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„Den Kontakt zur Natur verloren“

Foto: lpa/unsplash

Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer spricht in Zusammenhang mit dem „Hit und run“-Tourismus in Prags von einem gefährlichen Phänomen.

14 Menschen sind in den vergangenen drei Tagen durch das Eis in das eisige Wasser des Pragser Wildsees eingebrochen, darunter ein sieben Monate altes Baby.

Damit bestätigt sich der Pragser Wildsee als eine der touristischen Destinationen, in der die  Phänomene des touristischen Überbelastung (Overtourism) und des „Hit und run“ leider bestens beobachtet werden können, erklärt Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer.

Die Öffentlichkeit erwarte sich bei solchen Vorfällen Antworten von der Politik, ungeachtet der Tatsache, dass der Bürgermeister von Prags, das Begehen des See-Rundweges verboten hatte. Ein Verbot, das weitgehend missachtet wurde, so die Landesrätin. Die Ordnungs- und Sicherheitskräfte dürften ihre Kontrollen am Pragser Wildsee verstärken.

Die für Raumordnung und Landschaftsschutz und damit auch für die Naturparks zuständige Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer zeigt sich davon überzeugt, „dass das Thema nicht auf Kontrollen beschränkt werden kann, obwohl diese eine Notsituation sicher lindern“.

„Wir haben es hier mit einem noch nie dagewesenen gesellschaftlichen Phänomen zu tun“, zeigt sich Landesrätin Hochgruber Kuenzer überzeugt, „Tausende von Menschen machen sich auch in dieser Jahreszeit nach Prags auf, um ein Selfie zu schießen und in den sozialen Medien zu veröffentlichen. Dabei kennen sie die Besonderheiten der Bergwelt nicht, in der sie sich befinden. Sie können die Gefahr eines zugefrorenen Sees im Frühjahr nicht einschätzen, obwohl die zahlreichen aufgetauten Stellen als offensichtliches Gefahrenzeichen zu erkennen waren. Es handelt sich um Menschen, die den Kontakt zur Natur verloren haben und damit auch die Fähigkeit, Gefahrensituationen wahrzunehmen; aber auch um Menschen, die Verbote außer Acht lassen, die zu ihrer Sicherheit getroffen wurden.“

Laut der Landesrätin bleibt die Frage immer die gleiche: Welche Entwicklung wollen wir für unser Land?

2018: 1,2 Millionen Menschen in vier Monaten am Pragser Wildsee 

Das Netzwerk Entwicklung, nachhaltiger Tourismus und Mobilität der Stiftung Dolomiten UNESCO, das die Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung koordiniert, überwacht ständig die wichtigsten touristischen Hotspots im UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten. Demnach besuchten 2018, zwischen Juni und September, 1.215.540 Menschen den Pragser Wildsee, mit durchschnittlich 12.694 Menschen im August und einem Spitzenwert von 17.874 am 16. August.

Sowohl der Pragser Wildsee als auch die Drei Zinnen befinden sich in zwei der sieben Naturparks Südtirols. Die sieben Naturparks mit ihrem Netzwerk von sieben Besucherzentren und fünf Informationsstellen, das sich über das gesamte Landesgebiet spannt, spielen eine grundlegende Rolle in der Umweltbildung. Viele Initiativen sprechen besonders junge Menschen an, darunter zum Beispiel jene der Junior Ranger, die Wissen über die Lebensräume, Flora, Fauna und kulturellen Aspekte der Parks vermittelt. „Als Koordinationsstelle der UNESCO Dolomiten Welterbes arbeitet Südtirol mit verschiedenen Stakeholdern zusammen, auch mit Tourismusverbänden“, unterstreicht die Landesrätin, die das Projekt „Achtsam am Berg – Respect the mountain“ als Beispiel aufzeigt, wie ein Tourismus gefördert werden kann, der der Bergwelt achtsam und respektvoll begegnet.

Das Mobilitätsmanagement bezeichnet die Landesrätin in diesem Zusammenhang als wichtiges Instrument, sie spricht sich aber für „mehr Netzwerkarbeit“ aus. Es gelte Kooperationen zu stärken und eine immer noch sehr einseitige Sicht zu überwinden, um einerseits das Bewusstsein der Menschen zu schärfen und sie zu informieren, und andererseits eine breite Bewerbung bereits beliebter Destinationen wie des Pragser Wildsees oder der Drei Zinnen zu vermeiden“. Das müsse auch das Marketing berücksichtigen, betont Hochgruber Kuenzer, „sonst nähren wir einen Teufelskreis: Je öfter ein Ort fotografiert und das Bild geteilt wird, desto stärker steigt die Attraktivität dieser Destination, die viele weitere Menschen anzieht, die an diesem Hotspot gewesen sein wollen“.

