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„Zweideutiges Signal“

Der Herz-Jesu-Schriftzug „1961 Danke“ sorgt im Brixner Gemeinderat nach wie vor für Empörung. Im Brixner Gemeinderat entwickelte sich sogar ein Schlagabtausch.

von Erna Egger

Es wird weiter gezündelt: Das Herz-Jesu-Feuer am Hundskopf sorgt auch noch nach Wochen für eine Welle der Empörung.

Zur Erinnerung: In der Herz-Jesu-Nacht hat eine Gruppe von Schützen, Mitglieder der Schützenkompanie Peter Mayr Brixen, rund um den Hauptmann Thomas Mitterrutzner auf dem Hundskopf, am Radlsee, den Schriftzug „1961 Danke“ entflammt – eine Anspielung auf die Anschlagswelle in der Feuernacht vom 11. auf 12. Juni 1961. Das Feuer, gut sichtbar von Brixen aus, hat die Gemüter erregt.

Lega-Landesrat Massimo Bessone war der Erste, der diese Aktion unmittelbar nach dem Herz-Jesu-Sonntag verurteilte – weil die Bombenanschläge in Südtirol zum Tod vieler Menschen geführt haben. Der Landesrat unterstrich, dass Bräuche gelebt werden müssen, aber ohne Hass zu schüren.

Die Süd-Tiroler Freiheit konterte sofort. Der Landtagsabgeordnete Sven Knoll bezeichnet die Kritik des Lega-Landesrates als nationalistisches Geplänkel, das von völliger Unkenntnis der Geschichte unseres Landes zeugt.

Dieses Feuer hat weit größere Kreise gezogen und auch andere Parteien in Erregung versetzt.

Die Konsequenz: Einen Monat nach der Herz-Jesu-Nacht lodert immer noch eine politische Debatte. Das Streitthema: Wo endet die Tradition und wo beginnt die Zündelei, die das friedliche Zusammenleben gefährdet?

Antonio Bova, Gemeinderat von Fratelli d’Italia in Brixen, postete auf Facebook: „Wer für das friedliche Zusammenleben eintritt, die politischen Kräfte und die Kirche, müssen sich von diesen Aktionen, die Streit schüren, distanzieren.“

Wie er betont, habe er vielzählige Anrufe von irritierten Bürgern erhalten, sowohl italienischer als auch deutscher Muttersprache.

Er verweist auf die unschuldigen 20 Opfer, die bei diesen Attentaten ums Leben gekommen sind.

Man werde mit Fratelli d’Italia prüfen, ob Anzeige gegen die Urheber dieses Feuers erstattet werde, schrieb er. Mittlerweile steht fest, dass Fratelli d’Italia von dieser Anzeige absehen wird.

Auch die Grüne Bürgerliste Brixen stößt sich an diesem Herz-Jesu-Feuer.

Ihre Reaktion: Sie hat eine Anfrage eingereicht mit der Frage: Wie reagiert die Gemeinde auf das „Danke 1961“?

„Ein zweideutiges Signal, das wohl als Ausdruck der Würdigung der Attentäter zu werten ist“, so die Bürgerliste. Ein schlichtes „Danke“ in feurigen Lettern sei ein plattes und einseitiges Signal der Rechtfertigung politischer Gewalt, „das dem Zusammenleben der Sprachgruppen einen Bärendienst erweist.“

Der Kommandant der Schützenkompanie Peter Mayr hat die Entzündung der symbolischen Feuerzeichen gerechtfertigt, nachdem sich Politiker und Mitbürger der italienischen Sprachgruppe über diese Botschaft befremdet gezeigt hatten.

Die Bürgerliste kritisiert: „Die Amtskirche hat zur Politisierung des Herz-Jesu-Gedenkens geschwiegen und wie meist in solchen Fällen ein mahnendes ‚Hirtenwort’ vermissenlassen.“ Nur Paul Renner habe in einem Kommentar angemerkt: „Die Voraussetzung für Vergebung ist immer die Ablehnung von Gewalt.“

Die Bürgerliste nimmt auch die Gemeindeverwaltung in die Pflicht. Die Oppositionsvertreter sind der Meinung: Seitens der Gemeinde wäre ein klares Signal der Distanzierung von politischer Gewalt zu erwarten gewesen. In der Anfrage wollen die Oppositionsvertreter nun wissen, ob der Stadtrat und der Bürgermeister der Schützenkompanie ihr Missfallen über die Dankesbotschaft und ihre Distanzierung gebührend zum Ausdruck bringen werden.

Bova verlangt indes, dass alle Parteien – auch auf Landesebene – und vor allem auch die Kirche ein klares Signal entsenden sollten.

Die Stellungnahmen der Grünen Bürgerliste und von Antonio Bova haben nun wiederum Stefan Unterberger,
 Gemeinderat der Süd-Tiroler Freiheit in Brixen, auf den Plan gerufen. In einer Aussendung schreibt er: „Grüne Bürgerliste Brixen Seite an Seite mit Fratelli d’Italia.“ Er kommentiert: „Ethnischen Frieden schafft man nicht, indem man die Ausübung einer bestimmten Tradition einschränkt. Ohne die Verdienste der Freiheitskämpfer würden wir heute nicht die Rechte in Südtirol haben, die wir aufgrund der erkämpften Autonomie genießen. Deshalb wird von unserer Seite auch im Brixner Gemeinderat mit aller Kraft dagegengehalten, um den Erhalt unserer Tiroler Traditionen, Werte und Schutzrechte als deutschsprachige Minderheit zu wahren. Man darf gespannt sein, ob die Brixner Mehrheit dieser falschen Toleranz nachgibt.“

Die Reaktion der Grünen Bürgerliste: Sie zeigt sich verwundert über die oberflächliche Interpretation ihrer Anfrage seitens des Kollegen Stefan Unterberger und die „platte Gleichstellung mit den Positionen der italienischen Rechten. Der Versuch, die Grüne Bürgerliste, die seit jeher für die ethnische Entspannung und das friedliche Zusammenleben einsteht, auf eine so unseriöse Art und Weise in die ethnische Schlammschlacht der Rechten zu ziehen, diskreditiert schlussendlich nur den Autor selbst. Hätte Kollege Unterberger sich die Zeit genommen, die Anfrage genauer durchzulesen, dann hätte er unschwer die Ziele und Forderungen der GBL an die Stadtverwaltung erkannt: die kompromisslose Ablehnung von Gewaltverherrlichung und das unabdingbare Einstehen für ein friedliches Zusammenleben“, kontert Gemeinderat Markus Frei.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (15)

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  • andreas

    So lange Italien faschistische Denkmäler und Bozner Gemeinderäte mit dem ’saluto romano“ in der Öffentlichkeit akzeptiert, sollten sie auch bei den anderen nicht so zimperlich sein.

    Wo ist nebenbei Bessone oder di fratelli d’Italia, wenn italienische Fußballfans mit erhobenen Arm und „crucchi di merda“ durch Bozen laufen?

    • enfo

      Sie sollten mal nach Natz fahren, dort werden bei Fußballspielen auch die Arme erhoben zum Gruße. Nur spielt dort nicht die Tricolore sondern Deutschland. Und mit italienerfeindlichen Parolen wird dort auch nicht gespart.

  • robby

    Antonio Bova von den faschistischen Fratelli darf ruhig auch an die unschuldigen Opfer durch die faschistische Gewalt in Südtirol erinnern. Das waren nämlich weit mehr.

  • george

    Schüren, schüren und nochmal schüren, das ist eure Art hier, vor allem gegen jene, die friedlich zusammen leben wollen, anstatt die Dinge objektiv zu betrachten und darzustellen.

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