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„Irrsinniges Gesetz“

Das neue Gesetz zu den Kindersitzen mit Alarmgeräten hat in Südtirol für Ärger gesorgt. Nun haben drei Eppanerinnen die Petition „Stop AntiAbbandono“ gegen das umstrittene Gesetz gestartet. 

von Lisi Lang

Die neue Alarmpflicht für Kindersitze hat in Italien aber auch in Südtirol in den letzten Monaten für viel Wirbel gesorgt. Das Gesetz sieht nämlich vor, dass alle Kindersitze bis zum 4. Lebensjahr seit Anfang November mit einem Alarmsystem nachgerüstet werden müssen. „Diese Neuerung hat bei betroffenen Eltern für viel Ärger und Unmut gesorgt“, weiß Manuela Stuefer, Mutter aus Eppan.

Aber nicht nur das neue Gesetz an sich, sondern auch das Hin und Her um die Strafen für das nichtmitführen der Alarmgeräte sorgte für mächtig Stunk. Denn nachdem erst eine Übergangsfrist bis März versprochen wurde, hat das Ministerium in Rom in einer Nacht- und Nebelaktion die Strafen früher eingeführt. Für die Eltern ein großes Problem, weil viele praktisch über Nacht mit einer Strafe rechnen mussten, da sie die Kindersitze noch nicht nachgerüstet hatten. Mittlerweile wurde im Steuerdekret zwar festgeschrieben, dass die Strafen doch erst ab dem 6. März verhängt werden, trotzdem sorgt das Thema Alarmpflicht für Kindersitze nach wie vor für Diskussionen. „Es gibt einfach keine klaren Angaben, dieses Gesetz hat einfach weder Kopf noch Fuß“, schüttelt Manuela Stuefer den Kopf.

Drei Eppanerinnen wollten aber nicht nur jammern und schimpfen und haben deswegen kurzerhand eine Petition gestartet, die an das Innenministerium sowie das Ministerium für Infrastruktur und Verkehr gerichtet ist. „Wir wollen 62.000 Unterschriften sammeln, damit dieses Gesetz abgeändert wird“, erklären die drei Eppanerinnen. „Dieses Gesetz wird die Zahl der toten Babys in Fahrzeugen leider nicht verringern, es schützt die Kinder nicht vor der Gefahr, die durch mangelnde Sorgfaltspflicht der Eltern entsteht“, sind sich Manuela Stuefer, Monika Bernard und Petra Scherlin einig.

Ihre Botschaft ist klar: Kein Kind sollte im Auto sterben. „Aber es ist Irrsinn zu glauben, dass es bei diesem Gesetz um acht tote Babys in 20 Jahren geht, wenn man bedenkt, dass in Italien im selben Zeitraum über 11 Mio. Babys geboren wurden! Das heißt es zirkulierten im Schnitt jährlich 2.226.441 Kinder zwischen 0-4 Jahren auf den Straßen Italiens“, rechnen die drei Eppanerinnen vor. Eine gesamte Generation auf Sensoren zu setzen ohne die möglichen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu kennen, sei einfach nur unverantwortlich.

Die Initiatorinnen der Petition unterstreichen, dass jedes vergessene Baby, welches im Auto verstorben ist, eines zu viel ist, aber dieses Gesetz bekämpfe nicht die Ursache des Problems. „Leider werden auch in Zukunft Kinder im Fahrzeug vergessen werden, denn die Familienpolitik in Italien und die Umstände, in welche Familien gebracht werden, verschlimmern die Situation zusehends“, schreiben die Eppanerinnen in ihrer Petition. „Wir haben uns die acht Fälle genauer angesehen und man muss einfach dazusagen, dass diese tragischen Fälle auf ein Versagen der Familienpolitik zurückzuführen sind: Die Eltern sind gestresst, haben keine Zeit mehr und die nötige Unterstützung fehlt – ein Alarm im Kindersitz wird an diesen Faktoren nichts ändern“, unterstreicht Manuela Stuefer.

Mehr als 4.000 Personen haben die Petition „Stop AntiAbbandono“ auf der Plattform „openPetition“ bereits unterzeichnet, jetzt wollen die Mütter ihre Petition auch in Italien bewerben. Die drei Eppanerinnen finden nämlich, dass die Einführung eines Sicherheitssystems bei der Autoindustrie eingefordert werden muss, und das Gesetz daher dahingehend abgeändert werden müsse. Nicht die Eltern der betroffenen Kinder sollten für die Umsetzung dieser Maßnahme verantwortlich sein. „Die Autoindustrie muss diese Sicherheitssysteme künftig serienmäßig in ihr Programm aufnehmen, wie es bei Sicherheitsfragen bereits in der Vergangenheit passiert ist, z.B. bei der Einführung von Airbags oder Sicherheitsgurten“, erläutert die Eppaner Mutter.

Zudem sollte man an den Ursachen arbeiten, finden Manuela Stuefer und ihre Kolleginnen: „Wir brauchen eine engagierte Familienpolitik, die Eltern auf ihre Aufgabe vorbereitet und sie in Krisensituationen unterstützt. Das vorliegende Gesetz ist ein Zeichen der Hilflosigkeit und der Inkompetenz der zuständigen Politiker.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (12)

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  • andreas

    Nichts gegen die Initiative, doch die Politik für den Tod der 8 Kinder verantwortlich zu machen, ist schon etwas daneben. Scheint aber heutzutage Mode zu sein, immer jemanden anders die Schuld zu geben.

    Auch die Forderung an die Autoindustrie ist kontraproduktiv, da deren Preise als Optional üblicherweise höher sind als die externer Hersteller und wenn es in der Grundausstattung drin sein muss, dies auch jene bezahlen, welche es nicht benötigen.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind vergessen wird, ist so ca. bei 1:100 Millionen.
    Auch ist es sinnvoller im Kindersitz, da dieser dann auch in Autos verwendet werden kann, welche nicht damit ausgerüstet sind.
    Sonst müssten sich z.B. die Großeltern, wenn sie ein neues Auto kaufen, das Optional auf Verdacht mit bestellen, um die noch nicht geborenen hypothetischen Enkel ev. transportieren zu können.

    Zu Ende gedacht ist die Initiative zwar nicht, das ist das Gesetz aber auch nicht wirklich. 🙂

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