Du befindest dich hier: Home » Politik » Der Paukenschlag

Der Paukenschlag

Fabrizio Cavallar

Das Rechtsamt des Ministerrats-Präsidiums hält die Wahl von Fabrizio Cavallar zum Verwaltungsrichter für rechtswidrig, er ficht das entsprechende Schreiben an. Und hofft, dass der Landtag kommende Woche nicht Carlo Busato nominiert.

Von Thomas Vikoler

Es war eine schwere Geburt Anfang April im Landtag, auf die nun eine weitere Komplikation folgt: Das Rechtsamt des Ministerratspräsidiums hat dem Südtiroler Landtag in einem Schreiben vom 29. April mitgeteilt, dass das Verfahren zur Bestätigung der Wahl von Fabrizio Cavallar zum Verwaltungsrichter gestoppt worden ist. Begründung: Cavallar, derzeit Leiter des Rechtsamtes des Landes, war am 7. April, dem Tag des Landtagsvotums, älter als 60 Jahre.

Laut einer Durchführungsbestimmung, die seinerzeit von SVP-Senator Karl Zeller formuliert worden war, ist die Ernennung zum Verwaltungsrichter ab diesem Alter nicht mehr möglich. „Der Besitz dieser anagrafischen Voraussetzung ist eine Voraussetzung für die Genehmigung der Nominierung durch den Ministerrat“, heißt es kurz in dem Rechtsgutachten des Ministerratspräsidiums.

Über die rechtlichen Folgen dieses Schreibens wurde gestern bei den italienischen Landtagsabgeordneten, welche sich nach drei Abstimmungen intern für Cavallar (und gegen Mitbewerber Carlo Busato) ausgesprochen hatten, intensiv diskutiert: Carlo Vettori von Forza Italia meinte etwa, die Richterstelle am Bozner Verwaltungsgericht müsse neu ausgeschrieben werden, der grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba geht davon aus, dass der Landtag einen neuen Nominierungsbeschluss fassen müsse.

Das ist offenbar die Absicht von Landtagspräsidentin Rita Mattei: Sie hat den Punkt für Dienstag kommender Woche auf die Tagesordnung gesetzt.

Wenn sich die acht italienischen Abgeordneten zuvor auf eine gemeinsame Linie einigen, könnte dort tatsächlich Carlo Busato, derzeit interimistischer Leiter des Landesgerichts Bozen, zum neuen Verwaltungsrichter bestimmt werden. Landeshauptmann Arno Kompatscher meinte gestern, dass das Stopp-Zeichen der Regierung voraussehbar gewesen sei. Es sei von Anfang an klar gewesen, wie hier die Durchführungsbestimmung anzuwenden sei.

Busato selbst wollte gestern zu diesem Szenario keine Stellungnahme abgeben, signalisiert aber, dass er den Posten annehmen würde. Er vollendet im Dezember das 60. Lebensjahr.

Doch es gibt auch andere mögliche Wege mit diesem riesigen rechtlichen Pasticcio umzugehen. Es ist Cavallar selbst, derzeit weiterhin im Landesdienst, der sie aufzeigt.

„Es ist für mich eine wahrhaft kafkaeske Situation. Ich wurde vom Landtag regulär zum Verwaltungsrichter bestellt und muss nun auf eigene Kosten rechtliche Schritte einleiten“, sagt der Verwaltungsjurist gegenüber der TAGESZEITUNG.

Cavallar wird das Schreiben aus Rom beim Verwaltungsgericht Latium anfechten und dort auch dessen einstweilige Aussetzung beantragen. „Die Aussetzungsverhandlung könnte am 18. Mai stattfinden und einige Tage später das Ergebnis vorliegen“, betont er. Und er hofft darauf, dass der Landtag zumindest diese Entscheidung abwartet, bevor er einen Beschluss fasst. „Würde Busato an meiner Stelle gewählt, wäre das mir gegenüber eine Ungerechtigkeit so groß wie ein Haus“, sagt Cavallar.

Dann hätte der Landtag faktisch zwei Verwaltungsrichter gewählt mit einer voraussehbaren Rechtsunsicherheit für beide Betroffenen.

Cavallar erwartet sich, dass das Landtagspräsidium einen weiteren Schritt unternimmt: Nämlich die bisher eingenommene Rechts-Auffassung, dass nämlich für die Nominierung zum Verwaltungsrichter nicht das Alter des Ausersehenen zum Zeitpunkt des Landtagsbeschlusses (7. April) zählt, sondern zum Zeitpunkt der Abgabefrist für die Gesuche (Anfang Oktober).

Cavallar vollendete am 24. Jänner das 60. Lebensjahr, wenige Tage nach seinem Kolloquium mit der Auswahlkommission. Ursprünglich hätte der Landtag den Nominierungsbeschluss vor seinem Geburtstag fällen sollen, er wurde aber wegen der rechtlichen Unsicherheit und der Abwesenheit von Präsidentin Mattei auf April verschoben. Cavallar erwartet nun, dass das Landtagspräsidium rechtlich gegen das Schreiben argumentiert und versucht, das Rechtsamt des Ministerratspräsidiums umzustimmen. „Es kann nicht sein, dass ein römisches Büro entscheidet, was ein Landtag zu beschließen hat. Es ist offensichtlich, dass man die Spielregeln nicht während eines Spiels ändern kann“, meint der Betroffene.

Laut ihm gilt nirgends bei Richternominierungen ein Höchstalter von 60 Jahren, die hiesige Bestimmung verstoße zudem gegen die europäischen Bestimmungen zur Altersdiskriminierung. Cavallars sakrastische Frage: „Ich könnte in meinem Alter als Pilot eine Boeing fliegen, soll aber zu alt für das Bozner Verwaltungsgericht sein?“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen