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Stumpfe Waffe

Die Arbeiten des SAD-Untersuchungsausschusses im Südtiroler Landtag werden enden wie das Hornberger Schießen. Warum die Opposition gar nicht an der Aufklärung des SAD-Skandals interessiert ist.

von Artur Oberhofer

Andreas Leiter Reber räumt ein, dass das Instrument Untersuchungsausschuss eine ziemlich stumpfe politische Waffe ist. „Die Arbeit eines U-Ausschusses bei uns in Südtirol ist nicht vergleichbar mit den U-Ausschüssen, so wie wir sie aus Österreich oder Deutschland kennen“, so der Freiheitliche, der dem U-Ausschuss zum SAD-Skandal vorsteht.

Andreas Leiter Reber will sich noch nicht zu weit aus dem Fenster hinauslehnen, aber es scheint klar, dass der SAD-Untersuchungsausschuss, wenn er denn seine Arbeiten abschließt, zu keinen spektakulären Erkenntnissen gelangen wird. „Im Fokus unserer Arbeit steht die Überprüfung und die politische Bewertung der Ausschreibung der Bus-Konzessionen, wobei die zentrale Frage ist, was kurz vor und kurz nach der Annullierung der Ausschreibung geschehen ist“, sagt Leiter Reber.

Der SAD-Untersuchungsausschuss ist am 7. Juli 2020 auf Initiative der Freiheitlichen vom damaligen Landtagspräsidenten Sepp Noggler per Dekret eingesetzt worden. Den Vorsitz im Ausschuss führt Andreas Leiter Reber, seine Stellvertreterin ist Rita Mattei von der Lega. Als Schriftführer fungiert der Grüne Riccardo Dello Sbarba.

Weiter Mitglieder sind: Helmuth Renzler (SVP), Paul Köllensperger (Team K), Myriam Atz-Tammerle (STF), Sandro Repetto (PD), Diego Nicolini (5 Sterne), Carlo Vettori (Forza Italia), Josef Unterholzner (Enzian) und Peter Faistnauer (PFS).

Der U-Ausschuss nahm seine Arbeit auf, nachdem Anfang Juni 2020 die TAGESZEITUNG und das Nachrichtenportal Salto erstmals Details aus einem damals noch geheimen Ermittlungsbericht der Staatspolizei zur SAD-Affäre publiziert hatten. Im Juli 2020 begann ein Spießrutenlauf, der bis heute andauert und der darin besteht, dass der SAD-Untersuchungsausschuss das aufarbeitet, was längst öffentlich bekannt ist, weil er selbst keinen Zugang zu den wichtigsten Akten hatte und hat.

Andreas Leiter Reber hat mehrmals öffentlich erklärt, dass im Fall SAD „viel mehr Unterlagen in Journalistenkreisen zirkulieren, als wir selbst haben“. Die Gerichtsbehörden haben dem Ausschuss nur ein paar hundert Aktenseiten übermittelt, wobei ein Großteil der Dokumente geschwärzt war.

Zwar hat der Ausschuss zahlreiche Personen angehört. Aber wer sich durch die jahrelange Arbeit des SAD-Untersuchungsausschusses neue Erkenntnisse erwartet, der dürfte enttäuscht werden. Denn inzwischen wird klar, dass die Ausschussmitglieder nur an der Oberfläche gekratzt haben. Für die Opposition war der Ausschuss ein Schaufenster, in das man sich stellen und so tun konnte, als wolle man tief graben.

Und die SVP, die im U-Ausschuss durch Helmuth Renzler vertreten ist, wollte den SAD-Skandal – wie man heute weiß – nie aufarbeiten, obwohl Spitzenvertreter der Volkspartei bereits im Sommer vergangenen Jahres Kenntnis von einzelnen Audio-Dateien und Insiderinformationen hatten. Andreas Leiter Reber räumt denn auch ein, dass es seinem U-Ausschuss nie darum gegangen sei, der Großen These auf den Grund zu gehen, nämlich dem unsäglichen Umstand, dass ein Unternehmer, Ingemar Gatterer, mithilfe von Spitzenvertretern der SVP den amtierenden Landeshauptmann stürzen und die Politik in Südtirol bestimmen wollte.

