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Die Nöte der Parteien


Die Landtagsfraktionen wollten eine eigene Südtiroler Parteienfinanzierung einführen, mussten den Plan aber aufgrund der Pandemie verwerfen. Wie Paul Köllensperger, Brigitte Foppa und Co. ihre Parteien finanziell über Wasser halten.

Von Matthias Kofler

Franz Locher redet nicht lange um den heißen Brei herum: „In der jetzigen Krisensituation kann man ein solches Vorhaben der Bevölkerung schlichtweg nicht vermitteln“, erklärt der Sarner SVP-Abgeordnete.
Vor anderthalb Jahren, also wenige Monate vor Ausbruch der Corona-Pandemie, war Locher von den Fraktionen im Landtag beauftragt worden, ein Gesetz zur Einführung einer Südtiroler Parteienfinanzierung nach österreichischem Modell zu erarbeiten.

Laut den staatlichen Bestimmungen kommen derzeit nur die SVP, der PD, die Lega und die 5 Sterne in den Genuss der Wahlkampfkostenrückerstattung. Alle anderen Südtiroler Parteien sind vom Geldhahn abgeschnitten, da sie keinen Vertreter im römischen Parlament oder im EU-Parlament stellen. Zudem können die BürgerInnen über ihre Steuererklärung nur jenen Parteien 0,2 Promille des Steuerbetrags widmen, die an den italienischen Parlamentswahlen teilgenommen haben. Auch hier fallen fast alle Südtiroler Parteien durch den Rost.

Der Hintergrund: In einem Referendum haben sich die Italiener 1993 mehrheitlich gegen eine Parteienfinanzierung ausgesprochen. Stattdessen wurde die Rückerstattung der Wahlkampfkosten für jene Parteien eingeführt, die den Sprung ins Parlament schaffen. Seit 2014 wird auch diese indirekte Form der Parteienfinanzierung schrittweise abgeschafft. Demnach kommen Parteien nur mehr über Spenden zu Geldmittel (maximal 100.000 Euro pro Jahr und Person). Parteien mit mindestens einem Vertreter im Parlament haben darüber hinaus Anspruch auf die zwei Promille auf der Steuererklärung.
Das Problem: Auch die Parteispenden werden von Rom sukzessive eingeschränkt. Parteien dürfen beispielsweise kein Geld mehr von Minderjährigen oder von ausländischen Spendern annehmen. Auch große Parteien wie die SVP tun sich immer schwerer, die Parteistrukturen und Mitarbeiter zu bezahlen. Die deutschsprachige Opposition hat fast gar keine Möglichkeiten mehr, die Parteikassen zu füllen.

Das gemeinsame Ziel von fast allen Fraktionen des Hohen Hauses war es, mittels eines Landesgesetzes die rechtlichen Voraussetzungen für eine lokale Parteienfinanzierung auszuarbeiten. Und für diesen in Rom zu kämpfen.
Locher sammelte einige Vorschläge: So könnte man jenen Betrag, den die Bürger bei der 2-Promille-Regelung nicht einer bestimmten Partei zuweisen, für die Parteienfinanzierung hernehmen. Oder aber das Land schafft ein eigenes Kapitel im Haushalt. Doch dann kam die Corona-Pandemie dazwischen – und das Vorhaben musste auf Eis gelegt werden.

Daher liegt es vorerst weiterhin an den gewählten Mandataren, ihre Parteien finanziell über Wasser zu halten. Die fünf Abgeordneten des Teams K beispielsweise geben monatlich 600 Euro ihres Gehalts ab. „Wenn die Partei mehr Geld braucht, gleichen wir den fehlenden Betrag durch zusätzliche Spenden ab“, erklärt Paul Köllensperger. Mit den Parteiabgaben könne das Team K „gerade einmal so überleben“, betont der Parteichef. Die Ausgaben, etwa für das Büro, hielten sich in Grenzen, das Personal und die Funktionäre arbeiteten komplett ehrenamtlich. Auch das Budget für die Wahlkämpfe beschränke sich auf ein paar Tausend Euro. „Die öffentliche Parteienfinanzierung wird in Italien sehr negativ betrachtet, weil Parteien mit dem Geld in der Vergangenheit zum Teil Schindluder getrieben haben“, bemerkt Köllensperger. Dennoch halte er eine geregelte Parteienfinanzierung für demokratisch sinnvoller, da die Parteien ansonsten Gefahr liefen, sich von privaten Sponsoren abhängig zu machen. Die Ausläufer dieses Phänomens habe man an den Aussagen von HC Strache im „Ibiza-Skandal“ gesehen. Auch seien große Regierungsparteien wie die SVP mit der aktuellen Regelung im Vorteil, weil sie auf die Beiträge von finanzstarken Unternehmen wie Falkensteiner oder Gostner zählen könnten. „Wir müssen uns die Frage stellen, wie viel uns die Demokratie wert ist“, meint der Oppositionsführer im Landtag.

