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Die Schwergeburt


Drei Wahlgänge, technische Pannen, Tricolore-Streit und ein schweigender Assessor: Die Neubesetzung der Regionalregierung entwickelt sich zu einer Nervenschlacht.

Von Matthias Kofler

Um 16:39 Uhr gab Regionalratspräsident Roberto Paccher das Abstimmungsergebnis des dritten Wahlgangs bekannt: 39 Abgeordnete stimmten für Lorenzo Ossanna als neuen Regionalassessor, 20 für seinen Gegenkandidaten Alex Marini von der 5-Sterne-Bewegung, sieben enthielten sich. Zuvor war die Sitzung mehrmals unterbrochen worden, weil das System „Concilium“, mit dem die Mandatare die Debatte von Zuhause oder vom Büro aus mitverfolgten, versagt hatte.

Es war ein Mittwoch der Pannen. Im ersten und zweiten Wahlgang hatte der PATT-Abgeordnete Ossanna mit 33 bzw. 34 Stimmen jeweils die notwendige absolute Mehrheit von 37 Stimmen verpasst. Im dritten Wahlgang reichte dann die relative Mehrheit.

Die Neubesetzung des Regierungspostens war notwendig geworden, nachdem der bisherige, für die Gemeinden zuständige Assessor Claudio Cia zur Rechtsaußenpartei Fratelli d’Italia gewechselt und daraufhin von seinem Amt zurückgetreten war. Fugatti schlug als Cia-Ersatz – etwas überraschend – Lorenzo Ossanna von der SVP-Schwesterpartei PATT vor, die allerdings nicht dem Trentiner Mitte-Rechts-Bündnis angehört. Fugatti argumentierte damit, dass der PATT sich im Regionalrat, anders als im Trentiner Landtag, bereits zu Beginn der Legislaturperiode zur Mehrheit bekannt habe.

Zu Beginn der Debatte wies Cias neuer Fraktionskollege Alessandro Urzì darauf hin, dass heute der 160. Jahrestag der Einheit Italiens gefeiert werde. Er vermisste die Trikolore im Sitzungssaal, wie es in anderen Regionalräten Italiens Gepflogenheit sei.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erwiderte in seiner Wortmeldung, dass es Parteien gebe, von denen man weder Treue noch Loyalität zum Staat verlangen könne. Er habe einen Misstrauensantrag gegen die Regionalregierung unterstützt, weil man durch den Parteiwechsel Cias plötzlich eine „postfaschistische Partei“ in der Regionalregierung hatte. Im Autonomiekonvent sei die Abschaffung der Region gefordert worden, aber dieses Anliegen sei bisher nicht erhört worden. Knoll plädierte für eine weitere Übertragung von Kompetenzen an die beiden Provinzen, denn die Region habe „keinen Sinn mehr“.

Der ehemalige Lega-Abgeordnete Carlo Vettori, der im Regionalrat in der PATT-Fraktion sitzt, betonte: „Seine“ Partei habe ihren Beitritt zur Mehrheit in der Region von Anfang an als Unterstützung für die SVP gesehen, nicht aber als Unterstützung für die Trentiner Mehrheit.

Riccardo Dello Sbarba von den Grünen forderte, dass die Mehrheit zur Umbesetzung Stellung nehmen sollte. Der PATT sei schon einmal besser aufgestellt gewesen, etwa unter der Führung Ugo Rossis (der Trentiner Ex-LH war vor kurzem aus dem PATT ausgetreten), mit einem Verhältnis zur SVP „auf Augenhöhe“. Heute hingegen gehe es nur um einen Posten, um einen Dank für die politische Treue, giftete Dello Sbarba. Fraktionskollegin Brigitte Foppa sprach von einem „Deja vu“: „Schon in der vergangenen Legislatur mussten wir über Ossanna abstimmen. Damals ging es um seine Wahl zum Vizepräsidenten des Regionalrats. Heute wie damals hat sich besagter Politiker kein einziges Mal zu Wort gemeldet“, kritisierte Foppa das Verhalten des Assessors in Spe.

Vorgänger Cia wünschte Ossanna gute Arbeit, wenn auch wenig zu tun sei in dieser „ausgehöhlten Region“, dank SVP und PATT. Fugatti sollte nicht vergessen, dass die Lega nur dank dem Zusammenhalt der Trentiner Koalition in der Regionalregierung sei. Nach Jahren der Zusammenarbeit sei es nicht akzeptabel, von der Nominierung Ossannas aus der Zeitung zu erfahren. Die Neubesetzung gehe nicht auf das Abkommen zwischen PATT, SVP und Mitte-Rechts zurück, sondern auf einen Pakt PATT-SVP-Lega. Damit werde die Loyalität von Fratelli d’Italia missbraucht. Er hoffe, Ossanna könne zur Aufwertung der Region beitragen, aber der PATT habe mitgeholfen, die Region auszuhöhlen.

PATT-Fraktionssprecher Michele Dallapiccola sagte, er hätte sich von Fugatti eine Begründung für den Ossanna-Vorschlag gewünscht. Der PATT habe Ossanna ein blockfreies Mandat erteilt, was einen Beitritt zur Trentiner Mehrheit ausschließe.

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