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Grenze überschritten

Pragser Wildsee

So viele Nächtigungen wie heuer soll es im August künftig nicht mehr geben. Dafür will Tourismuslandesrat Arnold Schuler sorgen.

von Heinrich Schwarz

Der vergangene August hat gezeigt, welche Ausmaße der Tourismus in Südtirol annehmen kann, wenn die Politik keine Grenzen zieht. Es wurden 6,37 Millionen Nächtigungen registriert. Das sind rund 600.000 Nächtigungen bzw. 10,3 Prozent mehr als im bisherigen Rekord-August im Jahr 2019.

Manfred Pinzger, Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV), begründet die explodierenden Gästezahlen so: „Die Menschen sind – weil 70 Prozent der Flugzeuge auf dem Boden blieben – mit dem Auto in Destinationen in erreichbarer Nähe gefahren. Das kam uns zum Vorteil. Zudem waren wegen des wunderbaren Wetters auch höhergelegene Destinationen wie Sexten, Sulden, Obervinschgau und andere Berggebiete den ganzen August über super gebucht. Normalerweise lassen die Gästezahlen dort in der zweiten Augusthälfte nach.“

Der Touristen-Ansturm befeuert die Debatte um eine Tourismus-Obergrenze in Südtirol zusätzlich. Der zuständige Landesrat Arnold Schuler arbeitet derzeit mithilfe der Eurac an einem neuen Tourismusentwicklungskonzept, das einen Bettenstopp vorsehen soll.

Zuletzt war das auch kurz Thema in der Sitzung der Landesregierung. „Ich habe der Regierung den Stand der Dinge mitgeteilt, ohne inhaltlich ins Detail zu gehen, da in diesen Wochen noch Treffen mit den Organisationen und Verbänden stattfinden“, erklärt Schuler.

Im November soll sich die Landesregierung dann ausführlich mit dem Entwicklungskonzept befassen, es endgültig formulieren und eine Entscheidung treffen.

Als Arnold Schuler Ende des letzten Winters erstmals seine Pläne einer Tourismus-Obergrenze präsentierte, sprach er davon, die Betten- bzw. Nächtigungszahlen auf die Werte des Jahres 2019 zu deckeln. Ein Beherbergungsbetrieb dürfe die Anzahl seiner maximal beherbergten Gäste künftig an keinem Tag im Jahr überschreiten.

Nun gab es im heurigen Hochsommer aber wieder neue Rekordwerte. Wird sich die Deckelung also doch nicht auf 2019 beziehen?

„Wir gehen immer von 2019 aus“, betont Arnold Schuler. 2021 sei wegen Corona ein Sonderjahr – es sei fraglich, ob der Boom anhält: „Viele Gäste, die normalerweise im Frühjahr nach Südtirol kommen, kamen heuer im Sommer oder Herbst – oder auch zweimal.“

Gleichzeitig sagt der Landesrat: „Man weiß, wie schnell der Tourismus wieder boomt, wenn man zur Normalität zurückkommt. Und dass Südtirol ein Sehnsuchtsland ist – vielleicht noch mehr als vor Corona. Die Menschen wünschen sich Natur, kleinere Betriebe, Sport im Freien, Erreichbarkeit mit dem Auto. Das sind alles Dinge, die uns zusätzlich attraktiv gemacht haben.“

Somit sei es dringend notwendig, über die Tourismusentwicklung nachzudenken und sie zu regulieren.

Weil sich die Politik am Jahr 2019 orientieren will, ist laut Schuler davon auszugehen, dass es künftig im August nicht mehr über 6,3 Millionen Nächtigungen geben wird, sondern dass die Zahl wieder unter sechs Millionen sinken wird.

Arnold Schuler erklärt das Prinzip für die Zukunft nun so: Die Anzahl der Nächtigungen dürfe jene der Betten nicht mehr überschreiten.

Heute ist es nämlich so, dass Betriebe ihre eigentliche Bettenanzahl mit Zustellbetten steigern und so in den Hochsaisonen mehr Nächtigungen generieren. Das ist derzeit nicht illegal, aber künftig müssen Betten und Nächtigungen laut Schuler übereinstimmen. Die Details und Definitionen hinsichtlich der Obergrenze müssen noch geklärt werden.

Mit seinen Plänen muss sich der Landesrat vor allem gegen den mächtigen HGV durchsetzen. Dessen Präsident Manfred Pinzger sagt etwa im Hinblick auf den August: „Bei zehn bis zwölf Hotspots sind wir sicher an der Grenze angelangt. Es gibt aber nach wie vor Gebiete, wo es zu Ferragosto ohne Weiteres noch Platz gibt und es zu keinen Problemen kommt. Man darf nicht das ganze Land über einen Kamm scheren.“

Der HGV will also differenzierte Bettenobergrenzen je nach Gebiet.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (17)

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  • 2xnachgedacht

    und vor nicht allzu langer zeit hing das damoklesschwert über südtirol…mit dem slogan: ohne flughafen sind wir nicht attraktiv genug bzw. nicht erreichbar… dem navi sei dank, haben doch viele den weg gefunden. ironie off.

  • criticus

    Aha, die Grenze überschritten und dann noch die GIS-Befreiung?
    Ach Herr Schuler, immer dasselbe, groß ankündigen und dann der Rückzieher.

  • devils_son

    ich ginge mal davon aus, dass im August ALLE in einem vorhandenen Bett geschlafen haben.
    und nun müssen, wenns nach dem Schuler gehn soll, viele davon leer stehen bleiben?
    also echt -was die so alles verzapfen wenn der Tag lang ist….
    und eben – Hauptsache es wird per Kanone Kohle rausgeschossen, um ja bis in den hintersten Winkel der Erde gehört/gesehn zu werden.
    einfach nur no peinlich diese Typen

  • besserwisser

    was der herr landesrat wohl nicht verstanden hat: es hat ja kaum neue betten gegeben. die leute haben nur in den vorhandenen betten geschlafen.
    das größte problem in diesem lande ist dass wir einen landesrat für wirtschaft haben der noch nie in der privatwirtschaft gearbeitet hat, und dass wir einen landesrat für tourismus (und ehemaligen vizelandeshauptmann) haben der sein leben in politik verbracht hat, aber wohl von tourismus, von der beherbung, von der gastronomie keine ahnung hat.
    leider ist es so, da wird reinster populismus betrieben und die medien springen ihm dabei auch noch auf …
    wenn es dem herrn landesrat wirklich ernst wäre, dann hätte er ja beim flughäfchen sich nachhaltig (neuerdings sind sie das ja alle) verhalten können …

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