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Der große Preisvergleich

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Seit 2020 ist der Strompreis für Südtirols Haushalte im Durchschnitt um 1.370 Euro gestiegen. Welche Anbieter derzeit das günstigste Angebot haben.

von Markus Rufin

Die Strompreise in Südtirol sind bereits vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine explodiert. Jeweils im Oktober und zu Jahresbeginn stiegen die Preise. Die weitere Preisentwicklung hängt stark von der Lage in der Ukraine ab. Eigentlich sah vor März alles nach einer Entspannung der Lage im Sommer aus, das hat sich nun aufgrund der Lage in der Ukraine deutlich geändert. Es ist nun sogar möglich, dass die Preise weiter steigen.

Dabei hat sich der Strompreis für Haushalte in Südtirol bereits jetzt nahezu verdoppelt.

Seit 2020 ist dieser um durchschnittlich 82 Prozent gestiegen. Der Gaspreis ist sogar um 92 Prozent gestiegen.

Das bedeutet: Im Durchschnitt muss der Südtiroler Haushalt zwischen 1.370 und 1.500 Euro mehr im Jahr ausgeben – vorausgesetzt die Preise steigen nicht weiter. Zu diesem Ergebnis kommt die Verbraucherzentrale Südtirol, die gestern einen Strompreisvergleich veröffentlicht hat.

Insgesamt 20 Anbieter – darunter auch einige lokale – wurden verglichen.  (Siehe PDF-Dokument unten) Die Daten der Verbraucherzentrale beziehen sich dabei auf den Tarif für Konsumenten aus Bozen. Sogenannte „Dual-Pakete“, also kombinierte Strom- und Gasangebote wurden nicht berücksichtigt.

Das Ergebnis: Vor allem Engie, E.ON und Dolomiti Energia wissen bei den Strom- und Gaspreisen mit günstigen Angeboten zu überzeugen. Es handelt sich bei den ersten beiden um große international tätige Energieunternehmen. Dolomiti Energia hingegen hat seinen Sitz in Trient. Im Vergleich zum geschützten Markt zahlt ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.700 Kilowattstunden rund 200 Euro weniger. Bei einem Jahresverbrauch von 6.000 Kilowattstunden sind es sogar fast 500 Euro.

Doch wo liegen die Südtiroler Anbieter? „Diese sind im Mittelfeld zu finden“, erklärt VZS-Geschäftsführerin Gunde Bauhofer. „Sie sind nicht ganz schlecht, aber auch nicht vorne mit dabei.“

Am besten steht Ötzi Strom, die Gesellschaft des Südtiroler Energieverbandes da. Große Preisunterschiede gibt es zwischen den lokalen Anbietern bei den lokalen Anbietern aber nicht. Außerdem sind die Angebote der Südtiroler Anbieter nach wie vor deutlich billiger als jene vom geschützten Markt.

Beim Gas kann Selgas als lokaler Anbieter mit dem billigsten Angebot aufwarten: 2.007,82 Euro bezahlt man für einen Jahresverbrauch von 1.400 Normalkubikmeter. Dieses liegt somit knapp unter dem geschützten Markt, das Angebot von Alperia liegt um rund 70 Euro darüber.

Anhand des Preisvergleiches der Verbraucherzentrale zeigt sich deutlich: Ein Anbieterwechsel kann sich durchaus auszahlen. Jedoch ist bei einem Wechsel besondere Vorsicht geboten, wie die Verbraucherschützer während ihrer Recherche feststellen mussten: „Die aktuelle Krise hat die ohnehin schon stark variierenden Preise noch weiter durcheinandergewirbelt hat“.

Das führe dazu, dass der Markt derzeit sehr intransparent ist. Nach einem günstigeren Angebot zu suchen, kann sehr schwerfallen.

So sind im offiziellen Vergleichsrechner der Aufsichtsbehörde ARERA die günstigsten Angebote auf den Webseiten der Anbieter gar nicht mehr auffindbar.

„Es ist eine gravierende Situation. Es wird mit Lockvogelangeboten gearbeitet. Man sieht ein gutes Angebot auf dem Portal, muss dann aber feststellen, dass es dieses gar nicht gibt“, berichtet Bauhofer. Aufgrund dessen hat die Verbraucherzentrale bereits Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden für Strom und Gas sowie der Aufsichtsbehörde für Wettbewerb eingereicht.

Bauhofer hofft, dass es schnell zu einer Lösung kommt: „Wir hoffen, dass der Sache nachgegangen wird, immerhin handelt es sich um ein offizielles Instrument der Aufsichtsbehörde, das missbraucht wird, um Falschinformationen zu verbreiten. Leider mahlen die Mühlen der Bürokratie in Italien sehr lange.“

Der Preisvergleich der VZS sei hingegen zuverlässig, da die Angebote sowohl im nationalen Angebotsvergleichsrechner als auch beim Anbieter direkt nachberechnet wurden.

