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„Differenziertes Bild“

Fernunterricht (Foto: LPA/ Unsplash)

Kurzfristig hat sich der Fernunterricht nicht so stark auf die Lernerfolge der Schüler ausgewirkt – man kann allerdings durchaus Folgen der Corona-Pandemie sehen.

von Lisi Lang

Der Fernunterricht hat sich kurzfristig nicht so stark auf die Lernerfolge der Schüler ausgewirkt, wie von vielen befürchtet wurde. Gestern wurden die ersten Ergebnisse der im Frühling 2021 an den deutschsprachigen Schulen durchgeführten Lernstandserhebungen vorgestellt – und diese Ergebnisse zeigen ein doch recht positives Bild.

Bei diesen Erhebungen wurden im vergangenen Schuljahr Schüler der dritten Grundschulklassen im Fach Deutsch getestet, der fünften Grundschulklassen im Fach Mathematik, der dritten Mittelschulklassen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch sowie der fünften Oberschulklassen in Mathematik und Englisch. „Wir waren wirklich sehr neugierig, was diese Erhebung für Südtirol zeigt, nachdem im Sommer bereits Ergebnisse der nationalen Stichprobe veröffentlicht wurden“, erklärt Evaluationsstellenleiter Martin Holzner.

Besonders gute Ergebnisse brachte die Erhebung für das Fach Englisch sowohl bei den Mittelschülern als auch bei den Oberschülern. Die Mittelschüler erreichten dabei im Leseverständnis im Schnitt 223 (italienischer Mittelwert 204) und im Hörverständnis 239 Punkte (italienischer Mittelwert 203), was sowohl auf Landesebene als auch im gesamtstaatlichen Vergleich ein Spitzenergebnis darstellt. In beiden Kompetenzbereichen schneiden die Mädchen dabei statistisch signifikant besser ab als die Buben. Ähnlich gut war das Ergebnis an den Oberschulklassen, wo der Punktemittelwert der deutschsprachigen Schüler in beiden Kompetenzbereichen über jenem der ladinischen und der italienischsprachigen Schüler liegt und im gesamtstaatlichen Vergleich den Höchstwert darstellt. Im Unterschied zur Mittelschule schneiden die Buben hier sowohl im Lese- als auch im Hörverständnis besser ab als die Mädchen.

Ebenfalls im Spitzenfeld im gesamtstaatlichen Vergleich findet man die Ergebnisse der deutschsprachigen Oberschüler im Fach Mathematik, wobei auch hier wiederum die Buben deutlich besser abschneiden als die Mädchen.

Nicht ganz so rosig sieht die Situation im Fach Mathematik hingegen in den Grund- und Mittelschulen aus. Während der von den Schülern der fünften Grundschulklassen erreichte Punktewert (196) signifikant unter dem gesamtstaatlichen Mittelwert (200) liegt, erzielen die Mittelschüler zwar einen Punkt mehr als der italienische Schnitt, allerdings wurde bei den Mittelschülern gegenüber 2019 ein Punkterückgang von rund sieben verzeichnet. „Hier ist doch ein deutlicher Rückgang an Kompetenzen zu verzeichnen“, erklärt Martin Holzner. Ergebnisse von Lernstandserhebungen würden zwar immer etwas schwanken, weshalb es wichtig sei, längerfristige Tendenzen zu betrachten. „Ich glaube aber schon, dass es wichtig ist, im mathematisch Bereich in der Didaktik in der Grund- und Mittelschule genauer hinzuschauen, wie man den Kompetenzerwerb besser fördern kann“, erklärt der Evaluationsstellenleiter.

An der Lernstandserhebung Deutsch in der dritten Grundschulklasse haben rund 3.800 Schüler teilgenommen. Beim Leseverständnis erzielten sie eine durchschnittliche Lösungshäufigkeit von 59,8 Prozent, beim Hörverständnis 62,1 Prozent. Die Mädchen erzielen in beiden Kompetenzbereichen bessere Ergebnisse als die Jungen, wobei diese Differenz seit der erstmaligen Erhebung 2013 noch nie so groß war. Die Schüler der Mittelschule erzielten bei diesem Test eine durchschnittliche Lösungshäufigkeit von 67 Prozent. Die Mädchen schneiden auch in dieser Schulstufe besser ab als die Jungen.

„Insgesamt sind die Auswirkungen des Fernunterrichts eher gering, die Ergebnisse weisen im Vergleich zur Zeit vor Corona aber eine größere Heterogenität auf, vor allem in den unteren Schulstufen“, erklärt Martin Holzner. Es sei also weniger ein großer Rückgang von Kompetenzen sichtbar, sondern vielmehr ein breiteres Feld, eine breitere Streuung der Ergebnisse. „Das trifft z.B. bei den Ergebnissen in Deutsch in der 3. Grundschule zu, wo wir sehen, dass der Unterschied zwischen Mädchen und Buben größer wird und auch die Streuung um die Mittelwerte ist größer geworden, also man sieht insgesamt ein differenzierteres Bild“, erklärt der Evaluationsstellenleiter. Das könnte darauf hinweisen, dass einige Schüler besser mit dem selbstständigen Lernen im Fernunterricht zurecht gekommen sind oder mehr Unterstützung durch die Eltern bekommen haben als andere.

Der Evaluationsstellenleiter betont, dass diese ersten Ergebnisse nur die kurzfristigen Auswirkungen des Fernunterrichts auf die Kompetenzen der Schüler zeigen würden. Man müsse aber auch mittel- und langfristig schauen, wie sich diese Zeit auf den Kompetenzerwerb der Schüler auswirkt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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