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(Un)schöne neue Welt

Oscargewinner „Coda“ ist ein Streamingfilm, der kurz ins Kino schaut. In Bozen nur bis 5. April

Bei der Oscar-Verleihung gibt’s neuerdings reale Ohrfeigen, ausgezeichnet werden  Streaming-Filme, die das Kino selten beglücken. Das ist beim BFFB in Bozen anders (6. – 10./16 April)

von Renate Mumelter

Derzeit ist der Oscar-Gewinner „Coda“,eine Streaming-Produktion, im Kino. Sie soll qualitativ nicht besonders aufregend sein. Streaming-Produktionen sind dabei, das Kino nachhaltig zu verändern und Leinwände auszulöschen. Dieses Jahr ist Hollywood deutlich auf diesen Zug aufgesprungen. Mir macht das wenig Freude, Kinofachleuten auch nicht. Ein Film auf einer Leinwand zeigt mehr als ein Film im Kastl. Ich habe es ausprobiert, andere auch. Daher mein Tipp: Ins Kino gehen, auch zu Besonderheiten. Von denen gibt es zwischen 5. und 10. April beim Bolzano Filmfestival Bozen genug.

70mm und 35mm

Geboren ist der Kinofilm in Streifen. Die waren unterschiedlich breit, und das beeinflusste die Projektionsqualität. Super8 war für Hausgebrauch, 16mm für Fernsehproduktionen u.Ä., 35mm fürs Kino und 70mm fürs Supermegakino. Jedes Format erforderte einen eigenen Projektor und unterschiedlichen Körpereinsatz. 70mm-Filme waren schon beim Transport eine Herausforderung. Heute sind 70- und 35mm-Projektoren fast ausgestorben, haben aber einen ganz besonderen Reiz. 

Gleich zu Festivalbeginn am 6. April um 17.30 Uhr gibt es eine Gelegenheit, dieses echte Kino kennenzulernen. 

Zwei ausgewiesene Experten bieten Einblick in die Welt des 70- und 35mm-Films, Ralf Schenk und Dietmar Zingl. Der Berliner Ralf Schenk ist als DEFA-Experte absoluter Kenner der DDR-Filmszene. Dietmar Zingl aus Innsbruck bietet im Leokino in Innsbruck 70mm-Film-Projektionen. Beim BBFB wird „Orpheus in der Unterwelt“ (DDR, 1974) und ein Ausschnitt aus „Der geteilte Himmel“ (DDR 1964) gezeigt. Schenk und Zingl führen in diese untergehende Welt ein. Ein Termin, der nicht verpasst werden sollte. Von Ralf Schenk erscheint übrigens demnächst das Buch: „Publikumspiraten. Das Genrekino der DEFA und seine Regisseure (1946-1990)“. 

Hinter den Schlagzeilen

Ebenfalls am ersten Festivaltag gibt es einen politisch brisanten Termin. Es geht um den Blick hinter die Schlagzeilen, ein Thema, das in Südtirol gerade hochaktuell ist. In seinem Dokumentarfilm „Hinter den Schlagzeilen“ begleitet Daniel Andreas Sager nüchtern beobachtend die Investigativjournalisten Obermair und Obermayr. Sie haben unter anderem den österreichischen Ibiza-Skandal aufgedeckt. 

Der Südtirolbezug des Dokumentarfilms stellt sich derzeit von selbst her. Deshalb gibt es am 6.4. einen Waag-Talk zum Thema Investigativ-Journalismus mit Christoph Franceschini. Wer beim Gespräch nicht dabei sein kann, hat die Möglichkeit zeitgleich den Livestream auf Facebook zu sehen oder später die Aufzeichnung auf der Festivalseite www.filmfestival.bz.it. Dort werden alle Waag-Talks zu finden sein. Der Film „Hinter den Schlagzeilen“ hat auch ein Nachspiel, er wird  vom 10. bis 16. April in der online-Ausgabe des Festivals gezeigt. Im Kino läuft er am 6. April und 7. April. 

Und sonst?

Jede Menge Filme beim BFFB (fast zuviel) und jede Menge Preise (auch fast zu viel). Außerdem gibt es zwei Ehrengäste, die Schauspielerin Gerti Drassl und den Regisseur Stefan Ruzowitzky, zwei Wettbewerbe mit je acht Filmen, und ein paar Nischenprogramme, außerdem eine Fotoausstellung, die Waag Talks und eine „open lecture“ zur Vertonung von Ausschnitten eines Films gemeinsam mit dem Publikum. Dann noch Kurzfilme, Südtirolproduktionen, Final Touch, Schwerpunkte. Es ist schwer, den Überblick zu bewahren. Da hilft nur auswählen und hingehen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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