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„Ein guter Kompromiss“

Heuer soll es wieder eine Matura mit zwei schriftlichen Prüfungen geben. Was bislang feststeht und was man in Südtirol von dieser neuen Form hält. 

von Lisi Lang

In Rom wurde bis zuletzt intensiv über die heurige Maturaprüfung diskutiert, der Ende Jänner vom Unterrichtsministerium veröffentlichte Verordnungsentwurf enthielt dann aber doch einige Überraschungen: Heuer soll es wieder eine Matura mit schriftlichen Prüfungen und einem mündlichen Prüfungsgespräch geben. „Ganz definitiv ist noch nichts. Das Ministerium hat Ende Jänner die Entwürfe für die Ministerialverordnung veröffentlicht und diese werden derzeit vom Obersten Schulrat und den beiden Parlamentskommissionen begutachtet“, erklärt Werner Sporer, Schulinspektor für die Oberstufe. Erst sobald diese Gutachten vorliegen, könne der Minister das Dekret unterzeichnen.

Der Entwurf sieht allerdings einen relativ klaren Ablauf der Abschlussprüfung mit einer Zentralprüfung in der Muttersprache und einer zweiten schulspezifischen Prüfung vor. „Hier gibt es allerdings eine große Änderung, weil es sich nicht um eine zentrale Prüfung handelt, sondern die Kommission selbst die Aufgaben zusammenstellt“, erklärt Werner Sporer. Damit will man dem Umstand gerecht werden, dass die Schüler wegen Corona-Pandemie, Fernunterricht und Co. unterschiedliche Vorbereitungsgrade aufweisen.

In Südtirol sieht man in diesem Entwurf einen „akzeptablen Kompromiss“. Man habe versucht, erklärt Werner Sporer, mit verschiedenen Erleichterungen den Schülern entgegenzukommen. „Die meisten Kommissionsmitglieder sind interne Lehrpersonen, es wird nur ein Fach bei der zweiten schriftlichen Prüfung abgefragt und diese zweite schriftliche Prüfung wird von der Kommission selbst erstellt“, erklärt der Schulinspektor für die Oberstufe.

Allerdings wird es sehr wohl Richtlinien geben, sagt Werner Sporer, damit die zweite schriftliche Prüfung trotz der Unterschiede doch einheitlich bleibt. „Es gibt einen sog. Referenzrahmen, der Richtlinien festlegt, wie die Aufgabenformate aussehen müssen, welchen Umfang sie haben und wie sie aufgebaut werden sollen – es gibt also klare Vorgaben, im Detail entscheidet dann aber die Kommission über die Aufgabenstellung der zweiten Prüfung“, erklärt Sporer.

Eine dritte schriftliche Prüfung in der Zweitsprache wird es laut Sporer voraussichtlich aber nicht geben. „Der Entwurf des Ministerialdekrets sieht ausdrücklich vor, dass diese nur mündlich geprüft wird und auch unsererseits gibt es kein Bestreben, heuer eine dritte schriftliche Prüfung einzuführen“, erklärt der Schulinspektor für die Oberstufe.

Christoph Buratti, der Vorsitzende des Arbeitskreises Südtiroler Mittel-, Ober- und BerufsschullehrerInnen, begrüßt eine Rückkehr zu etwas mehr Normalität. „Ich bin wirklich froh, dass es wieder schriftliche Prüfungen gibt und finde es sinnvoll, dass man einen relativ leichten Übergang schafft, indem die eigenen Lehrer die zweite schriftliche Prüfung erstellen“, erklärt Buratti. Das sei auch für die Schüler ein guter Kompromiss, meint der ASM-Vorsitzende, weil man besser auf die Lerninhalte der einzelnen Klassen eingehen könne.

Bei den Schülern ist die Stimmung hingegen etwas geteilt: Auf der einen Seite gibt es Maturanten, die sich darüber freuen, dass es wieder schriftliche Prüfungen gibt, weiß die Präsidentin des Landesbeirates der Schüler und Schülerinnen, Nadia Zuggal, die andere Hälfte  hätte aber auch heuer eine rein mündliche Prüfung bevorzugt. „Die Meinungen gehen wirklich total auseinander“, sagt Nadia Zuggal. „Einige finden es gut, dass es wieder schriftliche Prüfungen gibt, weil die Prüfung so wieder etwas ausgewogener ist, auch für Schüler, deren Stärken vielleicht eher im schriftlichen Bereich liegen. Andere Schüler sind total gegen schriftliche Prüfungen, weil der heurige Abschlussjahrgang so viel Zeit im Fernunterricht verbracht hat wie kein anderer Jahrgang zuvor – wir haben das habe Schuljahr in der dritten Oberschule und auch das halbe in der 4. Klasse verloren.“ Mit „verloren“ meint die Präsidentin des Landesbeirates der Schüler und Schülerinnen die Zeit im Fernunterricht. „Der Fernunterricht war einfach anders und schwerer und es wurde auch weniger Stoff gemacht, weil man sich viel selbst beibringen musste“, sagt Nadia Zuggal.

Auch die LBS-Präsidentin ist Maturantin, gehört aber zu den Schülern, die es gut finden, dass es wieder schriftliche Prüfungen gibt. „Es ist einfach auch ein Zeichen, dass wir langsam wieder zur Normalität zurückkehren“, ist Nadia Zuggal überzeugt. „Und da die meisten Lehrpersonen der Prüfungskommission intern nominiert werden und auch die zweite schriftliche Prüfung von den Lehrpersonen an der Schulen definiert wird, ist das sicher ein Kompromiss.“

Was die Schüler allerdings ärgert, ist dass Entscheidungen über die Abschlussprüfung in den letzten Jahren immer erst so spät getroffen wurden – auch jetzt steht noch nicht alles komplett fest – beispielsweise das Fach, welches bei der zweiten schriftlichen Prüfung abgefragt werden soll. Voraussichtlich innerhalb Februar wird das definitive Dekret unterzeichnet werden. Dann soll auch feststehen, welches schulspezifische Fach im Rahmen der zweiten schriftlichen Prüfung abgefragt wird.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • george

    Wer prüft sollte auch entscheiden, was er innerhalb des gelehrten Stoffes abfragt und nicht umgekehrt. Sonst wird die Prüfung zur Farce.

  • artimar

    Nach all den vielen Reformen der letzten Jahrzehnten gibt die ehemalige Matura- und heutige Abschlussprüfung eh längst keine valide, vergleichbare Auskunft über Kompetenzen und Leistungen, sondern ist vielmehr Teil eines didaktisch-simulierten Erlebnisses.

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