Die Forschung – wie jene des Netzwerkes für Entwicklung, Tourismus und Mobilität in Zusammenarbeit mit der Universität Ca‘ Foscari – belegt, dass der Massentourismus das individuelle Reiseerlebnis und die Urlaubsqualität erheblich verringert und Touristen enttäuscht nach Hause zurückkehren lässt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (14)

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  • steve

    Hat uns nicht dieser Widmann diese unsägliche Filmförderung und damit all diese Probleme eingebrockt?!

  • criticus

    Ach Frau Hochgruber, ihr Kommentar hat noch gefehlt? Danke, dass Sie ihr ach so wichtiges Statement abgegeben haben.

  • nochasupergscheiter

    Also ich weiss nicht wie blöd wir noch werden wollen…
    Man diskutiert darüber und ist sich im klaren dass Schüler immer noch masken tragen sollen…
    Kein Politiker erhebt die Stimme…
    Wir haben die digitale Knechtschaft schon im Hintern stecken nach chinesischem Vorbild siehe: https://tkp.at/2022/04/19/in-italien-erstes-europaeisches-sozialkreditsystem-kommt/?fbclid=IwAR1fJPfMTKmpOOCWbtOAHWcCNlIFDT4qHD1Jr_JFJ4na5Q8EZj4LUbwZChA

    UND DANN SEHE ICH AUF RAI SENDER BOZEN DIE LT VERANTWORTLICHEN ÜBERALL AUFGESTELLTEN SCHILDER AM PRAGSER WILDSEE:
    BETRETEN AUF EIGENE GEFAHR?.??
    JA SIND WIR BLÖD? SO EIN SCHILD STEHT AUF JEDEM SPIELPLATZ… Das ist wohl das einzige homologierte Schild das sie gefunden haben…
    Das schreckt sicherlich niemand ab…
    Und dann wundert man sich

  • gulli

    Dies sind nur die Früchte der Aussaat der letzten Jahre. Wir wollen immer mehr Touristen, unser Land wird als riesige Spielwiese verkauft. Nun braucht es Regeln wie auch in anderen Spielparks üblich: unter 110cm kein Zutritt, nur max. 4 Personen, nicht hinter die Absperrung treten usw.
    Weiteres Potential steckt im Radtourismus den wird derzeit heranziehen, vor allem die derzeit sich formende E-Bikegeneration. Irgendwann, wenn es dann zu Unfällen kommt, wird es wieder einen Aufschrei geben wir müssen handeln…
    Alles nur hausgemacht und vieles würde sich im vornherein vermeiden lassen, wenn wir nicht so gierig wären!

  • andreas

    Das pseudophilosophische Geschwafel von „den Kontakt zur Natur verloren“ usw. ist doch lächerlich.

    Wenn ein Mailänder 1x im Jahr nach Alto Adige fährt, um auf den Spuren von Terence Hill zu wandeln und die Gefahr eines halbzugefrorenen Sees nicht einschätzen kann, sind nun mal die lokalen Verantwortlichen, sprich Gemeinde und Carabinieri, dafür zuständig, die Gefahr auf ein Minimum zu reduzieren.

    Wenn Gemeinde und Carabinieri es nicht schaffen, Verbote durchzusetzen, sollten sie mal in erster Linie darüber anchdenken, was sie falsch gemacht haben, die alleinige Schuld auf die Touristen abzuwälzen, ist ein Armutszeugnis.
    Aber anscheinend sind wir Südtiroler gut beim Abkassieren, wenn es aber darum geht, Verantwortung zu übernehmen, sind wir um keiner Ausrede verlegen.

    Das fast alle über die „blöden Touristen“ schimpfen, ist auch so ein Phänomen in Südtirol, wir fühlen uns als das Zentrum der Welt und dem Rest weit überlegen.

    • asterix

      Naja, der Mailänder der nicht schnallt dass manin einem See einbrechen kann ist doch eher weit hergeholt. So weltfremd kann doch niemand sein. Und wenn man schon dem Tourismus wegen Gefahren auf ein Minimum reduzieren müsste, bräuchte es ja auf jedem Berggipfel und Wanderweg Geländer. Schilder sollten chon reichen. Weil wenn keine Schilder aufgestellt werden, könnte es ja glatt noch einem in den Sinn kommen den Besitzer des Sees zu verklagen, weil er zu Schaden gekommen ist. Und bitte ja die richtigen Schilder, sonst endets wie bei dem Rodelubfall auf dem Rittner Horn.

  • brutus

    „Hit and run“
    …schöne Umschreibung für
    „…wir haben einen Knall!‘

  • aufmerksamerbeobachter

    Die Mit Geld verkaufte Heimat, dies ist nur ein Beispiel was die Politik angestellt hat und die anderen spielen fleißig als Hampelmänner mit.
    Jeder Tourist der zum Fotographieren zum PragserWildSee fährt müsste 50 Euro bezahlen und dieses Geld ist dann den einheimischen Pragsern zukommen zu lassen.

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