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Der ungehorsame Wirt 

Franco Collesei

Der Streit um die Ausgestaltung der Gastgärten in Bozen eskaliert: Franco Collesei, Wirt am Bozner Waltherplatz, stellt dort seine gewohnte Überdachung auf. Ohne Genehmigung seitens der Gemeinde.  

von Thomas Vikoler 

Ein halbes Dutzend Arbeiter sind mit den Bauteilen beschäftigt, die sich während des Winters in einem Magazin befanden: Podeste für den Gastgarten, zwei Container für die Servicekräfte und die Gerüste samt Sonnen- und Regenschutz für die Überdachung. Die gewohnte Ausgestaltung des Gastgartens des Walthers’ am Waltherplatz.

„Wir sind ein Restaurant und können es uns nicht leisten, dass die Gäste bei einem Regenguss flüchten müssen“, bemerkt Franco Collesei, seit 15 Jahren Betreiber des Walthers`.

Er ist sich dessen bewusst, dass er für das Aufstellen der Bauteile auf einer öffentlichen Fläche keine Genehmigung hat und spricht von „zivilem Ungehorsam“. In den vergangenen Wochen hatte er mit einer Übergangsgenehmigung der Gemeinde auf den ihm zugewiesenen Flächen Tische und Stühle aufgestellt, nun will Collesei wieder zu seiner gewohnten Ausstattung zurückkehren.

Was nicht ganz stimmt: Im vergangenen Oktober musste er seine Gerüste und Container nach einer Verfügung des Vermögensamtes der Gemeinde Bozen früher als geplant abbauen. Dagegen behängt ein Rekurs vor dem Verwaltungsgericht. „In den Jahren davor hatte es nie Probme gegeben, alle meine Ansuchen für die Besetzung der öffentlichen Flächen wurden umstandslos genehmigt“, betont der Wirt.

Spätestens im vergangenen Herbst drehte sich aber der Wind im Rathaus: Im Vermögensamt war man – nach knapp zwei Jahren Corona-Gastgarten-Wildwuchs – zum Schluss gekommen, dass für die Genehmigung ein Gutachten des Landesdenkmalamtes notwendig sei. Ein bindendes Gutachten, wohlgemerkt.

Im November klärte Luigi Scolari, Leiter des Landesamt für Bau- und Kunstdenkmäler, die Bozner Wirte bei einem Referat über die Position des Denkmalamtes auf: In Bozen sollten Gastgärten – so wie in Trient – möglichst frei von Gestellen, Markisen und anderen Vorrichtungen sein, welche den Blick auf die dahinterliegenden Gebäude verstellen.

Für die Erstellung eines Gutachtens zu den einzelnen Anträgen an das Vermögensamt hat das Denkmalamt 120 Tage Zeit. Walthers-Betreiber Collesei hat seinen Antrag im Jänner gestellt und wartet weiter auf eine Antwort. Er rechnet damit, dass das Denkmalamt ein negatives Gutachten erteilen wird, er also keine Genehmigung erhält.

Dennoch hat er sich zum Aufstellen seiner Gerüste entschieden – auch aus Protest gegen die Handhabung der Gastgarten-Frage durch die Gemeinde Bozen.

Diese hat nämlich eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der Vertreter von Verwaltung, Denkmalamt und Wirtschaftsverbänden eine Art Kompromiss zum Thema finden wollen. Am letzten Dienstag fand die zweite Sitzung der Arbeitsgruppe statt, die das bisher kaum beachtete Gastgarten-Reglement aus dem Jahre 2011 erneuern soll.

Franco Collesei geht das alles viel zu langsam, er fordert legitimerweise Planungssicherheit für seinen Betrieb 80 Sitzplätzen und 30 Angestellten. Am Dienstag hat er wegen der angelaufenen Aufstellarbeiten am Waltherplatz bereits Besuch vom Vermögensamt der Gemeinde erhalten. Er will sie fortsetzen und zückt ein Foto vom Waltherplatz im Jahre 1940. An derselben Stelle sind dort ähnliche Sonnen- und Regenschutzdächer des Restaurants des Hotels Greif zu sehen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • tiroler

    Recht har er, der Wirt. Leute die arbeiten, muss man arbeiten lassen und nicht mit Gewalt schädigen.. Der Amtsschimmel kann im Rathaus bleiben, dort ist er unter Seinesgleichen.

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    Gemeinden und Behörden müssen endlich aufhören, die Leute welche arbeiten müßten zu schikanieren. Eine Genemigung da, ein Gutachten dort, einen Stempel, eine Gebühr, eine Stempelmarke … und und und
    Die Leute sind am Ende und kurz vor dem Aufgeben !
    Begreift denn das niemand ?
    Unsere super-Beamten sicher nicht, denn sonst wären sie ja arbeitslos.

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