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„Ein Ausnahmejahr“

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Die „fünfte Jahreszeit“ hat begonnen: Nach zwei Jahren Corona-Pandemie war die Vorfreude bei Gästen und Gastwirten auf das Törggelen heuer besonders groß – und auch eine erste Bilanz fällt durchwegs positiv aus. 

von Samuel Fink

Das Törggelen ist für viele Südtiroler ein Muss und hat allein in den letzten Jahren an enormer Beliebtheit dazugewonnen. Bereits seit Anfang Oktober werden in Südtirols Buschenschänken wieder typische Südtiroler Spezialitäten aufgetischt: Hausgemachte Schlutzkrapfen, Knödel, Gerstsuppe, die Schlachtplatte mit Selchfleisch und Sauerkraut sowie gebratene Kastanien dürfen dabei nicht fehlen.

Die Freude auf einen entspannten Törggele-Abend mit Familie und Freunde wurde in den vergangen beiden Jahren jedoch stark gehemmt. Zur Erinnerung: Für Buschen- und Hofschänke galten ebenfalls die strengen Corona-Regeln, Gäste mussten den Green-Pass vorweisen und eine limitierte Höchstpersonenanzahl wurde von der Landesregierung vorgegeben. Dementsprechend waren die Erwartungen seitens der Betreiber in diesem Jahr umso größer. Aber kann man heuer wieder von einem „Törggelen wie vor der Pandemie“ sprechen?

Dass die Erwartungen erfüllt wurden, kann der Besitzer des Glangerhofes in Feldthurns, Martin Oberhofer, durchaus bestätigen. „Momentan sind wir mit der aktuellen Törggelesaison mehr als zufrieden. Die letzten beiden Jahre waren coronabedingt weniger erfolgreich. Auch wenn es 2021 eine kleine Besserung gab, kann man das heurige Jahr nicht damit vergleichen – es ist wieder wie vor Corona“, erzählt der Gastwirt.

In diesem Jahr spielt den Wirten und Wirtinnen vor allem das goldene Herbstwetter in die Karten. Wegen der sommerlichen Temperaturen sind derzeit viele Einheimische und Touristen auf den Wanderwegen anzutreffen, was sich stark auf die Reservierungslisten der Törggelestuben auswirkt.

Neben den steigenden Energie- und Lebensmittelkosten macht Martin Oberhofer jedoch eine andere Sache besonders zu schaffen. „Derzeit bereitet uns das fehlende Personal Sorgen – man bekommt keine Menschen mehr zum Arbeiten. Wegen der ständigen Schließung und Öffnung der Restaurants und Gasthäuser während der Pandemie sind viele Arbeiter abgeschreckt worden und sind auf andere Branchen umgestiegen“, erklärt Oberhofer. Dennoch bleibt der Wirt positiv gestimmt und freut sich auf die kommenden Wochen.

Auch die Betreiber vom Hubenbauer in Vahrn blicken auf einen bisher erfolgreichen Monat zurück: „Wir sind mit der aktuellen Situation sehr zufrieden. Die Besucherzahl ist mit jener vor der Pandemie vergleichbar. Die steigenden Kosten machen uns natürlich wie jedem anderen Betrieb zu schaffen, aber wir blicken optimistisch in die Zukunft.“

Von einem enormen Besucheranstieg in diesem Jahr spricht auch Philipp Gummerer, Besitzer des Gummererhofes in Brixen. „Die vergangenen beiden Jahre waren besonders schwer. 2020 waren wir komplett geschlossen und 2021 wurden die Buschenschänke durch die hohen Auflagen enorm abgestraft. In diesem Jahr kann man schon von einem Ausnahmejahr sprechen, es kommen noch mehr Gäste als vor der Pandemie“, sagt Gummerer. Dafür hat der Wirt gleich mehrere Erklärungen: „Ein Grund ist in diesem Jahr neben dem traumhaften Wetter auch die Tatsache, dass die Menschen wieder mehr Lust aufs Zusammensein, auf das gemeinsame Essen und Feiern haben – das war zwei Jahre lang nicht möglich.“

Durch den frühen Start der Weinlese im heurigen Jahr konnte der Betreiber umso entspannter in die Saison starten und steht auch im Moment vor wenig Herausforderungen. Aber bereiten ihm der Personalmangel und die Strompreise nicht Kopfzerbrechen? „Vom Personalmangel sind wir persönlich wenig betroffen, da wir unseren Betrieb so aufgestellt haben, dass wir jeden Tag andere Mitarbeiter haben. Heutzutage findet man einfach keine Angestellten für die gesamte Saison“, erklärt der Betreiber. Die Energiekosten bereiten dem Wirt hingegen weniger Probleme, denn er hat früh vorgesorgt: „Wir sind bereits vor einiger Zeit auf Photovoltaik-Anlagen umgestiegen und dies hat sich auch auf der letzten Stromrechnung bemerkbar gemacht – denn diese ist gleich hoch wie im letzten Jahr. Wenn ich nicht auf Photovoltaik umgestiegen wäre, würde es mit Sicherheit ganz anders aussehen.“

In diesem Jahr konnte Philipp Gummerer feststellen, dass das Interesse nach einem Törggele-Abend weit über die Landesgrenzen hinausgeht. „Wir verzeichnen speziell in diesem Jahr einen enormen Anstieg von italienischen Besuchern wie selten zuvor. In unsere Stuben kommen Touristen, die vom Törggelen noch nie gehört haben und sich etwas komplett anderes darunter vorstellen. Es bereitet uns dann eine enorme Freude, diesen Gästen das Phänomen Törggelen näherzubringen“, erzählt der Betreiber des Gummererhofes.

Es könnte also im Moment für Südtirols Törggelestuben nicht besser laufen, die Folgen der Pandemie scheinen überwunden. Noch bis Ende November laden die Buschenschänke zum Törggelen ein, dann ist die „fünfte Jahreszeit“ auch wieder zu Ende.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • wichtigmacher

    Läuft ja, vielleich könnten diese ewigen Jammerer von Gastwirten und Touristikern jetz mal etwas von den Beiträgen und Unterstützungsgeldern zurückzahlen…….

  • andreas

    Die Kastanien werden teilweise vorgezählt und mit Gold aufgewogen, Schlachtplatte gibt auch nicht mehr überall und für 1 Knödel, Kraut und eine mickrige Hauswurst, verlangen einige 16-18 Euro. Muss man mögen…

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