Du befindest dich hier: Home » News » „Bin keine Bauernfeindin“

„Bin keine Bauernfeindin“

SVP-Senatorin Julia Unterberger über die Vorwürfe aus den Reihen der Landwirtschaft, ihre Einstellung zu Tierschutz, Jagd und Wolf sowie rechte Kollegen im Parlament.

Tageszeitung: Frau Unterberger, die SVP-Bauern des Bezirks sind unzufrieden mit Ihnen und schicken bei den parteiinernen Vorwahlen im Senatswahlreis Vinschgau/Burggrafenamt mit Martin Ganner einen Gegenkandidaten ins Rennen. Sind Sie eine Bauernfeindin?

Julia Unterberger: Absolut nicht. Wogegen ich als Tierschützerin bin, ist die Massentierhaltung. Deshalb kritisiere ich auch die Agrarpolitik der EU mit ihrer Förderung großer Strukturen. Es muss die Qualität im Vordergrund stehen und nicht die Quantität. Gerade die steigende Sensibilität der Menschen für das Tierwohl ist eine große Chance für Südtirol. Unsere Bauern haben schließlich die Möglichkeit, das Vieh artgerecht zu halten und ausreichend Auslauf zu gewährleisten. Ich stehe für eine nachhaltige Form der Landwirtschaft, die ja auch sehr gut zu unserem Land und seinem Tourismuskonzept passt.

Bergbauernvertreter Alberich Hofer sieht das anders: Er sagt, Ihre Vorstellungen von Tierschutz und Landwirtschaft seien in der Praxis für die Viehbauern nicht umsetzbar und ein Schaden. Was kontern Sie?

Diesen Vorwurf verstehe ich nicht, Alberich Hofer hat mit mir auch nie darüber gesprochen. Wenn die Tiere auf der Alm weiden, dann entspricht das genau dem, was ich mir unter artgerechter Haltung vorstelle. Absolut lächerlich ist wohl der Vorwurf , dass ich Vegetarierin bin. Das ist meine persönliche Entscheidung und ich dränge niemanden dazu, kein Fleisch zu essen. Allerdings trete ich dafür ein, dass die sogenannten Nutztiere ein gutes Leben vor dem Tod hatten. Im Übrigen werden alle sich zur Bekämpfung des Klimawandels mit dem Gedanken anfreunden müssen, künftig weniger Fleisch zu konsumieren. Die Tierhaltung hat bekanntlich an der Erderwärmung großen Anteil, weswegen Staaten wie die Niederlanden oder Deutschland bereits aktiv werden und einschränkende Maßnahmen treffen.

Die Bauern sind auch mit Ihrem Einsatz gegen Wolf und Bär in Rom unzufrieden?

Auch das verwundert mich, zumal genau ich diejenige war, die sich in der Wolfsproblematik in Rom am meisten eingebracht hat. Ich habe immer wieder beim jeweiligen Ministerpräsidenten und den zuständigen Ministern vorgesprochen. Ich habe versucht, die italienischen Tierschützer zu überzeugen, dass der Wolf mit unserer Almwirtschaft nicht vereinbar ist und habe ihnen die Bilder der toten Schafe geschickt. Was die Jagd betrifft: Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass die Jagd aus den Tierschutzgesetzentwürfen ausgeklammert wird.

Haben Sie das auch ausreichend kommuniziert?

Ja, ich kann Ihnen die Zeitungsartikel schicken.

Wie erklären Sie sich dann die Vorwürfe?

Wer meine politische Tätigkeit in Rom wirklich verfolgt hat, muss zugeben,dass diese Vorwürfe ein reiner Vorwand sind. Der wahre Grund, dass man mich abservieren will, ist nicht der Tierschutz und auch nicht das Großraubwild, sondern meine klare Positionierung auf der Seite des Landeshauptmanns. Ich habe in der „Freunde im Edelweißthematik“ klar Position bezogen. Ich stehe für eine liberale offene Gesellschaft. Das gefällt vielen konservativen Kreisen innerhalb der SVP nicht.

Haben Sie als Senatorin den Kontakt zu den SVP-Ortsgruppen vernachlässigt?

Ich bin in Rom Präsidentin der Autonomiefraktion, weshalb ich sehr viele zusätzliche Sitzungen zu absolvieren hatte. Ich war jede Woche von Montag bis Donnerstagabend in Rom, bei einer Anwesenheitsquote von ca. 96 Prozent der Sitzungen im Plenum des Senates. Dennoch habe ich immer versucht ,entweder in Präsenz oder online, auch an den Parteisitzungen teilzunehmen. Meine Anwesenheit wurde insbesondere von den SVP-Frauen und den ArbeitnehmerInnen angefragt. Die Bauern haben mich schlicht nie eingeladen, was mich auch nicht sonderlich verwundert, da die Landwirtschaft in Rom ja bestens vertreten ist und damit ausreichend Ansprechpartner hat.

Mit Ihnen und Martin Ganner hat die SVP-Basis bei den Vorwahlen nun eine Auswahl, die vorher nicht möglich war. Das ist doch eigentlich nur demokratisch?

Natürlich ist das legitim. Aber wenn ich höre, was im Hintergrund abläuft, dann kommen mir schon Zweifel. Es werden mir falsche Aussagen in den Mund gelegt und aus dem Osten kommen Anrufe, dass im Wahlkreis Bozen/Unterland wegen der Geschlechterquote eine Frau als Kandidatin aufgestellt werden muss, um mich zu verhindern. Scheinbar ist es so wichtig mich auszuschalten, dass die Parteispitze sogar einen aussichtsreichen Kandidaten wie Giovanni Seppi im Senatswahlkreis Bozen/Unterland dafür opfern würde. Außerdem ist die SVP ja ohnehin schon stark landwirtschaftslastig. Mit Martin Ganner würde nun ein weiterer Vertreter aus dieser Ecke ins Parlament einziehen. Mit der Zeit kann man wirklich von keiner Sammelpartei mehr sprechen, die auch die liberale Gesellschaft vertritt. Dann wird es eine Partei der Bauern und Jäger.

