Du befindest dich hier: Home » Gesellschaft » „In der Praxis schwer umsetzbar“

„In der Praxis schwer umsetzbar“

Mit 1. Jänner tritt in Südtirol die DNA-Pflicht für Hunde in Kraft. Bei der konkreten Anwendung der neuen Bestimmungen sind jedoch noch viele Fragen offen, wie der Bozner Tierarzt Simon Kirchler im Interview einräumt.

Tageszeitung: Herr Kirchler, in wenigen Tagen wird das genetische Profil für Hunde zur Pflicht. Gibt es bereits Nachfragen in Ihrer Tierklinik?

Simon Kirchler: Nein. Und ich habe den starken Eindruck, dass die wenigsten Hundebesitzer Bescheid wissen.

Woran liegt das?

Das liegt zum einen daran, dass die Medien zuletzt nicht mehr groß darüber berichtet haben. Der Hauptgrund dürfte jedoch sein, dass unmittelbar nur Neuregistrierungen betroffen sind. Das sind etwa junge Hunde oder Hundeimporte, die noch nicht gechippt sind. Für alle bereits gechippten Hunde gilt eine Übergangsfrist bis 31. Dezember 2023.

Sind die Tierärzte auf die neue Regelung vorbereitet?

Da muss ich leider sagen: Nein. Wir haben kürzlich 2 Rundschreiben vom Landestierärztlichen Dienst mit den allgemeinen Regeln erhalten. Ebenso ein Formular, das wir ausfüllen müssen. Das reicht jedoch nicht, um aktiv zu werden. Wir wissen beispielsweise nicht, welche Tupfer wir verwenden sollen und wo diese zu beziehen sind. Auch haben die Tierärzte in Südtirol im Gegensatz zum restlichen Italien noch keinen direkten Zugang zur Datenbank.  

Die Informationen von oben fließen zu langsam?

Wenn nur wenige Tage vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung noch solch große Unklarheiten herrschen, dann verwundert mich das schon etwas. Die Einführung des DNA-Registers wurde ja bereits um ein Jahr verschoben, weshalb eigentlich zu erwarten war, dass die Vorbereitung besser klappt.

Was tun Sie, wenn am Montag jemand in Ihrer Praxis mit einem Welpenwurf vorstellig wird?

Ich verweise den Besitzer an die öffentlichen Tierärztlichen Dienste. Dasselbe werden auch die Kolleginnen und Kollegen tun, ebenso die Amtstierärzte, die sich in derselben Situation wie wir befinden und das Gesetz aktuell nicht anwenden können. Solange wir nicht die Details der Umsetzung kennen und der Zugang zur Hundedatenbank fehlt, haben wir keine andere Möglichkeit.

Mit dem DNA-Register will die Politik in erster Linie dem Hundekotproblem im öffentlichen Raum zu Leibe rücken und den jeweiligen Verursacher zur Rechenschaft ziehen. Wird dieses Ziel mit der neuen Regelung erreicht?

Ich halte das DNA-Register insgesamt für wenig sinnvoll. Wir Tierärzte haben auch versucht, die Politik auf die verschiedenen Problematiken hinzuweisen, aber man wollte das genetische Profil unbedingt durchziehen.

Wo sind die Schwachstellen?

Die neue Regelung wird in der Praxis schwer anzuwenden sein. Das fängt beim Einsammeln des Hundekots an. Dieser darf nur mitgenommen werden, wenn er auf öffentlichem Grund liegt. Wer übernimmt das? Es handelt sich um eine Amtshandlung, weswegen vereidigte Personen dafür abgestellt werden müssen. Müssen diese jedes Mal anrücken, wenn ein Bürger dies verlangt? Gibt es dafür überhaupt ausreichend Personalressourcen? Zudem sind gerade in Südtirol sehr viele Touristenhunde unterwegs, die gar nicht erfasst sind und wo der „Übeltäter“ dann sowieso nicht ausgeforscht werden kann. Dasselbe gilt für noch nicht registrierte Hunde. Auch ist Verfälschungspotential gegeben. Niemand kann mir z.B. garantieren, dass der Hundekot nicht über irgendwelche Umwege vom bösen Nachbarn am Gehweg abgelegt wurde. Das alles verursacht hohe Kosten, die aus meiner Sicht in keiner Relation zum Nutzen stehen.

Welche Alternativen würden Sie vorschlagen?

Ich verstehe das grundsätzliche Problem mit dem Hundekot vor allem in den Städten sehr gut. Besser als das DNA-Register wäre es jedoch, mehr Hundetoiletten-Dispenser aufzustellen, die Hundebesitzer über Aufklärungskampagnen zu erziehen oder eine Hundesteuer einzuführen, mit der die Kosten für das Einsammeln aufgefangen werden.  

Die Kosten für die DNA-Erfassung des eigenen Hundes muss der Besitzer zahlen. Wie teuer wird das?

Die Landesregierung hat am Dienstag den Tarif für den Landestierärztlichen Dienst mit 65 Euro festgelegt. Der Preis der Freiberufler, die ja ihr Einkommen selbst versteuern und die Praxisräume selbst erhalten müssen, wird davon abhängen, wie groß der Aufwand für die Probeentnahme ist. Diese sollte per Maulschleimhautprobe erfolgen, jeder Hund lässt das jedoch nicht so ohne Weiteres mit sich machen. Also muss in diesem Fall eine Blutprobe durchgeführt werden. Der Preis wird auch davon abhängen, wie weit die Tierarztpraxis vom Labor entfernt ist, da die Proben ja dort abgegeben werden müssen.

Was geschieht, wenn ein Hundebesitzer die DNA-Probe nicht machen lässt?

Mit Beginn des Jahres 2024 kann dies mit einer Verwaltungsstrafe geahndet werden.   

Fürchten Sie, dass wegen der neuen DNA-Pflicht und der damit zusammenhängenden Kosten mehr Hunde ausgesetzt werden?

Das schließe ich aus.  

Interview: Karin Gamper

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (23)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • segadigon

    liebe Sùdtiroler liebe Italiener

    es gibt ne billigere Variante : stellt doch endlich Hundekontainer auf mit Sàckli zum abreissen-in der schweiz heissen die Roby dog – und sàckli die eine gewisse gròsse haben-in den làden gibts nur die kleinen sàckli unmòglich habe 2 hunde und muss die richtigen sàckli immer in ch bestellen-wohne im comelico superiore hier das gleich problem. die haben einmal ein container mit sàckli aufgestellt dann wurde es vergessen und nicht mal geleert-
    ( vor 7 Jahren ) denn jeder hundebesitzer wùrde das gerne in Anspruch nehmen – ist sicher billiger als kot einsammeln und dann die DNA analysieren
    ok / stehe zur beratung gerne bereit

  • prof

    @goggile
    DU hosch schon Xmal gschrieben,daß koane Kommentare mehr schreibsch.

  • exodus

    @segadigon Das haben wir doch schon sehr lange. Leider gibt es zu viele Hundebesitzer die das alles nicht benutzen und den Kot ihrer Hunde auf den Straßen liegen lassen! Ich wohne in einer Privatstraße, wo sich diese Faulenzer austoben. Am morgen muss man sehen wo man die Füße hinsetzt, nebenbei liegen auch genug der grünen Kotsäcke herum, natürlich von den unkultivierten Hundebesitzer hinterlassen. Eine saftige Hundesteuer würde vielleicht die Unkosten decken?

  • hoihoi

    …also des mitn bösen Nachbar , der vom braven Nachbarhündchen „Waldi“ di Kacke nimmt und donn auf die Stroße legt , isch einleuchtent !!!

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen