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Antersasc-Alm mit Zufahrt

Die umstrittene Zufahrt auf die Antersasc-Alm kann nach einem Urteil des Staatsrates nun doch gebaut werden. Die Hintergründe.

von Thomas Vikoler

Im August 2010 fand auf dem Würzjoch eine Beerdigung statt. Ein grüner Plüschtier-Frosch wurde in einem Sarg getragen, dahinter ein längerer Trauerzug. Kein Mensch war gestorben, die Beerdigung galt – symbolisch, natürlich – der Antersasc-Alm in der Gemeinde St. Martin in Thurn, auf die eine Zufahrtsstraße hätte gebaut werden sollen.

Eine Zufahrtsstraße, die mehrere Jahre lang Anlass für eine politische Debatte über die Erschließung von Almen in Schutzgebieten war, die Landesregierung und das Bozner Verwaltungsgericht beschäftigte.

Letzteres entschied im Jänner 2015 nach einem Rekurs des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutzes: Die Annahme einer Aufsichtsbeschwerde von Johann Mair, dem Eigentümer der Antersasc-Alm, durch die Landesregierung (Beschluss Nr. 2022 vom 27. Dezember 2013) war rechtswidrig. Wegen fehlender Begründung.

Gestern, nach einem fünfeinhalbjährigen Berufungsverfahren, folgte das Urteil der VI. Sektion des Staatsrates: Beschluss Nr. 2022 ist demnach, ebenso wie die Baukonzessionen der zuständigen Gemeinde St. Martin in Thurn vom 18. April 2014 zum zweiten Erschließungsprojekt, rechtskonform.

Der Rekurs von Almbesitzer Mair gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde vollumfänglich angenommen. Die geplante Zufahrt, der Traktorweg Antersasc II, der sich den Almgebäuden bis auf rund 350 Meter nähert, kann also gebaut werden.

Die Antersasc-Alm befindet sich auf 2.090 Metern Meereshöhe im Naturpark Puez-Geisler. Bis dahin mit Schafen bewirtschaftet, sollten die Alm-Gebäude umgebaut werden, um das Halten von Kälbern zu ermöglichen.

Die Abteilung für Raum und Landschaft erteilte zum Projekt ein negatives Gutachten, ebenso der externe Experte im Auftrag der Landschaftsschutzkommission, der Brunecker Fachmann Alessandro Melchiori.

Die Landesregierung genehmigte das zweite Erschließungsprojekt mit Auflagen: Die 850 Meter lange Zufahrt sollte auf dem bestehenden Gehweg realisiert werden und höchstens 2,5 Kilometer breit sein. Kunstbauten waren allein erlaubt, wenn diese unabdingbar waren.

Laut dem Verwaltungsgericht hätte die Annahme der Aufsichtsbeschwerde Mairs besser begründet werden müssen, auch was die Erklärung eines öffentlichen Interesses betrifft.

Der Staatsrat (Urteilsverfasser: Bernhard Lageder) kommt nun zu einem gänzlich umgekehrten Schluss: Die Landesregierung habe sehr wohl erklärt, warum die Alm besser erschlossen werden sollte. Etwa mit einer Expertise eines Fachmannes für Berglandwirtschaft, der eine Bewirtschaftung der Alm mit Kühen für ökologisch vorteilhafter erklärt hatte. Außerdem seien ökologische und wirtschaftliche Aspekte der Erschließung untereinander abgewogen worden. „Es gibt einzelne negative Aspekte durch den Bau der Straße, es überwiegen aber die Vorteile für eine natürliche Bewirtschaftung der Alm auch für die Senner“, hieß es im Beschluss der Landesregierung unter Vorsitz von Luis Durnwalder (es war eine seiner letzten Sitzungen als Landeshauptmann).

Im Urteil des Staatsrates wird die Begründung sogar als „logisch, stimmig, zielgerichtet und artikuliert“ bezeichnet.

Dem schickt Urteilsverfasser Lageder eine bemerkenswerte, mehrseitige Abhandlung zu den in Deutsch zitierten Begriffen „Urlandschaft“ und „Kulturlandschaft“  voraus. Verwiesen wird dort u.a. auf ein Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahre 2007, wonach Landschaft als „ein Ausdruck der Identität eines Gebiets“ bezeichnet wird, die durch das Zusammenspiel von natürlichen und menschlichen Faktoren bestimmt wird. Bewahrt werden soll demnach nicht eine Urlandschaft, sondern eine typische Kulturlandschaft. Und dazu gehörten auch Almen, die speziell in den Dolomiten seit Jahrhunderten bewirtschaftet würden. „Es geht nicht um statisches Konservieren, sondern um eine dynamische und aktive Aufwertung , welche die Lebendigkeit des Gebiets sicherstellen“, heißt es wörtlich in der Urteilsbegründung des Staatsrates.

Und zu dieser „Dynamik der Aufwertung“ gehört demnach eine Zufahrtsstraße zur Alm. Denn, so heißt es weiter im Urteil, „würde man nichts unternehmen, bestünde das Risiko eines Zerfalls der traditionellen Infrastrukturen, das bis zu ihrer Auflassung ihrer Bewirtschaftung reichen könnte.“ Mit einer entsprechenden Abwertung der Kulturlandschaft.

Der Sachverständige Alessandro Melchiori hatte wiederum umgekehrt argumentiert: Der Almeigentümer könne von der Einzigartigkeit der Antersasc-Alm, die das Fehlen einer Traktorzufahrt bedeute, letztlich wirtschaftlich profitieren.

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Kommentare (20)

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  • erich

    Glaube der Almbesitzer Mair wäre schon mit einer Wegbreite von 2,5m zufrieden, müssten nicht 2,5km sein. Aber der Schreiber diese Artikel war geistig wahrscheinlich schon im Urlaub. Jedenfalls Gratulation dem Almbesitzer, hoffentlich werden die vielen entstandenen Kosten Herrn DISSINGER angerechnet. Außer Schwierigkeiten und sinnlose Prozesskosten hat dieser Giftzwerg noch nichts produziert.

    • george

      Der Giftzwerg ist hier wohl ‚erich‘, der nicht nur eidseitig abwertig, sondern ungbegründet gegen jemand giftet, der einem Dachverband vorsteht, welcher schon seit Jahrzehnten versucht zum Vorteil unserer schönen Heimat zu arbeiten.

  • treter

    Die zuständigen Landesämter müssen jetzt nach der Genehmigung der Zufahrt auf jeden Fall zwei Auflagen stellen:
    1. es darf auf der Alm KEINE GÜLLE !! ausgebracht werden.
    2. die bestehende Kubatur darf nicht erhöht werden!

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