Martin Ganner wirbt intensiv um Stimmrechte für die Vorwahlen am 16. August. Sie auch?

Logisch werde ich das auch tun.

Welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Ich kann das nicht einschätzen. Die Tatsache, dass ich von vielen Ortsgruppen, der Bezirksleitung, dem Bezirkssozialausschuss, den SVP-Frauen und den Bezirkssenioren nominiert wurde, verschafft mir eine gute Ausgangslage. Dazu kommt, dass ich in Rom mit viel Einsatz gearbeitet habe und mir das von der Bevölkerung auch immer wieder attestiert wird.

Es zeichnet sich ab, dass in der kommenden Legislatur ganz andere Kräfte an der Macht sind als jene, denen Sie ideologisch nahestehen. Was tun Sie als Mitte-links-Anhängerin, wenn die Rechte um Giorgia Meloni das Sagen hat?

Zuerst schauen wir, wer die Wahlen am 25. September für sich entscheidet. Sollte tatsächlich die Rechte gewinnen, dann würde ich das Beste daraus machen. Ich kann auch sehr diplomatisch sein, wenn es sein muss. Ich verfüge über gute Kontakte auch zu Vertretern von Rechtsparteien und werde auch von vielen von ihnen für meine Arbeit geschätzt. Vieles in Rom läuft auf zwischenmenschlicher Ebene; einer meiner besten Kollegen dort ist beispielsweise ein Vertreter von Fratelli d‘Italia. Er ist wie ich ein Tierschützer. Aber auch mit der Fraktionssprecherin von Forza Italia und dem Fraktionssprecher der Lega komme ich gut aus. Der Legapräsident der Justizkommission hat bereits zweimal mich als Berichterstatterin bei wichtigen Gesetzen eingesetzt.

Was tun Sie, wenn Sie bei den Vorwahlen unterliegen?

Das täte mir sehr leid, weil ich meine Arbeit in Rom gerne mache. Aber ich  habe einen interessanten Beruf, den ich in Vollzeit ausüben kann. Und mit meiner Freizeit weiß ich auch was anfangen.

Interview: Karin Gamper

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (26)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • steve

    Wenn es jetzt angeblich überall einen Bauernvertreter braucht, dann sollen halt die Bauern ihren Bauernverter wählen.
    Ich werde ihn nicht wählen.
    Dann wähl ich lieber eine italienische Partei als Svp!

  • erich

    Dieses Interview kann man in der Pfeife rauchen, da schiebt sie die Nähe zum Landeshauptmann vor, der nun bei so manchen als Rettungsanker herhalten soll. Die Wahrheit ist, dass sie sich mit ihrer Arroganz auch unter den Südtiroler Parlamentarier, ins Abseits manövriert hat.

  • heinz

    Das Problem in der SVP heißt nicht Julia Unterberger sondern Meinhard Durnwalder.

  • tiroler

    Hochmut kommt vor dem Fall

  • andreas1234567

    Hallo aus D,

    speziell zu den „Staaten wie D und NL die schon Massnahmen ergriffen haben“..

    In den NL hat sich eine Bande von Akademikern und sonstigem Besserwisservolk gebildet, um die 1000 Leute.
    Finanziell bestens ausgestattet unter dem Dach einer sogenannten „Urgenta-Bewegung“.

    Die nutzen ihre wahnwitzigen Mittel um mit den besten Anwälten Urteile durchzusetzen die den Bauern mit utopischen Grenzwerten an den Kragen gehen.
    Das ist nie demokratisch entschieden worden, diese Leute haben das in Verbindung mit der Justiz angeschafft.
    Der Staat war quasi gezwungen das dann umzusetzen. Was der Staat aber nicht musste: Jedem Bauern dem es den Nacken bricht der bekommt vom Staat ein „Angebot“ zur Übernahme, mit allen Gebäuden und Maschinen. Eine Enteignung.In manchen Gegenden ist es praktisch die Wahl zwischen „verrecken&verkaufen“ oder „verschulden, verrecken,Schulden abbezahlen und ab ins Armenhaus“

    Dagegen wehren sich die Bauern, kippen dann schon einmal einige Wagenladungen Mist auf die Autobahn und das Plakat „den einzigen Boden den ihr von uns bekommt“ hängt daneben.

    Zusätzlich fordern sie die Bevölkerung auch auf sich sichtbar auf Bauernseite zu stellen (Steun de Boeren)
    Das Hissen der Flagge auf den Kopf (v(ag onderboven) oder das Tagen eines Boerenzakdoek (so ein rotes Bauernhalstuch) an Auto, Kleidung oder Rucksack.

    Das als Korrektur damit nicht der Eindruck entsteht in den Niederlanden wäre das irgendwie einmal demokratisch entschieden worden..

    Gruss aus D

  • zeit

    ich glaube Julia ist mehr männer feindlich als buernfeindlich

  • zeit

    guter yannis: alle politiker haben den kasten voll.

  • brutus

    Also den Südtiroler Bergbauern Massentierhaltung vorzuhalten ist ein starkes Stück!

  • robby

    Peinliches Anbiedern Frau Unterberger. Aber wer sein Ziel wie Sie nie aus den Augen verliert kann auch mal einen solchen Frosch schlucken. Jahrelange fette Politikerbezügen helfen, den schalen Geschmack runterzuspülen.

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen