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Leben mit Autismus

Das Fachzentrum für Autismus behandelt derzeit monatlich rund 140 Patienten aller Altersgruppen, aber die Warteliste ist immer noch zu lang.

Am Samstag, 2. April, wurde der Welt-Autismus-Tag begangen, der 2007 von der UN-Generalversammlung eingeführt wurde, um das Bewusstsein für die Rechte von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen zu schärfen und ihre soziale Integration zu fördern.

Nach Angaben des Nationalen Autismus-Observatoriums des Istituto Superiore di Sanità, welches die Autismus-Spektrum-Störungen erforscht, leidet in Italien 1 Kind von 77 im Alter zwischen 7 und 9 Jahren an dieser Störung. Weltweit schwanken die Zahlen und erreichen in den Vereinigten Staaten sogar 1 Kind von 54.

Die Störung, die bei Männern viermal häufiger auftritt als bei Frauen, zeigt sich vor allem bei Schwierigkeiten in der Kommunikation und in der sozialen Interaktion in einer Vielzahl von Lebensbereichen, aber auch durch Verhaltensmuster, Interessen oder Tätigkeiten, die eingeschränkt und repetitiv sein können.

Die Komplexität der Störung variiert auch stark nach dem Schweregrad des Funktionsniveau, was wiederum zu einer unterschiedlichen gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Belastung für die Person und ihre Familie führt.

Zur Sensibilisierung für die Thematik, hat das Fachzentrum für Autismus „Il Cerchio – Der Kreis“, welches mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb konventioniert und seit fast 10 Jahren auf Landesebene tätig ist, eine Online-Informationsveranstaltung organisiert, an der über 300 Personen teilgenommen haben, darunter Fachleute aus dem Gesundheits-, Schul- und Sozialbereich sowie Vertreter öffentlicher und privater Einrichtungen, die sich um Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Autismus kümmern und zahlreiche Familienangehörige von Menschen mit Autismus.

Die Tagung wurde von Andreas Conca, Primar des Psychiatrischen Dienstes, und Donatella Arcangeli, Primarin des Dienstes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, eröffnet, die einen kurzen Überblick über die Betreuung von Patienten mit Autismus in Südtirol gegeben haben.

Daraufhin haben verschiedene Experten des Fachzentrums (Psychologen, Pädagogen, Logopäden) Vorträge über die frühen Anzeichen der Störung, die bereits im Alter von 18 Monaten eines Kindes festgestellt werden können, sowie über den Abklärungsprozess, der für die Anpassung der individuellen Betreuungsprojekte von grundlegender Bedeutung ist, gehalten.

Weiters haben die Kliniker auch über ein seit mehreren Jahren laufendes Projekt berichtet, das Jugendliche und junge Erwachsene mit Autismus bei der Entwicklung ihrer sozialer Kompetenzen begleitet. Durch Gruppeneingriffe lernen Patienten ihre Fähigkeiten zu verbessern und sich besser in unsere Gesellschaft zu integrieren.

Zum Abschluss der Veranstaltung haben zwei Patienten des Fachzentrums ihre persönlichen Erfahrungen mit den Anwesenden geteilt. Durch rührende Beiträge haben die Patienten über den langen Prozess zur Selbsterkenntis der persönlichen Eigenschaften berichtet, und wie sie ihr Bewusstein genutzt haben, um ihre Lebensqualität auch in den Beziehungen mit anderen Menschen zu verbessern. Aus den Erzählungen ist auch hervorgegangen, welche großen Herausforderungen sie tagtäglich zur Integration in die Gesellschaft meistern müssen.

Für Autismus zu sensibilisieren ist eine Aufgabe, die uns sehr am Herzen liegt, denn wir sind der Meinung, dass dies notwendig ist, um die Integration von Menschen mit Autismus in die Gesellschaft zu ermöglichen. Die autistische Denkweise funktioniert anders als jene, die wir zu kennen gewohnt sind, aber sie hat ihre eigene, oft sehr präzise Logik. Dies zu verstehen, erleichtert den Umgang mit Menschen im Autismus-Spektrum und fördert so die Integration„, erklären die Direktorinnen des Fachzentrums, Elena Bertoluzza und Verena Isaia. „Wir sind jedoch fest davon überzeugt, dass das Leben von Menschen mit Autismus nur dann entscheidend beeinflusst werden kann, wenn multidisziplinäre Netzwerkeingriffe durchführt werden. Das bedeutet, dass es unerlässlich ist, die individuellen klinischen Projekte mit allen Menschen, die täglich mit dem Patienten arbeiten, zu koordinieren und zu teilen. Nur so können wir unseren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sowie deren Familien helfen, ihre Lebensqualität zu verbessern„.

Das Fachzentrum behandelt derzeit monatlich rund 140 Patienten aller Altersgruppen, aber die Warteliste ist immer noch zu lang:

„Um unser Angebot für alle Bedürftigen zu gewährleisten, arbeiten wir gemeinsam mit dem Sanitätsbetrieb daran, unsere Fachambulanz zu erweitern und damit die Warteliste auf ein Minimum zu reduzieren. Angesichts der großen Notwendigkeit, Unterstützungs- und Entlastungsprogramme für Familien in besonders schwierigen Situationen anzubieten, planen wir außerdem die Einrichtung neuer Dienste für Minderjährige mit Autismus, wie eine Tagesstätte und eine Pflegestruktur für die vorübergehende Unterbringung der Patienten außerhalb des Elternhauses.”

Die Direktorinnen schließen dann ab: „Wir hoffen, dass Veranstaltungen wie dieses Meeting Informationen und Wissen über diese Störung verbreiten können. Was wir vermitteln wollen, ist, dass geeignete Maßnahmen Menschen im Autismus-Spektrum ein qualitativ besseres Leben ermöglichen können und dass die Verantwortung bei uns allen liegt, die Integration dieser Menschen in unsere Gesellschaft zu fördern.”

 

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