Dem U-Ausschuss, so Leiter Reber, gehe es nur um die politische Bewertung der Annullierung der Ausschreibung. Es sei inzwischen „mehr als nur erwiesen“, so der F-Obmann, „dass Private versucht haben, Einfluss auf die öffentliche Verwaltung auszuüben“. Die zentrale Frage, so der Ausschussvorsitzende sei nun: „Hat die Verwaltung es tatsächlich geschafft, diese Einflussnahme zu verhindern, wie jetzt behauptet wird, oder nicht.“

Andreas Leiter Reber sagt ausdrücklich, er wolle einer abschließenden Bewertung des SAD-Untersuchungsausschusses „nicht vorgreifen“, aber er sei nicht der Meinung des Landeshauptmannes, der gebetsmühlenartig die These der standhaft gebliebenen Verwaltung wiederhole. Leiter Reber sagt nur so viel: „Es gibt konkrete Hinweise darauf, dass es zumindest auf Beamtenebene Vorkommnisse gegeben hat, die überprüft und bewertet werden müssen.“ In bestimmten Bereichen sei die Einflussnahme auch gelungen.

Das Kalkül ist klar: Die Opposition interessieren nicht das Sittenbild und der gesellschaftspolitische Kontext, der dem „Freunde im Edelweiß“-Skandal zugrunde liegen, sondern ihr geht es nur darum, dass der Landeshauptmann nicht mit einer weißen Weste aus diesem Skandal herauskommt. Denn Andreas Leiter Reber & Co. wissen ganz genau: Ein gestärkt und mit sauberen Händen aus diesem Skandal hervorgehender SVP-Spitzenkandidat Arno Kompatscher wäre der Alptraum für die Opposition im Hinblick auf die Wahlen 2023.

Vor der skandalgebeutelten SVP hat die Opposition keine Angst, wohl aber vom Landeshauptmann, der in der Öffentlichkeit ein gutes Standing hat und als kompetent und „sauber“ wahrgenommen wird.

Nur um Arno Kompatscher zu schädigen, war sich die Opposition zuletzt auch nicht zu schade, Thomas Widmann in einen Seligen-Status hochzuloben.

Laut Andreas Leiter Reber werde der U-Ausschuss seine Tätigkeit voraussichtlich erst im September dieses Jahres abschließen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (23)

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  • perikles

    Da lässt der Oberhofer aber kein gutes Haar an der Opposition. Die ist ja noch schlechter als die SVP..da bleibt bei den nächsten Wahlen nur noch weiss zu wählen.

  • andreas

    So lange die Opposition sich so tölpelhaft wie bei diesem Ausschuß verhaltet und 2 langhaarige Journalisten ihnen die Fakten hintragen müssen und sie diese nicht mal verwerten können, sehe ich keine akute Gefahr für die SVP.

    Am problematischsten sehe ich eigentlich die Gespräche zwischen Burger und Silbernagel und den Versuch, nachträglich die Ausschreibungskriterien zu Gunsten von Libus zu ändern, was der LH aber abgelehnt hat.

    Hätte der alte Gatterer die Mail nicht öffentlich gemacht, hätte die SAD wohl einige Linien bekommen und die Angebote von Libus wären sowieso annuliert oder erst gar nicht zugelassen worden.
    Gatterer hat sich da selbst sein eigenes Grab geschaufelt.

  • paul1

    FREIHEITLICHE NEIN DANKE! Keine andere Partei hatte so viele Skandale wie die Freiheitlichen Die sollen lieber vor der eigenen Tür kehren!

  • sukram

    Der Artikel überzeugt mich nicht. Das ist eine journalistisch zweifelhafte Behauptung „Das Kalkül ist klar:“

    • gorgo

      Mich auch nicht.
      Das es dem U-Ausschuss weniger um Oberhofers große These geht, sondern um die Vorgänge rund um die Ausschreibung und nicht darum Kompatschers Weste noch weisser zu waschen, liegt in der Natur der Sache. Mit Burger und Silbernagel beschäftigt sich nun das Gericht. Mal schauen was dort herauskommt.

  • dn

    Sowohl die SVP als auch die Opposition sollen endlich die Arbeit machen, wofür sie bezahlt werden. Beide sollten nicht nur die Marionetten der Ebners sein.

  • artimar

    Es fehlt in diesem Land politische Kultur.
    Die Buchautoren und ihr Zuträger sind die besten. Die Hämme gegen den Untersuchungsausschuss hier selbstredend. Denn eigentlich kann/muss jeder aufrechte Demokrat, auch ein Journalist noch, darüber nur empört sein, dass dem höchsten Organ des Landes, dem Landtag der vollumfängliche Zugang zu den Daten für seine Arbeit im allgemeinen Interesse versagt bleibt.
    Stattdessen haben es hier nun einzig private Profiteure in der Hand, interessensgeleitet einzelne Teile der Abhörprotokolle medial und politisch (manipulativ) zu vermarkten, mit der Gefahr der (späteren) Erpressbarkeit selbst des Landeshauptmannes. Schließlich war neben Gatterer ja Kompatscher die Person, gegen die ermittelt und die abgehört wurde.
    Nun ist es wohl vor allem an LH Kompatscher selbst, alles transparent zu machen. Schließlich hat er ja nichts zu verbergen.

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