Da es sich aber um eine aufwändige Methode handelt, empfiehlt die Verbraucherzentrale die Angebote gründlich zu prüfen und auch die Vergleichbarkeitstabelle anzufordern. Dieses Dokument müssen die Anbieter vor Vertragsabschluss aushändigen und zeigt, wie der Preis des Anbieters im Vergleich zum aktuellen geschützten Markt ist. Holt man sich mehrere Angebote mitsamt Vergleichbarkeitstabelle ein, sieht man, welches das Beste für die jeweilige Situation ist. Geht ein Anbieter hingegen geizig mit diesen Informationen um, sei man andernorts besser aufgehoben.

Die lokalen Unternehmen müssen sich hinsichtlich der Informationsbereitschaft laut Bauhofer nichts vorwerfen lassen: „Die lokalen Unternehmen geizen nicht mit den Informationen, das ist eher ein nationales Phänomen.“

Die Verbraucherzentrale hat aber nicht nur die Preise verglichen, sondern auch Maßnahmen vorgeschlagen, um die Energieteuerung einzubremesen. Neben dem Einmalbonus von 500 Euro, der aber dort ankommen müsse, wo er wirklich gebraucht wird, schlägt die VZS die Schaffung eines „Landes-Energie-Sozial-Tarifs“ für Strom und Gas vor. Dieser solle die Kosten für die betreffenden Haushalte deckeln. Die erzielten Extraprofite sollen so dem Bürger zugutekommen. Der Tarif selbst sollte sich an den Marktführern orientieren.

Sobald die Teuerungswelle beendet ist, sollen die Kunden wieder in den freien Markt wechseln können und sich selbst einen Anbieter aussuchen.

Die Einkommens-Klammern für Unterstützungsmaßnahmen müssen viel weiter gefasst werden als die staatlichen. Als Beispiel schlägt die Verbraucherzentrale eine Einkommens-Klammer von 8.265 bis 30.000 Euro für alle Familien, unabhängig von der Kinderzahl vor.

Mittelfristig sollte überlegt werden, ob eine Neuausrichtung des Südtiroler Energiemarktes, in Genossenschaftsform oder als „Selbstverbrauch mit erneuerbaren Energien“ möglich ist.

Zudem müssen laut Verbraucherzentrale Arbeitnehmer, Verbraucher und Familien am angekündigten „Arbeitstisch Energie“ ein Mitspracherecht erhalten.

Preisvergleich_Strom_und_Gas_Maerz_2022

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Kommentare (10)

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  • @alice.it

    „Landes-Energie-Sozial-Tarif“ für die Bauern ?

  • artimar

    Es ist ein Wahnsinn. Derzeit ist es ja besonders schlimm, wenn man den Stromanbieter wechselt bzw. muss.
    Ich könnte mittlerweile ein Buch schreiben und nicht nur Rezensionen. Habe in den letzten Jahren alles mögliche erlebt. Einen Stromanbieter, der über Bankeinzug gleich dreifach für dieselbe Stromrechnung abbuchte und Konkurs anmeldete. Stromanbieter, die mit falschen Angeboten Kunden lockten. Das Problem. Man ist mehr oder wenig völlig ausgeliefert, wehrlos, außer vielleicht man ist selbst Rechtsanwalt und kann/will gerichtlich klagen, nachdem man ein kompliziertes Schlichtungsverfahren über die italienische Aufsichtsbehörde ARERA durchlaufen hat. Und das bei einem meist sehr überschaubaren Streitwert. Leider ist auch von der Verbraucherzentrale konkret kaum wirklich Hilfe zu erwarten. Da besteht wohl auch bei der mit öffentlichen Geldern finanzierten VZ Verbesserungsbedarf.
    Selbst beim Preisvergleich hier. Ich lese: „Der Preisvergleich der VZS sei hingegen zuverlässig, da die Angebote sowohl im nationalen Angebotsvergleichsrechner als auch beim Anbieter direkt nachberechnet wurden.“
    Ich überprüfe mit ARERA-Rechner die Angebote von Engie 3KWh mit dem Ergebnis, dass der Preis gleich bzw. sich sogar wesentlich über den des geschützten Markt liegt.
    Ab April kommt es zu einem weiteren Anstieg in der Preisspirale.
    Wenn ich es richtig verstehe: Wer sich derzeit im geschützten Markt befindet, tut derzeit wohl gut daran, dort auch zu bleiben, um zumindest vor Preisen (weit) über denen des geschützten Marktes sicher zu sein.
    Ic, die Verbraucherzentrale stellt

  • exodus

    @bergkind Sie haben mich prima verstanden! Ich wundere mich über die TZ, da sie nicht Ihre Posts löscht, wo sie sonst so pingelig mit ihren Löschungen sind………

  • tirolersepp

    Soforthilfe für die Ukraine

    Hier geht’s zur Onlinespende:

    https://nachbarinnot.orf.at/nin/2022-hilfe-ukraine100.html

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