Steuer zahlen, wenn dafür aber die Begünstigungen wegfallen, könne dies sogar gerecht sein. „Letztendlich muss man aber immer schauen, wie das umgesetzt wird.“

Neben der Vereinheitlichung der Steuerklassen geht die Reform vor allem in Richtung Vereinfachung. So soll die Wertschöpfungssteuer IRAP, die laut Steger Betriebe benachteiligt, die mehr Personen beschäftigen, abgeschafft werden und in die Körperschaftssteuer IRES eingebaut werden.

Ein anderes Beispiel ist das Verhältnis zwischen der Steuerbehörde und dem Steuerzahler. Dieses solle verbessert werden, was insbesondere von der Opposition als „Condono“ bezeichnet wird. Das würde bedeuten, dass Steuersünder eine Amnestie erhalten. Dafür spricht sich Steger zwar nicht aus, dennoch sieht er auch diese Pläne der Regierung durchaus positiv: „Es sind viele Steuerschulden offen, die nicht einkassiert werden können. Ich wäre dafür, dass man Verhandlungen zwischen Steuerzahler und Behörde zulässt. In Österreich und Deutschland müssen Steuersünder nicht sofort zahlen. Sie versuchen, die Sache zuerst so zu erklären, dass es einen Kompromiss geben kann. Das Vertrauen kann dadurch besser werden, das kann durchaus interessant sein. Steuerhinterzieher sollen hingegen weiter zur Kasse gebeten werden.“

Ein größeres Unterfangen wird hingegen die Flat-Tax, auch wenn im Prinzip aktuell nur der Name bekannt ist. „Es ist Ziel der Reform Pensionisten, Angestellte und Selbstständige auf eine gleiche Ebene zu bringen. Alle sollen auf Basis ihres Einkommens ebenso Steuer zahlen“, betont Steger. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die Flat-Tax recht viele Personen umfasst, das hängt aber davon ab, wie viel Geld für die Steuer zur Verfügung steht

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Kommentare (10)

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  • leser

    Rom sollte den noggler als Berater holen

    • pingoballino1955

      Dann würden die Kleinen viel mehr und die Grossen weniger Steuern bezahlen. Seine bauernschlauen Berechnungen hat man ja erst kürzlich mitbekommen.Jetzt hat er alles zurückgezogen,weil er gemerkt hat,dass nicht alle so blöd sind,wie er sie in seiner Arroganz eingeschätzt hat. BAUERNDÖDEL.

  • robby

    Ohne Figure wie Noggler und Locher würde dem Landtag jeder Unterhaltungswert fehlen.

  • kreativsein

    Die Prozentsätze wären auch jetzt schon gerecht, wenn jeder seine Steuern zahlen würde. Steuerhinterzieher ausfindig zu machen ist nicht so schwierig, man bräuchte z.B. nur Steuererklärungen mit dem Kraftfahrzeugregister (PRA-pubblico registro automobilistico) vergleichen und man fängt an zu staunen, was bestimmte Steuersubjekte vorlegen und gleichzeitig fahren. Aber es scheint, dass der Staat kein Interesse habe seine Kontrolleure arbeiten zu lassen.

    • pingoballino1955

      Stimmt nicht ganz,wurde voriges Jahr bei der Einreise am Reschenpass 11:00 Uhr vormittags von der Finanzwache gestoppt,alle mit größeren Fahrzeugen( posto di blocco) hinter mir ein Maserati. Papiere und Co,dann die Aussage,laut Steuererklärung ok,darf weiterfahren.Musste 20 Minuten warten,die Anderen auch.So sollte es sein,wenn niemand was zu verbergen hat.Waren alles italienische Fahrzeughalter,die sie kontrolliert haben.

  • foerschtna

    Steuern sind nichts anderes als legalisierter Raub. In etwa dasselbe, wie wenn ich jemandem eine Pistole an die Schläfe setze, ihm dann 50.000 Euro abpresse, und ihm dann sage dass ich ihm dafür ja eine neue Küche um 20.000 Euro kaufe.

    • pingoballino1955

      Wenn alle korrekt Steuern bezahlen würden,hätten wir keine,oder weniger Probleme. Schweden,Norwegen,Dänemark machen uns vor,wie es gehen würde und alle sind glücklich. Aber Italien auch SÜDTIROL drücken sich wo sie können,der Kleine zahlt die Zeche!

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