Trotz der Unterstützung durch edle Spender müssen auch in der SVP alle Mandatare ihren Obolus leisten. „Die Mandatarinnen und Mandatare haben gemäß SVP-Statut die Pflicht, einen Teil ihrer Entschädigung an die Partei abzutreten, um somit bei der Finanzierung der Partei mitzuhelfen“, erklärt Landessekretär Stefan Premstaller. Diese Pflicht gelte sowohl für die Gemeinde-, als auch für die Landes-, Staats- und Europaebene. Diese Beiträge stellen bei der Finanzierung der Partei neben den Mitgliedsbeiträgen sowie den 2 Promillezahlungen laut Premstaller „eine große Säule“ dar. Im Jahr 2020 hat Sanitätslandesrat Thomas Widmann mit 26.000 Euro den größten Betrag an das Edelweiß abgetreten. Im Schnitt überweist ein SVP-Abgeordneter 600 Euro monatlich ans Parteikonto.

Tiefer in die Tasche muss Freiheitlichen-Obmann Andreas Leiter Reber greifen. Seine Parteiabgaben belaufen sich monatlich auf 2.820 Euro. Fraktionskollegin Ulli Mair gibt „nur“ 1.500 Euro ab, weil sie keine Fraktionssprecherzulage bezieht. Leiter Reber bleibt nur die Hälfte seines Nettogehalts übrig, wobei er auch mit diesem Geld Parteiausgaben deckt. Wenn die Parteijugend ein Pizzaessen organisiert, ist es meistens der Obmann, der die Kosten übernimmt. Auch Spenden für Maturabälle und Kuhglocken zahlt Leiter Reber aus der eigenen Tasche.

Auf 2.000 Euro belaufen sich die Parteiabgaben bei der Süd-Tiroler Freiheit und den Grünen. „Wir geben bis zu 40 Prozent des Nettogehalts ab, bei mir sind das 24.000 Euro pro Jahr“, erklärt Brigitte Foppa. Leider seien diese Spenden nicht steuerlich absetzbar, weil kein Vertreter mit dem Grünen Listenzeichen im Parlament sitze. „Die Partei ist total abhängig von diesen Abgaben von und drei Landtagsabgeordnete und von der monatlichen Spende unserer Bozner Stadträtin. Es gibt sonst ja keinerlei Förderung für Parteien in Italien. Auch die 2-Promille-Regelung gilt nur für Parteien, die mit ihrem Symbol im Parlament vertreten sind“, betont die Grüne. Außer den Abgaben gebe es nur die Mitgliedsbeiträge und ein paar Spenden von Einzelpersonen. Mit dem Geld müsse man die Miete des Landesbüros, das Gehalt für die Büroleiterin, Kampagnen, Veranstaltungen und Wahlkämpfe finanzieren.

Doch auch die großen italienischen Parteien, die im Parlament vertreten sind, kommen nicht ganz ohne die Abgaben ihrer Mandatare aus. Die Lega-Abgeordneten geben laut Landesrat Massimo Bessone 15 bis 20 Prozent ihres Monatsgehalts ab. Diego Nicolini von der Fünf-Sterne-Bewegung spendet 300 Euro im Monat an die Plattform Rousseau. Hinzu kommen ungefähr 800 Euro, die er auf das Konto seiner Bewegung überweist. Der genaue Betrag ergibt sich aus Nicolinis Nettogehalt (laut Statut ist dieses auf 3.250 Euro beschränkt) und dem ihm eigentlich zuständigen Abgeordneten-Gehalt, wobei die persönlichen Ausgaben zur Verrichtung der Abgeordneten-Tätigkeit abgezogen werden. „Wir müssen aber jede persönliche Ausgabe mit Kassenbon belegen“, betont Nicolini.

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