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Seitenblicke 

Ralf Schenk

Ralf Schenk war der beste Kenner der DDR-Filme und er war ein Freund des Filmclubs. Jetzt ist er mit 66 unerwartet gestorben. 

von Renate Mumelter

Es war in den 1980er Jahren, die Mauer stand noch, Ralf Schenk und viele andere besuchten ein Filmseminar im ungarischen Eger, ich auch. Auf der Rückreise nach Budapest stiegen Ralf, seine Freundin und ich irrtümlich in einen Bummelzug, es war heiß und der Zug langsam, die Anschlüsse futsch. Später trafen wir uns in Bozen wieder. Martin Kaufmann hatte Ralf bei einem der vielen Festivals kennengelernt und in den Filmclub eingeladen. Seither war er in Bozen ein interessanter gern gesehener Gast, der sein Filmwissen gern mit dem Publikum teilte. 

Wichtigtun musste er sich nicht

„Ralf Schenk war ein Mann von leiser Souveränität. Wichtigtun musste er sich nicht, weil wichtig war, was er wusste“, schreibt die FAZ in ihrem Nachruf. „Sein Gewicht als Filmhistoriker und Journalist erwuchs aus einer immensen Kenntnis nicht nur der Kinogeschichte, sondern ebenso der Zeitumstände, der Literaturtheorie, auch der Musik.“ Auch nach Bozen brachte Ralf spannende Filme, beispielsweise die sogenannten Verbotsfilme.

Als Jugendlicher hatte der Thüringer begonnen, Filmkritiken zu schreiben. Später studierte er in Leipzig Journalistik. Dort leitete er den Jugendfilmklub Capitol und veröffentlichte in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften. Einer seiner Schwerpunkte lag auf Produktionen aus Ost-Europa und der DEFA. Er gehörte fünfzehn Jahre lang zur Spielfilm-Auswahlkommission für den Wettbewerb der Berlinale, kümmerte sich um die Sichtungen für das Dokumentarfilmfestival in Leipzig und arbeitete im Filmbeirat des Goethe-Instituts. 2014 war er Jurymitglied beim Festival in Bozen. 

Remani 

Ralf Schenk recherchierte auch in Südtirol und zwar zum Meraner Ernst Rechenmacher. Der hatte als Regisseur Ernesto Remani 1957 für die DEFA „Die Schönste“ gedreht. Später war dies der erste DEFA-Film, der in der DDR vollständig verboten wurde. 

DEFA 

Die Deutsche Film-AG wurde 1946 gegründet. Nach der Wende entstand eine Stiftung.

Von 2012 bis 2020 übernahm Schenk den Vorstand der DEFA-Stiftung, war deren Vorsitzender. Er trieb die Digitalisierung des Filmerbes voran, befragte Zeitzeugen und publizierte 2019 ein Buch über den Dokumentarfilmer Volker Koepp (auch dieser war einmal bei den Filmtagen). Erst im Mai erschien Schenks letztes Buch „Publikumspiraten“, das vom Genrekino in der DDR erzählt. 

Adieu

Wir haben Ralf Schenk beim Bolzano Filmfestival Bozen im April zum letzten Mal gesehen. Niemand ahnte, dass es so sein würde. 

Filmclub startet in den Herbst

Beim BFFB 22 war auch Adrian Goiginger zu Gast. Sein Film „Märzengrund“ gewann den Spielfilmpreis, und Goiginger freute sich gewaltig darüber. Angenehm und bodenständig waren die privaten Gespräche mit dem Regisseur und seiner Familie. Jetzt hatte erst seinen „Märzengrund“ Kinostart, und der war in Österreich vielversprechend. 

Goiginger gelingt es, dem gleichnamigen Theaterstück von Felix Mitterer etwas von der erdigen Schwere zu nehmen, die Mitterer eigen ist. Der Film lenkt den Blick auf die Entscheidung des jungen Elias, ein Leben ohne gesellschaftliche Zwänge und im Einklang mit sich selbst zu führen. Trotz aller Widrigkeiten. (seit Donnerstag im Filmclub).

 

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